Fördert die Hightech-Industrie die in Städten wachsende Ungleichheit?

Apple Campus. AppleHQ2017.jpg:Bild: Rairden/CC BY-SA-4.0

Eine Untersuchung über amerikanische Städte sieht zwar einen Zusammenhang, wachsende ökonomische Segregation soll aber am stärksten mit der Größe der Städte verbunden sein

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Boomende Städte profitieren vor allem von Hightech-Unternehmen, die sich dort ansiedeln. Aber in den Städten, in denen dadurch gut bezahlte Jobs entstehen, wächst auch die Ungleichheit und schrumpft die Mittelklasse. Digitale Unternehmen fördern die Ungleichheit und verstärken die Kluft zwischen Arm und Reich innerhalb der Städte und zwischen diesen. In den USA vertiefen sich in Hightech-Zentren wie Bay Area, Boston, New York, Washington oder Raleigh Lohn- und Einkommensungleichheiten und die schichtenspezifische Homogenisierung von Stadtvierteln. Eine Studie von Charlotta Mellander und Richard Florida ging diesem Zusammenhang nach, um zu sehen, ob die Hightech-Industrie verantwortlich für die Ungleichheit ist, die in den letzten Jahrzehnten deutlich zugenommen hat.

Analysiert wurde die Entwicklung von amerikanischen Städten mit mehr als 350.000 Einwohnern. Innovation wurde anhand von Patentanmeldungen und der Zahl der Erfinder pro Kopf und der Konzentration von Hightech-Firmen gemessen. Daten lagen bis 2010 vor, um einen Zusammenhang zwischen digitaler Innovation und sozialer Segregation, also einer zunehmenden Einkommensungleichheit, feststellen zu können.

Ausgangspunkt ist die geläufige Annahme, dass "innovativere" Städte ökonomisch stärker segregiert sind. Mit ihrer höheren Konzentration von Hightech-Unternehmen ist auch der Anteil der gut ausgebildeten und reicheren Gruppen, von Florida früher als "kreative Klasse" bezeichnet, höher. Sie siedeln sich in der Nähe oder mit guten Verkehrsanbindungen zu den Arbeitsplätzen in schöneren Vierteln mit guten Schulen und Versorgungsangeboten ein. Damit treiben sie die Wohnpreise in die Höhe und verdrängen die Menschen mit geringerem Einkommen, was zu einer stärkeren räumlichen Trennung der Schichten (Segregation) führt.

Allerdings benötigen die Unternehmen und deren Personal auch mehr geringverdienende Dienstleister (z.B. für Auslieferung, Putzen, Pflegen, Restaurants, Lagerarbeiten etc.), die in den weniger teuren Vierteln wohnen. Die Autoren weisen auf Studien hin, nach denen Städte mit hoher Segregation an Innovation einbüßen würden, während dicht besiedelte Stadtgebiet mit großer Vielfalt auch ökonomisch florieren und gerade die kreative Klasse anziehen. Nach Untersuchungen ist der Anteil der Familien, die in Mittelschichtsviertel leben, von 65 Prozent im Jahr 1970 auf 40 Prozent im Jahr 2012 zurückgegangen, während der Anteil der Familien, die entweder in armen oder in reichen Vierteln leben zwischen 1970 und 2012 von 15 auf 34 Prozent angewachsen. Im vergangenen Jahrzehnt habe sich die Gentrifizierung durch den Wiedereinzug der reicheren und gut ausgebildeten Schichten in die Städte noch verstärkt. Deren Hauptinteresse besteht darin, direkten Zugang zu den Annehmlichkeiten zu haben, die Städte für Freizeit und Kultur bieten.

Gemisches Resultat

Nach den Autoren sind digitale Innovation, Hightech-Unternehmen und wachsende Einkommensungleichheit tatsächlich eng verbunden. Stärker ist der Zusammenhang zwischen der Konzentration von Hightech-Unternehmen und der Einkommensungleichheit als zwischen der Zahl der Patente und Erfinder, die als Zeichen für Innovation gelten und offenbar nicht aufgrund zunehmender Segregation abnehmen. Bei der Analyse der Veränderungen zwischen 2000 und 2010 bestätigt sich zwar auch, dass Städte, die sehr innovativ sind und in denen gut ausgebildete Menschen wohnen, auch ökonomisch stärker segregiert sind, aber die Segregation habe in dem untersuchten Zeitraum kaum zugenommen: "Obgleich mehr hochinnovative Städte mit hoch ausgebildeten Bewohnern einen höheren Grad der ökonomischen Segregation aufweisen, sind sie während des letzten Jahrzehnts nicht signifikant gewachsen."

Auch der Faktor der Ausbildung oder die Größe der kreativen Klasse hat etwas mit der wachsenden Ungleichheit zu tun, kann aber, so die Autoren, nicht auf die Hightech-Unternehmen alleine zurückgeführt werden, da hohe Bildung und Expertenwissen auch in anderen Branchen erforderlich sind. Vor allem aber scheint die wachsende Ungleichheit nach den Berechnungen der Autoren mit der Größe der Städte zusammenzuhängen: "Ökonomische Segregation scheint eine Funktion der Stadtgröße zu sein." Das führen die Autoren weiter nicht aus. Sollte man daraus den Schluss ziehen, das Wachstum der Megacities zu begrenzen und die Dezentralisierung zu fördern?

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