MH17: Die US-Geheimdienste werden ihre "überzeugenden" Beweise nicht vorlegen

Rekonstruiertes Cockpit der MH17. Bild: Dutch Safety Board

Der scheidende US-Botschafter John Tefft sagte einem russischen Radiosender, die Geheimdienste wollen ihre Quellen und Methoden nicht bekannt geben

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Nach dem Abschuss der Passagiermaschine MH-17 am 17. Juli über der Ostukraine hatte der damalige US-Außenminister John Kerry am 20. Juli in einem ABC-Interview erklärt, die USA hätten Beweise dafür, dass die Separatisten dafür verantwortlich seien: ": "We track - we, ourselves, tracked the imagery of the launch of this surface-to-air missile, of the disappearance of the aircraft from the radar at that time."

Auch der damalige Vizepräsident Biden hatte schon einen Tag zuvor auf die Separatisten als Schuldige hingewiesen. Die Beweise wurden ebenso wenig von der US-Regierung vorgelegt wie etwaige Bilder. Kerry verwies lediglich auf die vom ukrainischen Geheimdienst abgehörten Gespräche, in denen sich Separatisten brüsteten, eine Maschine abgeschossen zu haben, und auf Igor Strelkov, der den Abschuss einer Militärmaschine postete, das aber schnell wieder löschte. Und er sprach von betrunkenen Separatisten an der Absturzstelle.

Nach einem CNN-Bericht habe ein Pentagon-Mitarbeiter gesagt, ein US-Radarsystem habe registriert, dass kurz vor dem Abschuss ein System für Boden-Luft-Raketen eingeschaltet und ein Flugzeug verfolgt wurde. Ein anderes System habe eine Hitzespur registriert, was darauf hinwiese, dass eine Rakete abgeschossen wurde. Auch das wurde nicht vorgelegt, wenn es mehr als eine Behauptung war (Wo bleiben die Beweise der Geheimdienste).

Am 22. Juli legten anonyme Mitglieder von US-Geheimdiensten der Washington Post einige Belege und Vermutungen über den Abschuss von MH17 über der Ostukraine vor, es handelte sich aber nicht um eigene Informationen. Vermutlich war man zu dem Schritt gezwungen worden, ohne offiziell aufzutreten, weil in einer russischen Pressekonferenz zuvor behauptet worden, dass sich zur Zeit des Abschusses ein amerikanischer Spionagesatellit über der Region befunden habe. Die Geheimdienste verwiesen auf Satellitenaufnahmen von DigitalGlobe (Auch die US-Geheimdienste präsentieren Vermutungen).

Immer wieder wurde Washington aufgefordert, Satellitenbilder oder andere Beweise vorzulegen (US-Geheimdienste sollen endlich liefern), nachdem in der Ukraine angeblich just an dem Tag des Abschusses keine zivilen und militärischen Radarsysteme eingeschaltet gewesen sein sollen. Nur Russland legte, wenn auch verzögert, angebliche Rohdaten dem Gemeinsamen Ermittlungsteam (JIT) vor (Weiter Streit um russische Primär-Radardaten).

Die Beweise sollen "überzeugend" gewesen sein

Jetzt erklärte John Tefft, der US-Botschafter in Moskau, dem russischen Radiosender Echo in einem langen Interview auf die Frage eines Zuhörers, die USA würden ihre Beweise nicht vorlegen, weil die US-Geheimdienste "ihre Quellen und Methoden" nicht aufdecken wollen. Das sei ganz üblich bei den Geheimdiensten und auch der Fall bei Cyberangriffen. Wenn man die Quellen aufdeckt, könnten sie gefährdet sein. Der russische Geheimdienst FSB würde dies auch nicht machen. Die US-Geheimdienste hätten aber dem Kongress ihre Beweise vorgelegt, die die Abgeordneten überzeugend fanden und deswegen für Sanktionen stimmten. Niemand soll Nachfragen gehabt haben. Kollegen hätten ihm auch berichtet, "dass die Beweise überzeugend sind". Um welche Beweise es sich handelt, sagte er nicht.

Sollten die USA tatsächlich Beweise haben und sie nicht dem JIT übergeben, wobei sich ja Vorsichtsmaßnehmen treffen ließen, wäre dies ein Zeichen mangelnder Kooperation. Aber so lange keine Beweise vorgelegt werden, könnte die amerikanische Seite auch nur so tun, als würden Beweise für den Abschuss durch Separatisten vorliegen, auch wenn es keine gibt. Die Haltung könnte auch Spekulationen stärken, die USA wollten etwas verbergen. Der US-Botschafter verwies jedenfalls nur auf die niederländische Staatsanwaltschaft und das JIT, die klar gemacht hätten, dass Russland den Separatisten das Buk-System zur Verfügung gestellt habe. Und: "Es gibt ein Video, ich erinnere mich nicht, auf welcher Website es veröffentlicht wurde, auf dem sich sehen lässt, dass das russische System durch das Territorium fuhr und bei der Rückfahrt eine der Raketen fehlte."

Ähnlich argumentierte der US-Botschafter, der nun in die USA zurückkehrt, in einem Interview mit Tass. Er sagte, die US-Regierung habe ein schwerwiegendes Problem mit den russischen Cyberangriffen auf die US-Wahlen, weswegen es zu neuen Sanktionen gekommen ist. Gefragt, warum keine Beweise vorgelegt wurden, sagte er: "Alle unsere Geheimdienstchefs sagten, es gebe Beweise. Auch der KGB (FSB) würde keine Beweise vorlegen, wenn er dazu aufgefordert würde. … Ich weiß, Sie müssen nur das Video anschauen, wo sie Herrn Pompeo vom CIA, Admiral Rogers und General Clapper aufgereiht haben. Sie alle haben das untersucht. Der Senat und das Repräsentantenhaus wurden informiert und sie stimmten einstimmig ab. Daher gibt es hier, wie ich denke, keine Frage."