Saudis wollen Atomkraftwerke bauen lassen

Kernkraftwerk in Wolsong (Südkorea). Foto: Korea Wolsong NPP / IAEA Imagebank. Lizenz: CC BY-SA 2.0

Südkorea, China, Frankreich und Russland konkurrieren um Auftrag

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Bei der 2010 ins Leben gerufene saudische Atombehörde KACARE können sich Medienberichten nach ab Oktober Unternehmen für den Bau von zwei Kernkraftwerken bewerben. Die Behörde selbst bestätigt bislang lediglich technische und ökonomische Machbarkeits- und Standortstudien, deren Grundlage sein soll, dass die Kraftwerke in dünn besiedelten Gebieten fernab großer Städte errichtet werden. Dort will man auch nach Uranvorkommen suchen, die das Land unabhängig von Importen machen würden. Im nächsten Jahr soll außerdem eine Atomsicherheitsbehörde eingerichtet werden, die die Saudis nach dem Vorbild der finnischen STUK gestalten wollen.

Einheimische Atomkraftwerke sollen KACARE nach bis 2032 insgesamt 17,6 Gigawatt an Strom liefern. Mit den derzeitigen Standards wären dazu jedoch nicht nur zwei, sondern zwischen zehn und zwanzig Reaktoren nötig. Obwohl Hashim bin Abdullah Yamani, der Präsident der KACARE, auf der diese Woche in Wien stattfindenden Generalkonferenz der Internationalen Atombehörde IAEA das Augenmerk auf eine Zusammenarbeit mit Südkorea und China lenkte (wo man neue gasgekühlte Hochtemperaturreaktoren zur Meerwasserentsalzung entwickeln soll), werden auch der französische Areva-Eigner EDF und der russische Staatskonzern Rosatom als mögliche Auftragnehmer gehandelt. Das japanische Unternehmen Toshiba, das sich 2006 den amerikanischen Kernkraftwerkshersteller Westinghouse einverleibte, dürfte nach erheblichen finanziellen Schwierigkeiten mit dieser Betriebssparte eher geringe Chancen haben.

Südkorea

Südkorea hat auf der arabischen Halbinsel bereits einen Atomkraftwerks-Brückenkopf: Ein südkoreanisches Konsortium hatte 2009 den Zuschlag für den Bau von vier 1.400-Megawatt-Reaktoren in den Vereinigten Arabischen Emiraten bekommen, von denen der erste im nächsten Jahr den Betrieb aufnehmen soll.

CNNC

Die China National Nuclear Corporation (CNNC) baut oder plant derzeit unter anderem Reaktoren in Pakistan, Argentinien, Brasilien und im Sudan. In seinem Mutterland betreibt das Unternehmen bislang 38 Reaktoren, von denen acht 2015 und weitere fünf 2016 ans Netz gingen. Über 20 weitere befinden sich im Bau. Nach Eigenentwicklungen wie dem Hualong 1 und dem CAP1400 forscht man dort inzwischen auch an schwimmenden Kernkraftwerken.

EDF

Der vom französischen Staat beherrschte Konzern Électricité de France (EDF), der die EPR-Druckwasserreaktoren von Areva vermarktet, errichtet aktuell zwei dieser Reaktoren im südchinesischen Taushan und einen in Finnland. Außerdem führt er nach eigenen Angaben Gespräche über den Bau von sechs weiteren in Indien, wo man den 22 fertigen und sechs im Bau befindlichen Reaktoren verschiedener Anbieter noch mindestens 19 weitere hinzufügen will. In Frankreich selbst soll der Druckwasserreaktor Flamanville demnächst ans Netz gehen (vgl. AKW-Flamanville: Trotz großer Sicherheitsprobleme ans Netz?).

Rosatom

Russland baut oder plant derzeit Atomkraftwerke in Indien, der Türkei (vgl. Russland und Türkei - Beginn einer Freundschaft?), Armenien, dem Iran, Ägypten, Jordanien und Bangladesch. In Finnland wartet das Unternehmen noch auf eine Genehmigung zum Bau eines Reaktors in Hanhikivi, der 2018 beginnen soll.

Reaktor-Revival in der Weltraumtechnologie

Im Rosatom-Mutterland baut oder plant man 25 Kernkraftwerke - darunter mehrere, die alte Energielieferanten aus der Sowjetzeit ersetzen sollen, aber auch den bleigekühlten schnellen Demonstrationsreaktor Brest-OD-300 im sibirischen Chemiekombinat Seversk, der Teil des Projekts "Proryve" ("Durchbruch") ist, an dem sich über 20 wissenschaftliche Einrichtungen beteiligen. Das Projekt stand Medienberichten nach schon auf der Kippe. Angeblich hielt man auch wegen der Sanktionen gegen Russland an ihm fest, um zu erforschen, wie sich der Umgang mit knappen Ressourcen wie Uran optimieren lässt.

Darüber hinaus hat die russische Weltraumbehörde Roskosmos in Zusammenarbeit mit Rosatom 2009 die Anfang der 1990er Jahre eingestellte Entwicklung von Reaktoren für die Weltraumfahrt wieder aufgenommen. Sie arbeitet an einem nuklear-elektrischen Antriebssystem (NPPS) mit einer elektrischen Referenzleistung von einem Megawatt. Die amerikanische NASA, die die Entwicklung ebenfalls zeitweise aufgegeben hatte, testet gerade einen "Kilowatt Reactor Using Stirling TechnologY", dessen Akronym "KRUSTY" sich nicht nur amerikanische Fernsehzuschauer leicht merken können.