Mit fünf Sternen in den Jüngsten Tag

Atlas D-Raketenkomplex mit "Sarg"-Bunker, F. E. Warren Air Force Base, Wyoming. Bild: Trihydro

ISIS, Zika, Putin, Trump: Wohlhabende Doomsday-Prepper sorgen für ein Comeback des Bunkers

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Mit der Veränderung der Weltlage und dem ständigen Hinzukommen neuer Bedrohungsszenarien feiert in den Vereinigten Staaten eine sehr spezielle Immobilie Konjunktur: der Bunker. Üppig ausgestattet, bildet er heute das Fundament einer florierenden Doomsday-Bunkerindustrie, das bevorzugte Zielpublikum: Superreiche. Die wollen sich aus ihrer Verantwortung für die Gesellschaft stehlen und deren Kollaps gemütlich unter Tage aussitzen, ohne dabei auf ihre gewohnten Annehmlichkeiten verzichten zu müssen.

Die aktuellen Beweggründe reicher US-Amerikaner zur Anschaffung eines Bunkers rühren zum Teil aus uralten Ängsten, die wieder da sind, wie etwa die Furcht vor einem Atomkrieg, oder die vorm Russen. Andere sind neueren Datums: die nationale Schuldenkrise, die in einem Bürgerkrieg münden könnte, Terrorismus, Polit-Extremismus, Pandemien - und der Verlauf der letzten US-Präsidentschaftswahl, die eine Teilung des Landes sichtbar werden ließ. Im zunehmend brüchiger werdenden sozialen Frieden der Vereinigen Staaten investieren immer mehr Hedge Fund-Manager, Tech Executives, Sportstars, Politiker und Berühmtheiten aus dem Showgeschäft in eine robuste Apokalypsen-Versicherung, in ein Leben unter Tage.

Während die im Kalten Krieg in Mode gekommenen Atombunker für Familien noch in unmittelbarer Nähe der eigenen Behausung lagen und als einzigen Luxus mitunter nur Schaukelstühle zu bieten hatten, entstehen die High-End-Bunkeranlagen der mit viel Geld gesegneten Survival Communities von heute meist in abgelegenen ländlichen Gegenden, mit extravagant ausgestattetem Interieur.

Wohnen im Raketensilo: Subterra, 20th Century Castles, Survival Condo

Die Eheleute Edward Peden und Dianna Ricke-Peden gelten als Vorreiter der Bewegung. Seit 1994 leben sie in Subterra Castle, einer außer Dienst gestellten Raketenbasis, die vor ihnen eine Atlas-E-Interkontinentalrakete mit einem 3.75-Megatonnen-Atomsprengkopf beherbergte - eine von neun Startvorrichtungen der 548th Strategic Missile Squadron, Forbes Air Force Base, in der Nähe von Topeka im US-Bundesstaat Kansas gelegen.

Ed Peden hatte das Anwesen 1984 mit Partnern für 40.000 US-Dollar gekauft - ein Schnäppchen. Die Partner hatten zunächst verschiedene Pläne von dem, was man dort machen könnte - einer installierte ein Methamphetamin-Labor im Raketenschacht, sehr zum Ärger von Ed, der in der Folge alle Partner ausbezahlte.

Später zogen die Pedens ein. Um dem Ort seine seltsame Energie zu nehmen, engagierten sie zunächst eine Lakota-Medizinfrau, die Subterra mit Salbei und Gesängen bewohnbar machte. Der ehemalige Kontrollraum ist nun das Wohnzimmer, die ehemaligen Mannschaftsquartiere dienen als Bibliothek und der Gästeunterbringung. Ein 40 Meter langer Tunnel stellt die Verbindung zur Außenwelt her.

Die Pedens erkannten während des Bewohnens des Bunkers das großartige Potential der landesweit brachliegenden Raketensilos. Für sie sind das die Burgen von heute, auch sie haben dicke, schützende Gemäuer. Doch anstatt weithin sichtbar auf einer Anhöhe zu thronen, liegt der Wehr- und Wohnbau der Moderne zurückgezogen im Schoß von Mutter Erde. Immerhin soll der Komplex eine überirdische Ein-Megatonnen-Atomexplosion in zweieinhalb Kilometern Entfernung unbeschadet überstehen können. Wenn sich Ed Peden hingegen die Wohnhäuser seiner Zeitgenossen im Vergleich ansieht, mit all ihrer eingebauten geplanten Obsoleszenz, beschleichen ihn Zweifel: Glaubt hier irgend jemand noch an eine Zukunft?

Seitdem sie hier leben, betreiben sie 20th Century Castles, ein kleines Immobilienunternehmen, das auf den Erwerb und Verkauf aufgegebener Raketenbasen und Kommunikationsbunker spezialisiert ist. 59 solcher Grundstücke konnten sie bisher verkaufen, an Kunden, die sich auf den bevorstehenden Zusammenbruch vorbereiten. Auch das Anwesen der Pedens ist zu haben, der Preis: 3.2 Millionen US-Dollar.

Ländliche Idylle, geboren im Kalten Krieg: Aussichtstürme mit Zinnen, Hühnerställe, Mini-Stonehenge. Bild: 20th Century Castles

Die Pedens sehen sich nicht als Survival-Anhänger, auf Subterra herrscht eher New Age-Gelassenheit: Esoterik, Heilung, nachhaltiger Lebensstil, Trommelkurse, Weltfrieden. Sie würden die Silos lieber als Orte sehen, an denen alternative, lebensbejahende Formen des Zusammenlebens Fuß fassten. Vielleicht blieb es den Pedens gerade deshalb versagt, das Interesse der Eliten an ihren Immobilien zu wecken. Das ist den näher am Zeitgeist operierenden Neueinsteigern in die Bunker-Branche vorbehalten, denen es gelingt, die stark ausgeprägten Ängste der von dystopischen Visionen Gequälten mit deren immensem Reichtum zu vermählen - und davon zu profitieren.