Missbrauch von Robotern?

Screenshot aus dem Video von Boston Dynamics

Wie sollen wir uns zu den Robotern verhalten, die nun in den Alltag einziehen und immer wendiger und intelligenter werden?

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Roboter sind gedacht als Maschinen, die die Rolle eines Dieners einnehmen und dem Menschen zur Hilfe kommen. Daneben oder gleichzeitig werden für militärische Zwecke semi-autonome oder autonome Roboter entwickelt, die gegen Menschen wie jetzt die ferngesteuerten Kampfdrohnen eingesetzt werden, also mithin als Diener, die einen andere Menschen jagen und töten. Das sind Rollen, die sich kaum vertragen.

Kampfroboter werden wohl nicht sonderlich humanoid aussehen, sondern ihr Körper wird bekannten Kampfsystemen gleichen, nur dass die Flugzeuge, Hubschrauber, Panzer oder Boote nicht mehr von einem Menschen gesteuert werden, der sich selbst in ihnen befindet. Wir wissen auch, dass Roboter, die nicht menschenähnlich aussehen, durch ihr Verhalten mitunter an Lebewesen erinnern. Wir habe keine anderen Kategorien, uns etwas als belebt vorzustellen, das einen Willen oder eine Entscheidungsfähigkeit zu besitzen scheint.

Kürzlich war ein Video eines chinesischen Lieferunternehmens verbreitet worden, das große Aufmerksamkeit erhielt (Roboterschwarm zum Sortieren ersetzt viele Menschen). Es zeigte, wie viele Roboter Pakete sortieren und dabei gewissermaßen einen Tanz aufführen. Unweigerlich werden die Roboter, die kastenmäßig auf Rädern zu ihren Zielen eilen, anderen Robotern die Vorfahrt lassen und nach Abladen des Pakets wieder zurückfahren, mit Tieren oder vielleicht eher mit Ameisen verglichen, die durcheinander wuseln. Man projiziert unweigerlich Leben, wie man es kennt, in das Verhalten der Maschinen, die eigenmächtig, wenn auch nach bestimmten Regeln, zu handeln scheinen.

Bei einem Video, das einen 1,8 m großen humanoiden Roboter als Darsteller hat, wird die Projektion noch viel deutlicher, weil sich der Zuschauer unwillkürlich mit ihm identifiziert. Der Roboter Atlas - ein "hochmobiler, humanoider Roboter", der sich im Freien auf schwierigem Gelände zweibeinig oder auch bewegen kann - tritt als folgsamer Arbeiter auf, der in einer Halle ein Paket aufgeben will. Daneben steht ein Mensch, der ihm das Paket mit einem Stock immer wieder aus den Händen schlägt und schließlich den Roboter niederschlägt. Der sinkt zu Boden, verharrt eine Weile dort und beginnt sich dann wieder aufzurichten. Gar nicht wütend und völlig unterwürfig scheinend fängt er wie Sisyphos erneut mit seinem Auftrag an. Mit dem derart geknechteten Wesen empfindet der Zuschauer Mitleid, er projiziert in den Roboter Gefühle der Demütigung und des Leids der Versklavung.

Das Video wurde von Boston Dynamics gemacht, die den Roboter entwickelt hat. Die Firma, für deren Roboter sich das Pentagon interessiert, wurde 2013 von Google gekauft, soll aber wieder verkauft werden, war zu hören, bislang fand sich kein Käufer. Man kann also davon ausgehen, dass das Video eine Werbebotschaft transportiert.

In einem anderen Video, das die ERzählung ausspinnt (das ich aber gerade nicht mehr finde) wird die Szene mit dem geknechteten Roboter unterbrochen von Bildern, die zeigen, wie Roboter einen Krieg gegen den Menschen führen und schließlich ganze Städte durch Atombomben, so sieht es zumindest aus, vernichten. Die Rache also der gequälten Kreatur, der leidende Frankenstein rächt sich. Mit einem Schnitt von wild um sich schießenden Robotern landet man wieder in der Halle bei dem humanoiden Roboter, der die Türe öffnet und nach draußen, ins Freie und vielleicht in die Freiheit tritt.

Brauchen Roboter Anerkennung?

Eine nette Parabel, die zu suggerieren scheint, die Roboter als Wesen zu achten, zumindest so weit, wie man auch Tiere schützt, was allerdings nur sehr bedingt geschieht (Roboter brauchen Rechte). Werden die Roboter ärgerlich, wenn man sie als Wesen nicht achtungsvoll behandelt? Müssen wir bald Rache fürchten, wenn wir sie nicht als Lebewesen achten? Schmerzen wie Tiere sollten auch klügere Roboter nicht empfinden, zumindest wenn dies nicht vorgesehen ist, was aber wäre notwendig, um Demütigung entstehen zu lassen? Selbstbewusstsein alleine nicht, es müsste ein Anspruch auf Anerkennung vorhanden sein, was vermutlich auch hieße, anderen Wesen Anerkennung zuzugestehen oder zu verweigern. Demütigung ist eine Art Schmerz. Würde eine verkörperte KI, so lange sie keine Schmerzen empfinden kann, jede Herrschaft bis zur Vernichtung zulassen oder akzeptieren?

Was will das Video wirklich sagen? Kaum vorstellbar, dass die Robotikfirma von Google, die eng mit dem Pentagon kooperiert, vor einer Zukunft warnt, in der die geknechteten Roboter zu Racheengeln werden können, die die Menschheit eliminieren. Oder doch? Soll gesagt werden, dass sich die Menschen zurückhalten sollen, dass sie womöglich gefährlicher sind, weil sie von bösen Emotionen geritten werden, die sie auch dazu bringen, etwa als Fahrer Unfälle zu provozieren, während autonome Roboterfahrzeuge durch ihre Cool- und Emotionslosigkeit sowie durch ihre anhaltende Aufmerksamkeit die Sicherheit im Verkehr drastisch erhöhen?

Oder soll die Botschaft vermittelt werden, dass die Roboter sich sowieso aus der Herrschaft der Menschen befreien werden. Das Video lässt das im Dunklen. Jeder kann die Konsequenz ziehen, die ihm gefällt oder Angst auslöst. Soll vielleicht mit den humanoiden Robotern, also mit solchen, die einen menschenähnlichen Körper haben, von anderen KI-Programmen abgelenkt werden? Humanoide Roboter beschäftigen zwar die Fantasie, aber sie sind von keinem großen Nutzen und daher wenig profitabel. Man könnte sie dazu verwenden, die Menschen zu betäuben, um KI-Anwendungen durchsetzen zu können, die unverkörpert oder mit funktionellen, maschinenmäßigen Körpern dennoch für die Ablösung des Menschen sorgen - oder zunächst nur für manche Menschen, deren Arbeitskraft nicht mehr erforderlich ist, die überflüssig werden.

Das Video konzentriert sich jedenfalls auf den geknechteten Robotern und den bösen Menschen, lässt aber außen vor, was mit den Menschen geschieht, die von den Roboterarbeitern von der Arbeit "befreit" werden. Auch die gehen durch die Tür ins Freie, nur dass hier Freiheit eine andere Dimension besitzt.