Dschihadisten im Strom der Flüchtlinge

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Die Öffnung der deutschen Grenzen nutzten dutzende Terroristen, um nach Deutschland einzusickern - Ein Kommentar

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"Wir schaffen das", verkündete die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am 5. September 2015 und öffnete die deutschen Grenzen für die unkontrollierte Einreise von rund einer Million Flüchtlingen aus Syrien, Irak, Afghanistan, Somalia et cetera. Unter diesen Strom von Flüchtlingen mischten sich auch Terroristen, die sich die Chance zum Einsickern nach Westeuropa nicht entgehen ließen.

Rund 5.000 Europäer kämpfen in den Reihen des "Islamischen Staates". Allein aus Deutschland sind seit 2012 mehr als 930 Dschihadisten nach Syrien oder in den Irak gereist, um sich dort den Terrororganisationen "Islamischer Staat" oder "Hayat Tahrir al-Sham" etc. anzuschließen. Mit der sich abzeichnenden militärischen Niederlage des "Islamischen Kalifats" werden mindestens ein Drittel dieser ausländischen Kämpfer und Unterstützer in ihre Heimatländer zurückkehren. Hinzu kommen all die syrischen und irakischen Dschihadisten, die ihr Land verlassen werden, um anderswo Anschläge zu verüben.

Bereits seit mehreren Jahren sind entsprechende Fluchtnetze aktiv und schleusten militante Islamisten nach Europa. Dabei konnten die Terrorverdächtigen im Strom der Flüchtlinge mit schwimmen. Am 4./5. September 2015 ließ die Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) die deutschen Grenzen öffnen und alle Flüchtlinge unter völligem Verzicht auf jegliche Pass- und Personenkontrollen einreisen, selbst die obligatorischen Anhörungen wurden vorübergehend abgeschafft. Dennoch verkündete sie lautstark: "Wir schaffen das!"

Bis Oktober 2016 gingen beim Bundeskriminalamt 445 Meldungen auf terrorverdächtige Flüchtlinge ein. Die Masse der Hinweise waren plumpe Denunziationen, aber in fast hundert Fällen leitete das BKA Ermittlungen ein. So vermuten die deutschen Staatssicherheitsorgane, dass seit Ende 2014 mehr als 60 Veteranen der "Liwa Qwais al-Qarni", einer Unterorganisation der "Hayat Tahrir al-Sham" (vormals "Jabhat al-Nusra"), in Deutschland untergetaucht sind. Davon konnte die Hälfte der Terrorverdächtigen bisher noch nicht durch die Projektgruppe KETO des Verfassungsschutzes identifiziert werden. Wie groß das Dunkelfeld ist, kann niemand seriös abschätzen.

Tatsächlich kamen seit 2014 nachweislich über vierzig Terroristen nach Deutschland oder reisten zumindest durch die Bundesrepublik hindurch. Nicht in allen Fällen bestätigten deutsche Gerichte, dass von den betreffenden Personen mit einer terroristischen Vergangenheit in ihren Herkunftsländern auch eine aktuelle Gefahr für Deutschland ausging. Andererseits waren die genannten Terrorverdächtigen unter den Flüchtlingen an mehreren Anschlägen in der BRD und in den Nachbarstaaten (Frankreich, Belgien, Finnland) beteiligt, die insgesamt rund 180 Tote und über 800 Verletzte forderten. Mehrere Attentäter wurden von der Polizei erschossen oder sprengten sich in die Luft.

Dennoch tut die CDU im laufenden "Wohlfühl"-Bundestagswahlkampf so, als hätte sie keine Verantwortung für die Terrorentwicklung der letzten Jahre. In den "Kernpunkten des Regierungsprogramms" verkündet die Partei:

Nur wer sicher ist, kann auch frei leben. Deshalb setzt die CDU auf einen starken Staat, der verlässlich für den Schutz der Bürger sorgt. Wir haben schon viel für mehr Sicherheit erreicht. Doch unsere Sicherheit wird jeden Tag auf Neue herausgefordert: von Gewalttätern und Kriminellen, gewaltbereiten Islamisten, Angreifern im Cyberraum oder Kriegen und Konflikten, die auch uns betreffen. Deshalb wollen wir Polizei, Justiz und Sicherheitsbehörden für die innere Sicherheit sowie die Bundeswehr für die äußere Sicherheit weiter stärken. (…) Für ein Deutschland, in dem wir gut und gerne leben.

