Rheinmetall und der gesamtheitlich integrierte Soldat

"System Infanterie". Bild: Rheinmetall

Mit dem "System Infantrie" werden Soldaten, Roboter, Sensoren und Waffen zu einem System vernetzt, das auf die Ersetzung des Soldaten an der Front zuläuft

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"System Infanterie". Bild: Rheinmetall

Der deutsche Rüstungskonzern und Automobilzulieferer Rheinmetall versucht mit seinem Slogan, bei dem man auf die Punkte, die wohl Betonung suggerieren sollen, nicht verzichten mag, beide Branchen zu einer Marke zu machen: "Mobility. Security. Passion". Das soll dann so sein, dass der Konzern eine Leidenschaft für Technologien der Mobilität und Sicherheit besitzt. Dabei steht, ähnlich wie das immer die zur Verteidigung verkürzte Rüstung insinuiert, Sicherheit auf der Seite des Käufers mit letaler Vernichtungskraft für die andere Seite.

Zumindest was die Waffentechniken angeht, ist die Zeit günstig. Die Welt befindet sich in einer Aufrüstungsspirale, der Westen sieht sich vor allem im Konflikt mit Russland und im Kampf gegen islamistische Extremisten im Nahen Osten, in Afghanistan und in Nordafrika. Unter Druck der Trump-Regierung werden Rüstungsbudgets erhöht. Davon profitierte gerade auch Rheinmetall, das in den letzten Jahren alleine von der Bundeswehr Aufträge in Höhe von 1,4 Milliarden Euro erhielt - für Munition, für die technische Aufrüstung des Schützenpanzers Puma, für die Modernisierung der Boxer-Führungsfahrzeuge, für über 2200 neue LKWs sowie für technische Infanteriesysteme. Letzte Woche bestellten zwei Staaten Skyguard-3-Luftabwehrsysteme für 220 Millionen Euro.

370 Millionen ist der Bundeswehr die Lieferung des Soldatensystems "Infanterist der Zukunft - Erweitertes System" von Rheinmetall wert. 2012 waren von dem "modularen" Kampfsystem, das die am Boden befindlichen "abgesessenen" Soldaten in die "vernetzte Operationsführung" integriert, 90 Systeme für Teams von jeweils 10 Soldaten angeschafft worden. Seit 2013 werden diese Systeme in Afghanistan eingesetzt, die den Soldaten ermöglichen sollen, Gegner besser zu entdecken und zu identifizieren und mit den eigenen oder mit vernetzten Waffen anzugreifen.

Jetzt orderte die Bundeswehr 68 Systeme, die auf Züge (um die 40 Soldaten) ausgelegt sind. Rheinmetall spricht von einem "ganzheitlichen Systemansatz", der "den Infanterie- bzw. Panzergrenadierzug mit ihren Fahrzeugen und den darin verbauten Basisstationen - in die vernetzte Operationsführung" integriert. Zentral soll dabei das Helmsystem mit einem OLED-Display und der mit einem Akku ausgestatteter Kernrechner sein, der auf dem Rücken getragen wird und "Elektronischer Rücken" genannt wird. Gesteuert werden damit alle Geräte und Sensoren, die Verarbeitung, Weitergabe und Darstellung der Daten sowie die Bedienerschnittstelle und die Kommunikation. So kann der Cyborg-Soldat beispielsweise aufgrund der Erfassung der eigenen Position und Blickrichtung wichtige Daten zur Lage, die Position der anderen Soldaten und den Auftrag sehen, aber natürlich auch im Detail überwacht werden.

Zum System gehört auch - modular, also anpassungsfähig scheint alles sein zu müssen - eine "modular aufgebaute Bekleidung", eine ballistische Unterziehschutzweste mit integriertem Lüftungsshirt und eine "modulare Trageausstattung, die Munition, Kampfmittel, elektronischen Rücken und zusätzliche Ausrüstung aufnimmt". Um sich keine Blöße beim Kommunizieren geben zu müssen, sind die Handwaffen mit Push-to-Talk-Tasten ausgestattet, um mit schussbereiter Waffe gleichzeitig zu funken.

Aber es werden noch weitere Systeme modular, versteht sich, integriert. Rheinmetall stellte Mitte des Monats das neue "System Infanterie" vor, das vor allem dazu dient, unbemannte Systeme in den vernetzten Kampfverband zu integrieren. Geeignet soll es für schwieriges Gelände oder im Stadtkrieg sein, im Zentrum steht das Führungs- und Soldatensystem "Infanterist der Zukunft - Erweitertes System (IdZ-ES)".

Einbezogen werden das natürlich hoch modulare Sturmgewehr und der 40mm-Granatwerfer RS40. Dazu für das Boxerfahrzeug der mit zwei Soldaten bemannte Turm LANCE mit einer Maschinenkanone und weiterer Sensorik, und das unbemannte und, wer hätte es gedacht, modulare Bodenfahrzeug Multi Mission Unmanned Ground Vehicle (MM UGV). Es könne effizient Aufgaben des Soldaten übernehmen, nicht nur für Überwachung und Aufklärung, sondern auch als mit Waffen ausgestattete Kampfroboter, der ferngesteuert, aber auch autonom betrieben werden kann. Man könne selbstverständlich weitere Systeme für "maßgeschneiderte, flexible, ganzheitliche und zukunftsfähige Lösungen" einbeziehen.