Ist das uralte Atomkraftwerk in Fessenheim nun definitiv abgeschaltet?

(Bild: AKW Fessenheim. Foto: Florival fr / CC BY-SA 3.0 )

Eine Mitteilung des französischen Netzbetreibers RTE zu der Abschaltung ist undurchsichtig

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Die Menschen am Oberrhein können nun zunächst aufatmen, denn seit Samstag ist nun auch Reaktor 1 im ältesten französischen Atomkraftwerk heruntergefahren worden. Der Meiler 2 des Kraftwerks im Elsass musste ohnehin schon vor einem Jahr auf Anordnung der Atomaufsicht (ASN) wegen Sicherheitsmängeln - Sicherheitszertifikate waren gefälscht - vom Netz genommen werden. Er konnte bisher nicht wieder angefahren werden. Ein Austausch des fehlerhaften Dampferzeugers ist aufwendig und teuer.

Erstaunlich ist, dass für die angeblich "geplante Abschaltung" von Reaktor 1 kein Grund genannt wird. Von einem Wechsel eines Teils der Brennstäbe, wie die Bild-Zeitung berichtet, ist beim französischen Netzbetreiber RTE jedenfalls nichts zu lesen. Der schreibt nur, dass die Abschaltung voraussichtlich bis zum 12. September dauern soll.

Kryptisch wird - erstaunlicherweise und unüblich - nur auf Englisch angemerkt: "Date and duration of unavailabilities may change mainly according to the last EDF Board of Director's decisions about the request for revocation of the license to operate the power plant and according to the other conditions set out in EDF's press release of 6 April 2017, which is available on EDF's website. Please note that the start date of the qualification tests of Flamanville 3 unit was planned : additional information n°4457 on RTE's website."

Es wird nichts von Brennstäben berichtet, aber klar Bezug auf den Antrag zum Widerruf der Betriebsgenehmigung durch den Betreiber EDF genommen und eine Verbindung zu dem neuen Atomkraftwerk in Flamanville hergestellt. Es wird auch ausdrücklich erklärt, dass die Abschaltung länger gehen könnte, um nicht zu sagen, dass es sich auch um die definitive Abschaltung handeln könnte.

Entschädigung von einer halbe Milliarde Euro zugesprochen

Gerade hatte der neue Umweltminister Nicolas Hulot in den Raum geworfen, bis zum Jahr 2025 bis zu 17der 58 Atommeiler des Landes abschalten zu wollen. Klar ist, dass die Abschaltung von Fessenheim auch in einem absurden Dekret der sozialistischen Vorgängerregierung an die Inbetriebnahme von Flamanville geknüpft wurde. Allerdings wurde der EDF schon jetzt eine Entschädigung von einer halbe Milliarde Euro zugesprochen und es ist nicht auszuschließen, dass die neue Regierung Macron nun eine Gegenleistung sehen will.

Zeigt nun Emmanuel Macron in der Frage Handlungsfähigkeit und drückt im Staatskonzern EDF die Abschaltung durch? Auch er hatte im Wahlkampf die Abschaltung Fessenheims wie sein Vorgänger Hollande versprochen, der allerdings auch dieses Versprechen gebrochen hat.

In der angesprochenen EDF-Presseerklärung und den Zusatzinformationen auf der RTE-Webseite wird ebenfalls ausdrücklich auf die definitive Abschaltung in Verbindung mit Flamanville verwiesen. Dort ist geplant, die Stromproduktion am 25. Mai 2018 – also noch später als nach vielen Verschiebungen geplant - testweise aufzunehmen. Die volle Leistung von 1600 MW könne im November 2018 erreicht werden. Eigentlich sollte Flamanville schon 2012 ans Netz gehen und nur 3,3 Milliarden Euro kosten. Derweil geht man schon von 10,5 Milliarden aus.

An Flamanville wird festgehalten

Klar ist auch, dass an Flamanville weiter gegen alle massiven Sicherheitsbedenken festgehalten wird und man das gefährliche Atomkraftwerk im kommenden Jahr in Betrieb nehmen will, obwohl mit dem Druckbehälter eins der zentralen Sicherheitselemente nicht den Anforderungen entspricht. Deckel und Boden, so hatten Tests ergeben, weisen nicht die geforderte Widerstandsfähigkeit auf.

Da man an den Boden gar nicht mehr herankommt, verschließt man vor diesen Problemen bei der Atomaufsicht offensichtlich beide Augen. Im September soll ein definitiver Bericht über die Stahlqualität vorlegt werden, der dann die Basis fürBetriebsgenehmigung sei. Und bis dahin soll die vorläufige Abschaltung von Fessenheim jedenfalls dauern.

Bisher gedenkt man in der Atomaufsicht zwar, den "Deckel nicht diensttauglich für einen permanenten Betrieb" einzustufen, da "ausreichende zerstörungsfreie Prüfungen" fehlten. Allerdings, so geht man in Frankreich mit hochgefährlichen Anlagen um, stellt man sich nicht gegen die Inbetriebnahme, sondern meint, dass der Betrieb trotz allem für "ein paar Jahre" in Betracht gezogen werden könne.

2025 wolle man dann den Deckel erneut prüfen. Doch dabei ist sogar unklar, wie das geschehen soll, und ob man dann eventuell dann einen neuen Deckel einbaut. Der müsste allerdings schon jetzt bestellt werden, damit er dann auch verfügbar ist.

Die Kosten würden in dem Fall weiter durch die Decke schießen und der Reaktor wieder für lange Zeit abgeschaltet werden müssen, falls sich bis dahin kein Sprödbruch ereignet, mit dem voraussichtlich eine Kernschmelze einhergehen dürfte, wie Experten befürchten.