Saudi-Arabien und Katar bewegen sich aufeinander zu

Grafik: TP

Nachdem die Sanktionsallianz ihre 13 Forderungen auf sechs "grundlegende Prinzipien" eingedampft hat, definiert der Emir per Dekret Begriffe wie "Terrorist"

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Der örtlichen Nachrichtenagentur QNA zufolge erließ Tamim bin Hamad al-Thani, der Emir von Katar, gestern ein Dekret, in dem unter anderem die Begriffe "Terrorist", "Terrorakt", "terroristische Vereinigung", "Finanzierung von Terrorismus", "Verbrechen" und "Einfrieren von Mitteln" definiert werden. Wie die Definitionen konkret lauten, ist noch nicht bekannt. In internationalen Medien wird das Dekret trotzdem als Entgegenkommen an Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE), Bahrain und Ägypten gewertet, die am 5. Juni eine Blockade gegen Katar verhängten. Sie werfen dem Emirat vor, den Terrorismus zu fördern (vgl. Katar als Schurkenstaat isoliert).

Kurz vorher hatte der saudische UN-Botschafter Abdullah al-Muallimi verlautbart, die von seinem Königreich angeführte Sanktionsallianz habe sich darauf geeinigt, dass es anstatt der bislang im Raum stehenden 13 mehr oder weniger konkreten Forderungen (vgl. Katar: Widersprüchliche Äußerungen aus der US-Administration) nur noch sechs "grundlegende Prinzipien" gebe, an die Katar sich halten müsse, um die Blockade zu beenden: Die "Verpflichtung zur Bekämpfung von Terrorismus", die "Verpflichtung zur Bekämpfung von Extremismus", den Stopp der "Finanzierung extremistischer Gruppen", ein Ende der Gewährung von "Rückzugsräumen" für solche Gruppen, das Unterlassen von "Provokationen" und ein Ende der "Aufrufe zur Gewalt". "Wenn dafür die Schließung al-Dschasira notwendig ist", so al-Muallimi, dann gut - wenn nicht, dann auch gut."

Die sechs Prinzipien sind dem saudischen UN-Botschafter nach "nicht verhandelbar", sollten jedoch "für Katar leicht zu akzeptieren" sein. Allerdings müsse ihre Einhaltung auch überwacht werden, ein reiches Lippenbekenntnis des Emirats reiche nicht. Über die konkreten "Instrumente" zur Einhaltung und Überwachung der Prinzipien könne man noch sprechen.

"Genug Geld, um jede Art von Schock zu verkraften"

Die Reduktion der Forderungen kommt insofern überraschend, als die Saudi-Allianz nach dem Ablauf eines Ultimatums an Katar erst mit weiteren Sanktionen gedroht hatte, darunter mit der Einführung einer Visumspflicht für Ägypten (vgl. Katar-Krise: Saudi-Koalition droht weitere Sanktionen an). Die katarische Staatsführung hatte daraufhin verlautbart, man habe mit Reserven in Höhe von 340 Milliarden Dollar "genug Geld, um jede Art von Schock zu verkraften".

Diese Summe ergibt sich dem katarischen Zentralbankgouverneur Abdullah bin Saud al-Thani zufolge aus einer Notenbankreserve in Höhe von 40 Milliarden Dollar und aus 300 Milliarden Dollar Beteiligungen des katarischen Staatsfonds QIA an verschiedensten Unternehmen weltweit, die man verkaufen könne. Außerdem ergäben sich weiterhin regelmäßige Einnahmen aus lang laufenden Gas- und Ölverträgen.

Britische Regierung hält Bericht zur Terrorfinanzierung geheim

Die Vorwürfe der Sanktionsallianz hatte Katar bereits zu Beginn der Blockade zurückgewiesen. Inwieweit dieses Dementi den Tatsachen entspricht ist eine andere Frage. Allerdings steht auch Saudi-Arabien im Verdacht, dschihadistische Gruppen und salafistische Ideologie weltweit zu fördern. Die britischen Liberaldemokraten verlangten deshalb 2015 vom damaligen Premierminister David Cameron im Austausch für die Unterstützung von Interventionsplänen in Syrien eine Untersuchung, inwieweit solche Vorwürfe zutreffen. Das Ergebnis dieser Untersuchung steht jetzt fest, wird aber von Innenministerin Amber Ruff geheim gehalten.

Sie will lediglich Mitgliedern des Geheimen Kronrats Einsicht gewähren, die verpflichtet sind, die Informationen nicht weiterzugeben. Als Begründung dafür nannte Rudd die "nationale Sicherheit" und Persönlichkeitsrechte. Der Öffentlichkeit müsse es reichen, zu wissen, dass der Bericht zum Ergebnis kam, dass Islamisten vor allem durch kleinere anonyme Spenden gefördert würden und nur eine kleine Zahl von Organisationen signifikant von Förderung aus anderen Ländern profitiere. Welche Länder das sind, ließ sie offen.

Diane Abbott, die Schattenkabinetts-Innenministerin der oppositionellen Labour Party, warf Rudd daraufhin vor, den Bericht, auf den die Öffentlichkeit ein Recht habe, aus Rücksicht auf Saudi-Arabien und den Waffenexport dorthin unter Verschluss zu halten. Eventuelle Sicherheits- und Persönlichkeitsrechtsbedenken lassen sich ihrer Ansicht nach mittels Schwärzungen ausräumen. Tim Farron, der Vorsitzende der Liberaldemokraten, mahnte die Regierung, man könne die Wurzeln des Terrorismus nicht wirksam bekämpfen, wenn man nicht offen lege, "welche Staaten und Institutionen den Extremismus in unserem Land finanzieren".