USA: Wachsender Anti-Intellektualismus der Republikaner?

Eine Pew-Studie zeigt, dass sich unter Anhängern der Partei negative Einschätzungen von Colleges und Universitäten verstärken - mit Ausnahme der Unter-30-Jährigen

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Die Unterschiede zwischen den beiden großen politischen Lagern in den USA, den Republikanern und den Demokraten, prägen sich aus, vor allem bei der Einschätzung von Colleges und Universitäten. Aufgefallen ist dies dem auch über die USA hinaus bekannten Pew-Research-Center. Bei dessen Umfrage zur Einschätzung "nationaler Institutionen", durchgeführt von Anfang bis Mitte Juni mit 2.500 Teilnehmern, zeigte sich, dass sich die Sicht im Lager der Republikaner und ihrer Anhänger auf Colleges und Universitäten in einer relativ kurzen Zeit "dramatisch verändert" habe.

Vor nicht ganz zwei Jahren, im September 2015, gaben noch 54 Prozent der Republikaner bzw. ihrer Anhänger oder Sympathisanten eine zustimmende Einschätzung zur Frage ab, ob Colleges und Universitäten eine positive Auswirkung darauf haben, wie es im Land läuft. 37 Prozent sahen eine negative Wirkung.

Der negative Trend

Im Jahr 2016 zeigte sich bereits eine Veränderung. Der Anteil der negativen Bewertungen überwog, wenn er auch mit 45 Prozent fast gleichauf mit den 43 Prozent Andersdenken lang, die der Anschauung waren, dass die höheren Schulen positive Effekte auf den Fortgang der Dinge im Land haben.

Bei der aktuellen Umfrage ist dies ganz anders. Eine deutliche Mehrheit, nämlich 58 Prozent, aus dem Lager der Republikaner ist der Ansicht, dass Colleges und Universitäten eine negative Auswirkung auf die Entwicklung im Land - "on the way things are going in the country" - haben. Nur mehr knapp über einem Drittel sehen bei den Institutionen der höheren Bildung und der Wissenschaft noch positive Effekte.

Der Unterschied zum Lager der Demokraten ist tatsächlich ausgeprägt. Dort gaben 72 Prozent eine positive Sicht der genannten Bildungsinstitutionen wieder, nur etwa jede(r) Fünfte hatte ein negatives Bild. Erwähnt wird dazu, dass sich in diesem Lager kaum Veränderungen gegenüber den Umfragen der letzten Jahre zeigten. Die Einschätzungen waren hier also mehr oder weniger konstant.

"Nun hassen sie die Universitäten"

Der Blogger und Universitätsprofessor Juan Cole, eindeutig nicht aus dem republikanischen Anhängerlager1, macht an der letzten Feststellung seine Erklärung für den Trend bei den Republikanern fest.

Daran, dass sich bei den Einstellungen der Demokraten gegenüber den Colleges und Universitäten kaum etwas verändert habe, die Einstellungen bei den Republikanern aber sehr stark ins Negative gerutscht sind, könne man einen Anti-Intellektualismus ablesen, der sehr viel mit Kampagnen der "Klimawandelskeptiker" zu tun habe. "Nun hassen sie die Universitäten", schreibt Cole und hat auch einen Schuldigen.

Cole zielt vor allem gegen Trump, den er wie viele liberale Publizisten mit großem Einsatz im Visier hat. Der negative Blick auf die Universitäten habe sich durch Trumps Attacken auf wissenschaftliche Erkenntnisse zum Klimawandel noch weiter ausgeprägt, so die Ansicht des Geschichtsprofessors an der Universität von Michigan. In diesen Zusammenhang rückt Cole auch Trumps Angriffe auf Nachrichtenmedien.

Die Einschätzung der Newsmedien und der Bildungsinstitutionen sind aber zumindest in der Studie verschiedene Bereiche. Dazu wäre anzumerken, dass auch die Demokraten mehrheitlich keine positive Sicht auf die Medien haben, sondern eher eine kritische: 46 Prozent schätzten den Effekt der nationalen Newsmedien als negativ ein, 44 Prozent als positiv. Allerdings beobachtet Pew hier eine Zunahme der positiven Einschätzung. Vor einem Jahr waren noch 59 Prozent der Demokraten der Ansicht, dass die nationalen News-Medien negative Auswirkungen hätten. Da war Wahlkampf.

Zu erkennen ist, dass sich Cole bemüht, das Phänomen zu personalisieren. Die Wut oder Abneigung gegen Trump ist groß. Das bedeutet aber nicht, dass Coles Erklärung im Ganzen verzerrt wäre. Der Klimawandel ist einer der großen kontroversen Themen, bei dem wissenschaftliche Beiträge wahrgenommen werden. Dieses Feld wurde von republikanischer Seite mit viel Aufwand und hohem publizistischen Einsatz bearbeitet, der letztlich zu vereinfachten Affirmationen des gegenwärtigen Way of Life führt. Das kann man durchaus als anti-intellektuell bezeichnen. Zumal damit Wissenschaftler auf allen möglichen Ebenen attackiert wurden.

Bekannt ist beispielsweise, dass die Koch-Brüder, die zu den Ölreichen gehören, seit vielen Jahren Millionen in interessengeleitete Forschung steckten, die dem menschenverursachten Klimawandel widerspricht. Es ist also nicht alles an diesem Phänomen monokausal von Trump herzuleiten.

Es ist nicht nur der Klimawandel

Monokausal ist auch, die negative Einschätzung der höheren Bildungsinstitute hauptsächlich mit dem Klimawandel zu erklären. Tatsächlich tauchten Universitäten und Colleges in den letzten Jahren zum einen in der Debatte auf, in der es darum ging, dass sich viele US-Studenten und oder deren Eltern hoch verschulden mussten, um die Ausbildung zu bezahlen.

Sie hatten aber später im Zuge der Finanzkrise Schwierigkeiten, einen Arbeitsplatz zu finden, der gut genug bezahlt war, um die Schulden abzuleisten. Das sprach in der öffentlichen Wahrnehmung nicht unbedingt für die Qualität der Ausbildung, selbst wenn die schwierige Arbeitsmarktlage einbezogen wurde.

Ein anderes Thema aber dürfte sehr viel mehr Einfluss auf die Einschätzung der Colleges und Universitäten haben. In der amerikanischen Medienöffentlichkeit finden sich - von der Ausnahme bei der Vergabe der Nobelpreise abgesehen - kaum Berichte über Leistungen der Naturwissenschaft, die zu Top-Nachrichten werden. Dagegen tauchten der öffentlichen Debatte oft Campus-Themen auf, die zu Diskussionen führten, die mehr mit korrektem Verhalten als mit Wissenschaft zu tun hatten.

Ob es um das richtige Verhalten bei Liebesbeziehungen geht, um Geschlechterrollen oder um den unproduktiven, ausschließenden Umgang mit Kritik, die Schlagzeilen dazu sind leicht so zu pointieren, dass der Gesamteindruck des geistigen Lebens am College oder in den Universitäten für ohnehin Misstrauische ("Alle Universitäten sind links") negativ ausfällt (vgl. dazu auch Konzeptueller Penis als Ursache für den Klimawandel).

Diesen politischen Faden haben nun die Republikaner aufgenommen. Unter allen Gruppierungen im Lager der Republikaner, so die Pew-Studie, überwiegt die negative Einschätzung der Colleges und Universitäten, die sich noch verstärkt hat. Mit einer Ausnahme: die Jungen, bei den 18- bis 29-Jährigen hat die knappe Mehrheit eine positive Einschätzung.