Die SPD im Wahlkampf

Grafik: TP

Parolen, Plakate - und Probleme, Teil 2

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Bei der SPD scheint sich immer mehr abzuzeichnen, dass Martin Schulz nur so lange ein geeigneter Kanzlerkandidat war, so lange ihn kaum jemand kannte. Ein gutes halbes Jahr und zahlreiche Fernsehauftritte später muss seine Partei den Umfragen nach fürchten, mit ihm ihr schlechtestes Nachkriegsergebnis einzufahren. In Zeitungen titelt man bereits: "Spannend ist nicht, ob die SPD verliert - sondern wie hoch" - und in Sozialen Medien ergänzt man Schulz' vor der Kanzlerkandidatur geäußerten Satz: "Mein Platz ist in Brüssel" mit: "Würselen. Das Nest heißt Würselen."

Andere SPD-Spitzenpolitiker agieren jedoch kaum glücklicher: Manuela Schwesig konterkarierte die SPD-Bildungspolitikvorstellungen beispielsweise dadurch, dass sie ihren Sohn auf eine Privatschule schickte, und Justizminister Heiko Maas erließ ein (am 7. September ohne Einspruch des Bundespräsidenten im Bundesgesetzblatt veröffentlichtes) Gesetz gegen "Hate Speech" und "Fake News", über das die Neue Juristische Wochenschrift (BJW), die wichtigste juristische Wachzeitschrift in Deutschland, gerade befand, es stehe "nicht in Einklang mit höherrangigem Recht" - und zwar weder auf europäischer noch auf nationaler Ebene.

Bumerangbegriff "Fake News"

Der exzessiv benutzte Begriff "Fake News" (den man inzwischen durch "toxische Narrative" zu ersetzen versucht), erwies sich für die SPD als Bumerang, weil er sich von Bürgern auch auf die zahlreichen kleinen und großen Un- und Halbwahrheiten anwenden ließ, die Politiker regelmäßig von sich geben. Als Sigmar Gabriel beispielsweise suggerierte, Erdoğan-Anhänger hätten nach seiner Kritik an der Politik des türkischen Staatspräsidenten telefonisch seine Frau belästigt, obwohl es in Wirklichkeit nur ein "stadtbekannter Pöbler" war, hieß es auf Twitter beispielsweise: "Tja, da hat der Siggi wohl mal astreine Fake News verbreitet, um sich wichtig zu machen - Heiko, bitte übernehmen".

Trotzdem propagiert Bundesfamilienministerin Katarina Barley tapfer die längst auch von etablierten Medien widerlegte Fake News der SPD-Plakatkampagne, der zufolge Frauen bei gleicher Leistung 21% weniger als Männer verdienen sollen. (vgl. Die 21% des Martin Schulz). Wären Männer bei gleicher Leistung wirklich sagenhafte 21% teurer, würden ökonomiebewusste Firmen vermutlich keine Männer mehr einstellen. Barleys unbeholfener Versuch, die erstaunliche Zahl mit einem "unbereinigtem Gender Pay Gap" zu verteidigen, wirft die Frage auf, ob und wie Barley denn Frauen in sogenannten "harten Männerberufen" wie Müllfrau, Seefrau und Bergfrau unterbringen möchte. Auch, dass Schulz diesen Gender Pay Gap als Vater seiner Töchter ansprach, kam in Sozialen Medien eher nicht so gut an. Dort hielt man ihm entgegen: "Als junge Frau ohne Kinder fühle ich mich echt ernst genommen wenn die SPD lieber mit meinen Eltern über mein Gehalt redet als mit mir."

Problemstadt Berlin

Besondere Probleme macht den Sozialdemokraten ihr Berliner Landesverband: Das Simon-Wiesenthal-Zentrum in Los Angeles erwog beispielsweise kurz aber aufmerksamkeitswirksam, den dortigen Regierenden Bürgermeister Michael Müller auf seine Antisemitenliste zu setzen. Anlass dafür war Müllers Duldung von Berliner Sozialdemokraten wie Mohamed Ibrahim (der zum Boykott israelischer Waren aufrief und sich in der Öffentlichkeit mit dem extremistischen Salafisten und verurteilten Terroristen Bernhard Falk zeigte) und Faten El-Dabbas (die Israel mit dem IS verglich und auf einer Festveranstaltung für eine Palästinenserorganisation auftrat, die beim Massaker von Ma'alot 22 Kindergeiseln umbrachte).

Ein anderer Berliner, der ehemalige Kultur-Staatssekretär Tim Renner, der auf dem unsicheren Platz sechs der Berliner SPD-Liste steht, trat letzte Woche mit einer Forderung an die Öffentlichkeit, die den Sozialdemokraten in einigen Berliner Vierteln zwar Wählerstimmen bringen könnte, aber anderswo eher Missbrauchsängste weckt: Renner sieht die Berliner "Kunstszene" als "Opfer ihres eigenen Erfolgs" und möchte den bereits existierenden "Milieuschutz", der seiner Ansicht nach "noch zu wenig von den Bezirksstadträten genutzt wird", einen besonderen "Mieterschutz" für Künstler zur Seite stellen, um diese "vor dem Verlust ihres Wohn- und Arbeitsraumes zu schützen". Dass man damit Investoren vertreibt ist seinen Worten nach "Bullshit", weil die Investoren wegen der Künstler kämen.