Fortschritt auf dem Weg zur Datenspeicherung mit Einzelmolekülmagneten

Dysprosocenium: Ein Dysprosium(III)-Ion als Sandwicheinlage zweier substituierter Cyclopentadienyl-Liganden. Der Molekülkomplex wird als Borat-Salz auskristallisiert. Bild: Bernd Schröder

Britische Wissenschaftler stellen Seltenerdmetallkomplex vor, der praktikable Anwendungen in die Nähe rücken lässt

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Kleinere und energieeffizientere Geräte für eine Datenspeicherung mit hoher Speicherdichte gelten als eine der wichtigsten aktuellen technologischen Herausforderungen, zum Beispiel in der Entwicklung neuer Supercomputer oder Smartphones.

Das Potential einer auf molekularer Datenspeicherung basierenden Technologie, die das leisten kann, erachtenWissenschaftler als groß: 30 Terabits Daten und mehr könnten pro Quadratzentimeter gespeichert werden - das sind 25.000 GB Informationen, die in etwa auf einem Gerät der Größe eines USB-Speicher-Sticks Platz fänden, verglichen mit Apples neuestem iPhone 7 mit einer maximalen Speicherkapazität von 256 GB.

Ein Molekül, ein Bit

Wissenschaftler der Universität Manchester haben jetzt demonstriert, dass die Speicherung von Daten mit einer Klasse von Molekülen, die als Einzelmolekülmagnete (single-molecule magnets) bekannt sind, machbarer scheint als bisher angenommen. Sie können je einen einzelnen Bit an Information speichern und nähren die Hoffnung, bisher nicht gekannte Datendichten zu erreichen.

Der Gesamtspin des Moleküls hat aufgrund dessen Struktur eine bevorzugte Ausrichtung - das Molekül kann in einem angelegten Magnetfeld magnetisiert werden. Die erreichte Magnetisierung hält sich nach Abschalten des äußeren Feldes zeitweilig und ist abhängig von den Eigenschaften des Einzelmoleküls. Wichtige Kenngröße dabei ist jene Temperatur, oberhalb derer keine Magnetisierung beobachtet werden kann.

Die Wissenschaftler um David Mills und Nicholas Chilton zeigen in Nature, dass eine magnetische Hysterese, die als eine Art Memory-Effekt die Voraussetzung für die Datenspeicherung ist, in den von ihnen hergestellten Molekülen bei -213 °C möglich ist.

Damit rückt eine wirtschaftlich praktikable Datenspeicherung mit einzelnen Molekülen in Reichweite, weil die Datenserver dann mit relativ preiswertem Flüssigstickstoff bei -196 °C anstelle mit weit teurerem flüssigem Helium (-269 °C) gekühlt werden könnten. In den 25 Jahren, die seit der Entdeckung von Einzelmolekülmagneten vergangen sind, konnte die Hysterese-Temperatur lediglich auf den 2011 aufgestellten bisherigen Rekord von -259 °C angehoben werden.

Die Wissenschaftler aus Manchester setzten in ihren Arbeiten auf Dysprosium. Dysprosium besitzt eins der größten magnetischen Momente aller Elemente überhaupt und wird Neodym-basierten Dauermagneten zur Verbesserung ihres thermischen Verhaltens beigegeben. Einzelmolekülmagnete auf der Basis von Lanthanoidatomen, die Teil der Seltenerdmetall-Familie sind, gelten heute als diejenigen, mit denen sich Einzelmolekülmagnetismus bei relativ hohen Temperaturen erreichen lässt.

Eine Erkenntnis der gerade vorgestellten Arbeiten: um magnetische Eigenschaften auch bei höheren Temperaturen zu gewährleisten, muss die Molekülsymmetrie sorgfältig gestaltet werden. Die Symmetrie beeinflusst die räumliche Verteilung der Ligandenelektronen relativ zu den Elektronen des Metallions. Die Wissenschaftler vermuten, dass es die Bindung des Metalls zu den Liganden und die Kopplung des magnetischen Moments des Dysprosium-Ions mit Molekülschwingungen innerhalb des Komplexes sind, die ihrem Molekül so herausragende magnetische Eigenschaften verleihen.

Die Wissenschaftler in Manchester konzentrieren sich jetzt auf die Herstellung weiterer neuer Einzelmolekülmagnete, mit denen sich noch höhere Betriebstemperaturen erreichen lassen, die idealerweise im Temperaturbereich von flüssigem Stickstoffs liegen. Sollte das funktionieren, entspräche das aus ihrer Sicht in seiner Bedeutung der Entwicklung der ersten Hochtemperatursupraleiter 1987/ 1988, die mit Flüssigstickstoff gekühlt im supraleitenden Zustand gehalten werden konnten.