Geschürte Russenhysterie in Washington

Donald Trump Jr, Ivanka Trum und Eric Trump im Juli 2016. Bild: ABC News/CC BY-ND-2.0

Amerikanische Politik wird zum Medienspektakel über angebliches oder verurteilenswertes Fremdgehen

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Das Russlandfieber greift in den USA weiter um sich. Der neueste Fund ist ein Treffen von Donald Trumps ältestem Sohn mit der russischen Anwältin Natalija Wesselnizkaja am 9. Juni 2016 im Trump Tower. Dabei waren auch Trumps Schwiegersohn Jared Kushner, der jetzt als Chefberater im Weißen Haus fungiert, und Trumps Ex-Wahlkampfchef Paul Manafort. Trumps Sohn war interessiert, über die Anwältin an Information aus Russland über Hillary Clinton heranzukommen, die ihr schädlich sein könnten.

Ausgelöst hat die Neugier der britische Klatschjournalist und Publizist Rob Goldstone, der jetzt eine Werbeagentur betreibt und Donald Trump gemailt hatte, die angeblich "russische Regierungsanwältin" habe Informationen von einem mit Putin verbundenen Generalstaatsanwalt. Die Übermittlung einiger "offizieller Dokumente und Informationen" wären ein "Teil der Unterstützung Russlands und seiner Regierung für Mr. Trump". Goldstone betreute den russischen Popstar Emin Agalarov, dessen Vater Aras Agalarov mit Trump den Miss Universe-Wettbewerb 2013 nach Moskau gebracht hatte. Auf Emin wiederum berief sich Goldstone, als er Trumps Sohn kontaktierte, die Hilfe seitens Russlands sei über Emin und Aras zustande gekommen. Der Generalstaatsanwalt habe Aras getroffen und ihm eine Unterstützung von Trump angeboten.

Wie auch immer, bislang gab es nirgendwo große Enthüllungen über das, was die Anwältin zu berichten hatte. Sie selbst sagt, sie arbeite nicht für die russische Regierung, was auch der Kreml-Sprecher bestätigte. Sie war als Anwältin tätig, um gegen das 2012 in Kraft getretene Magnitsky-Gesetz vorzugehen, das vor allem Personen sanktionierte, die mit dem Tod des russischen Anwalts Magnitsky im Gefängnis zu tun hatten. Russland protestierte damals ebenfalls mit Einreiseverboten von Amerikanern, die mit der Legalisierung der Folter in Abu Ghraib und anderswo verbunden und an der Verurteilung des Waffenhändlers Bout beteiligt waren, und verbot, dass russische Kinder von Amerikanern adoptiert werden.

Donald Trump Jr veröffentlichte die mit dem Treffen verbundenen Emails. Die zeigen, dass er interessiert an angeblich offiziellen russischen Informationen war und sich auf diese freute: "I love it." Herausgekommen ist aus dem Treffen nichts, wie selbst zumindest indirekt Trump-kritische Medien wie die NYT oder die Washington Post berichten müssen, es gab also offenbar keine verwertbaren Anti-Clinton-Informationen. Kushner soll das 20-minütige Treffen schon nach 5-10 Minuten verlassen und Manafort sich mit seinem Smartphone beschäftigt haben. Der Junior habe das Treffen gegenüber seinem Vater angeblich gar nicht erwähnt, weil es nicht zu erzählen gegeben habe: "Es waren buchstäblich 20 Minuten vergeudete Zeit." Möglicherweise hat Wesselnizkaja, die keine bekannten direkten Verbindungen zur russischen Regierung hat, die ganze Geschichte mit den Informationen erfunden, um überhaupt mit ihrem eigentlichen Anliegen vorgelassen zu werden.

Die Bemerkung des russischen Außenministers Lawrow, dass in den USA ein Berg aus einem Maulwurfshügel gemacht wird, sofern es einen Maulwurfshügel überhaupt gegeben hat, trifft die Hysterie vor allem in den Medien und im Lager der Demokraten. Was nun wieder wie ein Geheimnisverrat dargestellt wird, ist aber tatsächlich nur eine Kleinigkeit im Vergleich zu dem Verhalten der Demokraten während des Wahlkampfs. Pikanterweise spielte hier auch eine britische Connection eine Rolle, woran nun konservative Medien erinnern.

Das Anti-Trump-Dossier der Demokraten

Bekanntlich hatte der ehemalige britische Geheimdienstagent im Auftrag von Trump-Gegnern 2016 ein Dossier mit Informationen aus angeblich offiziellen russischen Quellen über Trump zusammengestellt. Darin war beispielsweise die Rede von einem Video, das der russische Geheimdienst besitze und auf dem zu sehen sei, wie Trump in einem Hotelzimmer in Moskau, wo zuvor schon die Obamas übernachtet hatten, eine Orgie mit Prostituierten gefeiert habe. Es ging um Verbindungen von Trumps Team zu Russland und die Verwicklung in die Hacks der DNC-Computer. Alles nicht verifiziert und auch nicht verifizierbar.