(CDU)

Eine Namensliste der dschihadistischen "Flüchtlinge" (chronologisch)

- Februar 2014: Im Februar 2014 und erneut am 7. September 2015 reiste der Tadschike Mukhamadsaid Saidov - möglicherweise auf Befehl des IS - mit der damaligen "Flüchtlingswelle" nach Deutschland ein.

In Syrien und Irak soll er sich an Kampfhandlungen beteiligt haben. Bei einem Luftangriff der irakischen Luftwaffe wurde er am Kopf verwundet. Danach leistete er Wachdienste, wurde in der Verwaltung eingesetzt und machte Einkäufe für Kriegerwitwen. Er soll sich an Hinrichtungen beteiligt haben. Im Spätsommer 2015 soll er auf "YouTube" in mindestens fünf Videobotschaften seine Landsleute aufgerufen haben, sich dem IS anzuschließen. In einer Propaganda-Botschaft vom Herbst 2015 verkündete er, er habe "den zweiten Treueschwur des Todes" geleistet.

In Deutschland beantragte er für sich und seine Familie Asyl. Am 21. Juni 2016 wurde er aufgrund eines Haftbefehls des zuständigen Ermittlungsrichters beim Bundesgerichtshof durch die GSG 9 in Ennigerloh (Westfalen) festgenommen.

- Mitte 2014: Der syrische Staatsbürger Mohammed Daleel kam im Juli 2013 als Flüchtling über die Türkei nach Bulgarien. Dort erhielt er im Dezember 2013 "humanitären Schutz". Ungefähr Mitte 2014 verließ er Bulgarien und gelangte nach Deutschland. Hier ließ er sich als Flüchtling registrieren und wohnte in einer Unterkunft in Ansbach. Sein Asylantrag wurde abgelehnt, weil er zuvor bereits Asyl in Bulgarien beantragt und erhalten hatte. Eigentlich sollte Daleel 2015 abgeschoben werden. Im Januar 2015 setzte sich Harald Weinberg, Bundestagsabgeordneter der Partei Die Linke, aufgrund der Bitte einer Flüchtlingsorganisation für das Bleiberecht von Daleel ein und intervenierte zu diesem Zwecke bei der Stadt Ansbach, wobei er explizit von der Notwendigkeit einer psychiatrischen Behandlung sprach. Durch einen Entscheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) wurde Daleel vorerst in Deutschland geduldet. Am 12. Juli 2016 erhielt er dann doch seinen Abschiebebescheid nach Bulgarien, der innerhalb von dreißig Tagen vollstreckt werden sollte.

Am 24. Juli 2016 verübte Mohammed Daleel mit einer Rucksackbombe einen Sprengstoffanschlag auf die Musikveranstaltung "Ansbach Open" in Ansbach, bei dem er selbst ums Leben kam. Dazu berichtete der "Spiegel":

Bei dem aus Syrien stammenden Ansbacher Attentäter Mohammad Daleel gehen die Behörden davon aus, dass sein Tod am 24. Juli ein Unfall war. Er habe vermutlich den Rucksack, den er mit selbst hergestelltem Sprengstoff gefüllt hatte, in einer Menschenansammlung des Festivals abstellen und aus der Ferne zünden sollen. Kurz vor dem Anschlag habe sein Chatkontakt ihn aufgefordert, die Detonation und das anschließende Inferno zu filmen und dem IS zu schicken. Doch der Sprengsatz explodierte offenbar vorzeitig, tötete ihn und verletzte 15 Menschen.

In den Chats ist die Rede davon, dass Daleel danach weitere Anschläge verüben sollte. Dafür spricht, dass er sein Bekennervideo vermummt aufnahm, und Ermittler in seiner Wohnung weiteres Material zum Bombenbau fanden.

