Washington im Kampf gegen das UN-Abkommen zum Verbot von Atomwaffen

Atompilz über Hiroshima. Bild: 509th Operations Group/DoD

Als eines der wenigen europäischen Länder hat Schweden den Entwurf des Abkommens unterstützt. US-Verteidigungsminister Mattis droht dem Land vor einer möglichen Ratifizierung

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Im Sommer 2016 haben nur 120 Staaten den einen Vertrag zum Verbot von Atomwaffen unterzeichnet. Die Staaten mit Atomwaffen haben sich nicht beteiligt, die fünf wegen ihrer Atomwaffen ständigen Mitglieder im Sicherheitsrat haben auch darauf verzichtet und damit deutlich gemacht, dass sie ihrer Verpflichtung, die sie mit dem Atomwaffensperrvertrag eingegangen sind, weiterhin nicht nachkommen wollen. Auch nicht rhetorisch, wie das immerhin Barack Obama machte. Dagegen hat längst schon wieder ein atomares Wettrüsten eingesetzt.

Neben den Atommächten Frankreich und Großbritannien haben auch die meisten europäischen Staaten und alle Nato-Staaten den Verbotsvertrag nicht unterstützt, darunter auch Deutschland, das mit den USA einen Vertrag über "nukleare Teilhabe" hält. In Deutschland werden danach US-Atomwaffen in Büchel gelagert und Tornado-Jagdbomber der Bundeswehr für den Kriegsfall bereitgehalten, um sie unter amerikanischer Kontrolle einzusetzen. Eine "nukleare Teilhabe" gibt es auch mit Belgien, Italien, den Niederlanden und der Türkei (wo zwischen 50 und 90 Atombomben auf dem Flugwaffenstützpunkt Incirlik lagern sollen!).

Neben Österreich, Zypern, Irland, Malta und der Schweiz hat auch Schweden für das Atomverbotsabkommen gestimmt, das ab 20. September ratifiziert werden kann. Machen das 50 Staaten, tritt er in Kraft. Damit würde sich nicht groß etwas ändern, aber die Atomstaaten kämen vielleicht doch etwas mehr unter Legitimationsdruck. Zudem könnten militärische Allianzen zwischen Atomstaaten und Unterzeichnerstaaten schwierig werden. So wäre nicht nur die Lagerung, sondern auch die Stationierung von Atomwaffen für Unterzeichnerstaaten ebenso verboten wie die Unterstützung oder die Suche nach Hilfe von Staaten, die Atomwaffen entwickeln, lagern oder einzusetzen drohen.

Offenbar kam nun Schweden, bislang noch kein Nato-Mitglied, ins Visier der Vereinigten Staaten. Die US-Regierung übt Druck auf das Land aus, das Abkommen nicht zu ratifizieren. So hat Verteidigungsminister Jim Mattis einen Brief an seinen schwedischen Kollegen Peter Hultqvist geschrieben und darin gedroht, dass eine Ratifizierung die militärische Kooperation gefährden könne, wie letzte Woche die Zeitung Dagens Nyheterin berichtete. Überdies sei das Gold-Card-Programm der Nato gefährdet, das Schweden privilegierte Rechte gewährt, und die Möglichkeit, in Zukunft der Nato beizutreten. Das heißt, Mitglied in der Nato zu sein, bedeutet auch, Atomwaffen als militärische Mittel zu akzeptieren bzw. deren Einsatz nicht unterbinden zu wollen.

USA könnten Schweden in einem Konflikt nicht mehr militärisch beistehen

Tiefer geht die Warnung, dass die USA, so Mattis, Schweden in einer Krise nicht mehr beistehen könnte. Mattis reagierte vermutlich auf einer Mitteilung der schwedischen Außenministerin Margot Wallström am 25. August, dass Schweden das Abkommen vermutlich unterzeichnen werde. Atomwaffen seien die größte Bedrohung für die Menschheit, alle anderen Massenvernichtungswaffen seien bereits verboten.

Der Atomwaffensperrvertrag hätte die Verbreitung von Atomwaffen verhindern und einen Abbau von diesen bei den Atomstaaten bewirken sollen. Das sei nicht geschehen, so Wallström, die Atomstaaten würden hingegen ihre Atomwaffen "modernisieren", das habe die Unterstützung für ein Verbot gestärkt. Schwedens Zustimmung zu dem Verbotsabkommen stimme völlig "mit unserer Abrüstungspolitik als Teil einer größeren Sicherheitspolitik" überein. Man könne mit der Unterzeichnung auch die Kooperation mit Atomwaffenstaaten fortsetzen: "Unter unserer Interpretation von 'Unterstützung' ist unsere Verteidigungskooperation mit Atomwaffenstaaten von dem Abkommen nicht betroffen, da sie Atomwaffen nicht einschließt. … Unser Einsatz für Abrüstung kann Hand in Hand gehen mit einer verantwortlichen Sicherheitskooperation."

Eben deren Aufkündigung droht Mattis an, wobei die schwedische Position nicht mehr als scheinheilig genannt werden kann. Man würde sich gerne ein moralisches Mäntelchen umhängen wollen, weil man doch für eine atomwaffenfreie Welt eintritt, aber dadurch soll sich realpolitisch nichts ändern. Das sieht man im Pentagon nicht so. Sprecher Johnny Michael erklärte, die USA hätten große Problem mit dem Atomwaffenverbotsabkommen. Man würde Staaten drängen, das Abkommen nicht zu unterzeichnen. Das würde letztlich auch den Atomwaffensperrvertrag unterlaufen. Eine Behauptung, die natürlich absurd ist.

Schweden will bis 2020 die Rüstungsausgaben um 11 Prozent erhöhen. Weil bei der Umstellung auf eine reine Berufsarmee nicht mehr ausreichend junge Menschen rekrutiert werden können, wird ab 1. Januar wieder die Wehrpflicht eingeführt - gleichermaßen für Männer und Frauen.