Migranten aus Libyen: Deutlicher Rückgang der Zahlen im Juli

Rettung im Rahmen der Operation Triton. Bild: Irish Defence Forces / CC BY 2.0

Die erhitzte Diskussion über den "Pull-Faktor" NGOs nimmt nur Teile eines größeren Bilds zur Kenntnis

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In Italien, genauer in der sizilianischen Provinz Ragusa, wurden, wie die FAZ berichtet, 15 Mitglieder der freiwilligen Feuerwehr festgenommen, weil sie unter Verdacht stehen, selbst Ursache der Waldbrände zu sein, für deren Löschen sie extra Aufwandsentschädigungen kassierten.

Sind damit sämtliche Mitglieder der freiwilligen Feuerwehr Brandstifter? Zumal in Sizilien, der legendären Heimat der Mafia?

Intrigen und Prestigegewinn

Sind alle NGOs vor Libyens Küste freiwillige Flüchtlingshelfer oder sogar willentliche Zuarbeiter eines kriminellen Schleusernetzwerks? Der Verdacht gegen die NGOs, der funktioniert wie eine Intrige, ist eine Einladung zur Schmutzigen-Wäsche-Schlacht, die bereitwillig angenommen wird: Die Diskussion über die Rolle der NGOs im Mittelmeer ist sehr lebhaft (siehe Lebensretter werden zu Kriminellen erklärt). Dabei geht es, wie ein Kommentator anmerkt, augenfällig oft um Prestigegewinn bzw. Deutungshoheiten für die jeweiligen politischen Positionen.

Bis ein Gericht Verdachtsmomente gegen die NGOs, speziell gegen die "Iuventa" geklärt hat, bleiben nur Vermutungen. Nicht unwahrscheinlich ist, dass sich bei manchen und nicht nur bei den jüngeren Seenotrettern Übereifer Bahn bricht. Menschen retten ist eine große Sache. Wie eben auch die "Rettung Europas" eine große PR-Sache ist.

Der T-Shirt-Aufdruck lässt die Identitären auf der C-Star in einer Art Event-Exstase großtuerisch der eigenen Rolle gegenüber davon sprechen, dass die NGOs "Hundertausende Migranten" nach Europa schleppen würden. An Bord der C-Star ist man von Dagobert-Duck-Zahlen, von der Idee des großen Austauschs und der Ferienabenteuer-Rolle sehr überzeugt.

Das ganz große "Abholer-Netzwerk"

Treibt man die Pauschalisierung weiter, so landet man, wie es ein Telepolis-Forent ganz richtig anmerkt, bei der Erkenntnis, dass auch Frontex, die italienische Küstenwache wie auch Schiffe der Bundeswehr und eigentlich der ganze Verband der EU-Mittelmeeroperation Sophia einschließlich der militärischen Luftüberwachung der libyschen Küste Teil des großen "Abholnetzwerkes" sind, weil sie den Schleppern mit ihren Rettungsoperationen zuarbeiten.

Weniger hitzige Beobachtungen

Ein Blick auf die jüngsten Zahlen der Internationalen Organisation für Migration (IOM) bietet interessante Beobachtungen, die weniger hitzig sind. So zeigt sich ab Juni ein auffallender Rückgang der Zahlen der Migranten, die über das Mittelmeer nach Italien kamen.

Wurden im Mai und Juni dieses Jahres noch jeweils gut über 20.000 Migranten (Mai: 22.993; Juni: 23.524) mit dieser Reiseroute gezählt, so wurden im Juli 2017 nur mehr gut 11.000 Migranten registriert. Im vergangenen Jahr war diese Entwicklung nicht zu beobachten. Damals steigerte sich die Zahl der Zuwanderer über das Meer im Juli noch einmal um über 1.000 auf 23.500.

Rückgang bisher ohne Erklärung

Womit der Rückgang erklärt werden kann, wird von der IOM nicht mitgeteilt. Die C-Star der Defend-Europe-T-Shirt-Träger war Anfang Juli noch nicht auf ihrem PR-Spaß-Törn. Die NGOs waren zuvor da und danach. Die Zahl der Toten ist übrigens im Vergleich zum Vorjahreszeitraum leicht rückläufig.

Sie liegt Anfang August dieses Jahres bei 2.397 Menschen. Im letzten Jahr waren es in den ersten sieben Monaten 3.193 Menschen. Anzumerken sei, dass sich angesichts dieser hohen Zahl die Diskussion über die Notwendigkeit von Rettungseinsätzen von selbst erledigen müsste.

Neben dem beachtlichen Rückgang der Migration über das Mittelmeer im Juli, für dessen Analyse man noch Geduld braucht - von einem Trend kann man bei einem bislang einmaligen Rückgang schlecht sprechen -, gibt es noch eine andere Entwicklung, die ebenfalls interessant ist und schon seit längerer Zeit zu beobachten ist. Sie betrifft den Wechsel der Herkunftsländer.