(Der Spiegel)

- 14. Oktober 2014: Bereits am 14. Oktober 2014 reiste der Syrer Suliman Alshikh über Frankreich in die Bundesrepublik ein und beantragte in Karlsruhe Asyl. Er kam zunächst in Ramstein-Miesenbach und schließlich in Kernen unter. Suliman Alshikh gilt als Mitglied der damaligen Jabhat al-Nusra und soll an der Entführung des kanadischen UN-Mitarbeiters Carl Campeau beteiligt gewesen sein. Dazu berichtete der Generalbundesanwalt:

Am 17. Februar 2013 entführten Mitglieder einer der terroristischen Vereinigung Jabhat al-Nusra zuzurechnenden Gruppierung in der Nähe von Damaskus einen Mitarbeiter der Mission der Vereinten Nationen auf den Golanhöhen (United Nations Disengagement Observer Force - UNDOF). Sie nahmen ihrem Entführungsopfer unter anderem seinen Ausweis, sein Geld und sämtliche Wertgegenstände ab und hielten es in einem Gebäude südwestlich von Damaskus gefangen. In der Folgezeit erhob die Gruppierung im Ergebnis allerdings erfolglos Lösegeldforderungen gegenüber den Vereinten Nationen, der kanadischen Regierung sowie der Familie des Entführten. Der Angeschuldigte gehörte der bewaffneten Gruppierung an und war zwischen März und Juni 2013 in die Bewachung des Entführungsopfers eingebunden, das sich am 16. Oktober 2013 selbst befreien konnte.

(Der Generalbundesanwalt)

- Oktober 2014: Abd Arahman A. K. kam im Oktober 2014 als Flüchtling nach Deutschland. Angeblich plante er zusammen mit Saleh al-Ghadban, Mahood B. und Hamza C. einen Anschlag in Düsseldorf. Im Januar 2016 chattete er mit Saleh al-Ghadban: "Wenn wir kämpfen, müssen wir wissen, ob wir als Märtyrer sterben oder nicht." Am 2. Juni 2016 wurde er in Leimen (Sandhäuser Weg) festgenommen. Aber wahrscheinlich entsprachen die angeblichen Attentatspläne nur der Phantasie von Saleh al-Ghadban.

- 5. Dezember 2014: Hasan A. ist syrischer Staatsbürger und reiste am 5. Dezember 2014 in das Bundesgebiet ein, wo er am 12. Januar 2015 in Gießen einen Asylantrag stellte. Danach wohnte er zunächst in Frankenberg (Hessen), seit dem 8. August 2016 in Saarbrücken-Burbach (Bergstraße). Hasan A. soll über "Facebook" vom Islamischen Staat rekrutiert worden sein. Die Polizei ging zeitweise davon aus, dass er zum Jahreswechsel 2016/17 einen Anschlag plante, bei dem als Streifenwagen getarnte Fahrzeuge gegen Menschenmengen eingesetzt werden sollten. Als Anschlagsorte wurden Ziele in Deutschland (Berlin, Dortmund, Essen, München und Stuttgart), Frankreich, Belgien und den Niederlanden angepeilt. Zum Ankauf der Fahrzeuge wollte er vom IS eine Vorfinanzierung in Höhe von 180.000 Euro eintreiben, um diese zu unterschlagen.

Am 11. August 2017 sprach ihn das Landgericht Saarbrücken vom Vorwurf des Terrorismus und des versuchten Mordes frei, verurteilte den Angeklagten zugleich aber wegen versuchten Betruges - am Islamischen Staat - zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren (Aktenzeichen: 1 Ks 29 Js 1/17 (11/17). Sowohl die Verteidigung als auch die Staatsanwaltschaft kündigten an, sie wollten gegen das Urteil in Revision gehen.

- Im Jahr 2014: Mohammed A. ist algerischer Staatsbürger. Er tauchte erstmals 2014 in Bremen auf, reiste dann weiter nach Belgien und kam 2016 zurück Bremen. Er gilt als Sympathisant des Islamischen Staates und als "gewaltbereit". Im März 2017 wurde er wegen Diebstahl, Urkundenfälschung und unerlaubten Aufenthaltes festgenommen. So benutzte er zwanzig Aliasnamen. Mal gab er sich als Libyer, mal als Syrer aus. Zeitweise sollte er nach Chemnitz umverteilt werden, wo er aber nie ankam. Er sitzt z. Zt. in Abschiebehaft.