Wenn das Gelächter fad wird

Screenshot der Late Night-Satire "A Closer Look" mit Seth Meyers, YouTube

Genialität mit Grenzen: Die Kehrseite des US-Satirebooms unter Trump

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Der Schwätzer im Weißen Haus hat zumindest einem Wirtschaftszweig geholfen: der Satire. Aber all der Spaß wirft auch einen gewaltigen Schatten. Seth Meyers, Stephen Colbert, Trevor Noah, John Oliver, Jimmy Kimmel, Samantha Bee und wie sie alle heißen - die bekanntesten US-Satiriker arbeiten sich jetzt seit über einem halben Jahr hauptsächlich an einem Thema ab: Trump. Seine Eskapaden, die Ermittlungen gegen ihn und seine bizarre Entourage bieten viel Stoff für Witzeleien.

Wenn Alec Baldwin Trump zur Kenntlichkeit entstellt oder Michelle Wolf die irrsinnigen Wortspiele von Kellyanne Conway diskutiert, dann ist Unterhaltung garantiert. Das Zwischenspiel von Antony Scaramucci als Chefrauschmeißers im Weißen Haus war extrem amüsant. Trump liefert dankbares Satire-Material in einer solchen Fülle, dass sich die Satiriker wie an einem überreich bestückten Buffet vorkommen müssen.

Eigentlich egal, welche Sendung der besagten Komiker man einschaltet oder welchen Youtube-Kanal man verfolgt - ein paar gut gesetzte Spitzen, ein paar böse Witze sind immer dabei. Manchmal grenzt die Verulkung ans Geniale, und man kann vermuten, dass dieser oder jener Scherz die Präsidentschaft von Trump weit überdauern wird.

Die Macht der Satire hat eng gesteckte Grenzen

Aber das satirische Schlaraffenland stellt sich mehr und mehr als vergiftet heraus. Nehmen wir John Oliver. "Last Week Tonight" ist so bemerkenswert, weil Oliver es irgendwie geschafft hat, den realen, amerikanischen Alltag für ein Millionenpublikum interessant zu machen. Gut recherchierte und mit britischem Humor begleitete Beiträge über das US-Gesundheitssystem, die Gefängnisse, die Machenschaften von religiösen Sekten, die Tabakindustrie bestimmen seit jeher das Format. Unvergessen die Sendung, in der Oliver das Thema Netzwerkneutralität ins Zentrum rückte und die Zuschauer aufrief, der FCC ihre Meinung dazu zu sagen, was unmittelbare positive Konsequenzen in der Wirklichkeit hatte. Aber seit Trump gewählt wurde, sitzt er bei Oliver immer mit am Tisch.

Es ist, als wäre Trumps brutale Dummheit so gewaltig, dass er wie ein schwarzes Loch alle Themen um sich herum ansaugt und unterjocht. Die Hofnarren sind anscheinend gezwungen, ihm dabei zu helfen, indem sie ihn veralbern. Stephen Colbert hat das einfach akzeptiert und Trump zu seinem absoluten Haupt- und Lieblingsfeind gemacht - was immerhin dazu führte, dass Trump ihn in einem seiner Interviews erwähnte, spürbar gereizt durch Colberts Nadelstiche.

Aber zu mehr führte es auch nicht. Die Macht der Satire hat eng gesteckte Grenzen, so oft sich Colbert auch wünschen mag, dass Trump nicht nur als Präsident abgelöst wird, sondern eines Tages auch im Gefängnis landet.

Die Frage, warum ein Mann Präsident bleiben kann, der so viel berechtigten Spott anzieht, bekommt mehr Gewicht, wenn man sie leicht verändert: Wie konnte so jemand überhaupt Präsident werden? Colbert wird nicht müde darauf hinzuweisen, dass Trump ja gar nicht von der Mehrheit der Amerikaner gewählt wurde. Aber das ist ein schwaches Argument. Fast die Hälfte der Wähler hat eine Witzfigur wie Trump gewählt. Obwohl diese Wähler knapp in der Minderzahl waren, haben sie es zusammen mit dem Electoral College geschafft, ihn auch zum Präsidenten zu machen.

Wie konnte so jemand überhaupt Präsident werden?

Was wäre Trump ohne die Leute, die ihn bewundern, die ihn gewählt haben? Und ohne Verfassungsbestimmungen aus der Sklavenhalterära der USA, die sicherstellen sollten, dass die südlichen Staaten nicht trotz, sondern wegen ihrer Sklaven das überragende politische Gewicht in der Frühzeit der USA bekamen?

Ein Nichts mit zu viel Geld und ohne Geschmack. Ein Nichts mit sehr viel politischer Macht wurde er durch die Tatsache, dass die parlamentarische Demokratie (wieder einmal) von einer ihrer schlimmsten Schwächen eingeholt wurde: Ein Großteil der Wähler ist wahlunmündig. Entweder sind sie gar nicht in der Lage, Menschenfeinde und ihre Positionen zu erkennen. Oder sie wählen das Spektakel, damit endlich mal wieder was passiert (siehe Verführerische Vokabeln).

Oder sie sind selber Menschenfeinde. Das Problem wird dadurch nicht einfacher, dass die wahlberechtigten Wahlunfähigen auch jede andere Form von Demokratie sabotieren würden - egal, ob sie sich auf Volksabstimmungen, Räte, oder was auch immer stützt. Dieses politische Problem, das uns in kurzem Abstand den Brexit, einen Präsidenten Trump und eine Präsidialdiktatur in der Türkei eingebracht hat, ist ja nicht einmal die größte der aktuellen Krisen.

Aber zusammen mit der anhaltenden globalen Krise des Kapitalismus, der ökologischen Krise, die er naturnotwendig mit sich bringt, und der fortschreitenden Offensive des religiösen Wahns in vielen Teilen der Welt kann die politische Problematik, die uns Trump und Erdogan gebracht haben, namenloses Elend produzieren. Man muss schon froh sein, dass das im denkbaren Ausmaß bisher noch nicht passiert ist.

Die Satire ist nicht verpflichtet, immer die ganz dicken Bretter zu bohren. Aber der liberale Patriotismus Colberts oder das humoristische Faktenfinden Olivers ändern nicht einmal etwas daran, dass Trump Präsident ist und wahrscheinlich noch eine Weile bleibt. Von den wirklichen Ursachen für dieses Phänomen ganz zu schweigen.