"Katalonien hat schon so reagiert, als wäre es ein Staat"

Screenshot von dem Artikel im Wall Street Journal.

Vom Wall Street Journal über die FAZ bis zur linken Gara ist man sich einig, dass sich Katalonien mit dem Krisenmanagement vor dem Unabhängigkeitsreferendum als eigenständig handlungsfähig zeigen konnte

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Schon das Bild, welches das Wall Street Journal (WSJ) zum Artikel gestellt hat, ist sehr aussagekräftig. Es zeigt einen agierenden katalanischen Regierungschef Carles Puigdemont, der vor einem untätigen spanischen Regierungschef Mariano Rajoy steht. Die konservative Zeitung aus den USA beschreibt Puigdemont als die "dominante Persönlichkeit" in der Öffentlichkeit, "die die Antwort auf den Angriff" in Barcelona und Cambrils angeführt und damit den "Zentralstaat in den Schatten gestellt" habe.

Gleich zu Beginn wird der Zusammenhang zu dem angekündigten Referendum über die Unabhängigkeit Kataloniens von Spanien am 1. Oktober hergestellt. Die katalanische Regierung habe in den letzten Tagen über ausreichend Autonomie verfügt, um die Krise zu meistern. "Wir haben gezeigt, dass wir fähig sind, mit jedem kommenden Problem umzugehen", wird eine 21-jährige Studentin aus Barcelona zitiert, die eine allgemeine Einschätzung in Katalonien wiedergibt. Zitiert wird auch der Politologieprofessor Ferran Requejo. "Katalonien hat schon so reagiert, als wäre es ein Staat."

Für die Autoren Paolo Mancini und Marina Force hat die Terrorattacke der Regionalregierung eine Möglichkeit geboten, sich unabhängig zu präsentieren. Entsprechend ist der Artikel mit dieser Überschrift versehen: "Catalonia Showcases Autonomy in Terror Attack Probe". Im Text werden zudem die "starken Spannungen" zwischen der katalanischen und spanischen Regierung in den letzten Monaten angesprochen, da letztere das Referendum mit allen Mitteln verhindern will und sogar mit dem Militär gedroht hat. Die Region, die Spanien verlassen will, habe mit den Anschlagsermittlungen eine "Möglichkeit bekommen, zu zeigen, dass man unabhängig von Madrid regieren kann", resümiert der Artikel.

Dass Katalonien und die aus Madrid verteufelte Regionalregierung mit der Krisenbewältigung international weiter an Anerkennung gewinnen konnten, wird auch in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) deutlich. Sie titelte: "Die katalanische Regionalregierung profiliert sich mit der erfolgreichen Fahndung nach den Barcelona-Attentätern". So beschreibt Hans Christian Rößler, dass es angesichts des peinlichen Versuchs des spanischen Innenministers Juan Ignacio Zoido, dann doch der katalanische Polizeichef Josep Lluís Trapero am Montag "das letzte Wort" behalten sollte.

Denn es waren die Katalanen, die nach dem den Tod des Todesfahrers Younes Abouyaaqoub bekanntgaben, dass die Terrorzelle endgültig zerschlagen sei. Zoido hatte dagegen schon am Samstag behauptet, "dass von der Terrorgruppe nichts mehr übrig sei". Dabei lief der Mann, der 14 von 15 Opfern auf dem Gewissen hat, noch frei herum. Gefahndet wurde auch noch nach zwei weiteren Mitgliedern der Zelle, darunter auch deren Kopf. Denn es war am Wochenende noch unklar, ob er weiter am Leben war.

Die FAZ stellt heraus, wie langsam "der spanische Ministerpräsident Mariano Rajoy nach der Amokfahrt auf dem Boulevard La Rambla" reagiert hatte, während die Katalanen die Führung die Initiative ergriffen und "sie in den folgenden vier Tagen" behalten sollten. Und so unterstreicht Rößler mit Blick auf das Referendum, dass man angesichts der zerrütteten Beziehungen und des Misstrauens "umso stolzer" sei, "dass das kleine Katalonien innerhalb weniger Tage praktisch allein mit der großen Gefahr fertig wurde - fast wie ein selbständiger Staat."