Das Dossier zirkulierte bereits 2016, wurde aber damals von den Medien nicht aufgegriffen, weil es schlicht wenig glaubhaft klang. Doch nach dem Wahlsieg von Trump wurde es von Buzzfeed vor Amtsantritt von Trump im Januar online gestellt, auch die anderen Medien stürzten sich darüber. Zuvor berichteten die vier damaligen Geheimdienstchefs James Clapper (DNI), James Comey (FBI), John Brennan (CIA) und Mike Rogers (NSA) Obama, Trump und Kongressabgeordneten über das Dossier, weil sie die Inhalte so "explosiv" gefunden hätten, was auch hieß, dass sie es zur Kenntnis nahmen und als wichtig erachteten, wenn sie auch nicht dessen Wahrheit bestätigen wollten. Prompt kamen nach dieser "Heiligsprechung" erste Details in die Medien. Es war offensichtlich ein Coup, um doch noch Trump zu Fall zu bringen, etwa weil er durch russische Informationen erpressbar sei (Wie im Kalten Krieg).

Steele hatte behauptet, seine Informationen aus dem Kreml erhalten zu haben. Diese haben Medien und Politiker wiedergegeben und benutzt, um Trump zu beschädigen. Daraus machen nun konservative Medien den Vorwurf, dass diejenigen, die die angebliche russische Einmischung in die Wahlen verurteilen, gerne aus dem Anti-Trump-Dossier zitierten, dessen Informationen angeblich aus dem Kreml stammen. Es hätte danach eine Unterstützung aus dem Kreml für Clinton gegen Trump gegeben.

Steele hat kürzlich in einem Prozess, in dem er sich wegen des Dossiers mit einer Verleumdungsklage auseinandersetzen muss, erklärt, dass Informationen über das Hacken der Computer der Demokraten nicht verifiziert gewesen seien und dass das ganze Dossier nie hätte veröffentlicht werden dürfen. Im Dezember hatte Steele diese Informationen der britischen Regierung übergeben, weil das Hacken Implikationen für die "nationale Sicherheit Großbritanniens und der USA" habe. Unterstellt wird von der Washington Times, dass die von demokratischen Abgeordneten und dem Clinton-Team geäußerten Vorwürfe, Trumps Team habe Kontakte mit russischen Regierungsmitgliedern, die im Sommer 2016 nach dem Hack der DNC-Server aufkamen, auf dem Dossier basierten.

Die Demokraten und die ukrainische Regierung?

Die Pressesprecherin des Weißen Hauses, Sarah Sanders, wies nun zudem auf eine mögliche Verbindung des Democratic National Committee mit der Ukraine hin: "Wenn man für ein Beispiel einer Kampagne sucht, die sich mit einem ausländischen Land oder einer ausländischen Quelle koordiniert, muss man nur auf das DNC schauen, dass Oppositionsnachforschungen mit der ukrainischen Botschaft koordiniert hat." Man habe mit Mitarbeitern der ukrainischen Botschaft daran gearbeitet, Trump zu diskreditieren.

Politico hatte darauf schon im Januar hingewiesen, was damals aber weitgehend unterging (Ukraine mischte sich in US-Wahlkampf ein). Ukrainische Regierungsmitarbeiter sollen Dokumente überreicht haben, die Trump der Korruption und Manafort, einst ein Berater von Janukowitsch, bezichtigen, sich mit russischen Regierungsvertretern getroffen zu haben. Das habe mitunter dazu geführt, dass Manafort aus dem Wahlkampfteam austrat.

Donald Trump griff das Thema schnell auf, um zurückzuschießen: ".@WashTimes states "Democrats have willfully used Moscow disinformation to influence the presidential election against Donald Trump."

Demokraten weisen jetzt diese Behauptung zurück, dass der DNC oder das Wahlkampfteam mit der ukrainischen Regierung zusammen gegen Trump gearbeitet hätten, räumten aber ein, die DNC-Mitarbeiterin Alexandra Chalupa habe berichtet, dass ukrainische Regierungsmitarbeiter angeboten hätten, für Trump schädliche Informationen weiter zu geben. Trump-kritische Medien versuchen zu erklären, warum das mit den Trump-Kontakten nicht zu vergleichen ist. Immerhin ist die Sache so hochgeschossen, dass Christoper Wray, den Trump als FBI-Direktor nominiert hat, in einer Anhörung sagte, er wolle den Vorwürfen nachgehen.

Allerdings ist "collusion" mit einer ausländischen Regierung nicht einfach illegal, wie Politico berichtet. Es kommt auf die Art der Absprachen an. Aber das große Theater in Washington ist vielleicht ein Medienspektakel über ein Fremdgehen, vor allem überdeckt es die wirklich wichtigen politischen Themen und Diskussionen. Bislang hat auch noch niemand überzeugend nachweisen können, dass Clinton wegen der angeblichen russischen Unterstützung für Trump verloren hat. Trump versucht zu bekräftigen, dass trotz der Russenhysterie alles funktioniert: "The W.H. is functioning perfectly, focused on HealthCare, Tax Cuts/Reform & many other things. I have very little time for watching T.V."