Unabhängigkeit: Poker um Votum im irakischen Kurdistan geht weiter

Veranstaltung in Sulaimani. Bild: Kurdistan 24/Twitter

Alle Signale von Barzani stehen auf Durchführung des Volksentscheids. Doch werden die Türen für Verhandlungen mit Bagdad "offen gehalten"

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Es gibt einige Experten, die davon ausgehen, dass der kurdische Clanführer Masud Barzani mit dem Referendum zur Unabhängigkeit hoch pokert, um möglichst hochgetriebene Forderungen durchzusetzen, und die Volksbefragung am kommenden Montag, den 25. September, doch noch absagen werde, schließlich gebe es ja fast nur Gegner des Referendums. Doch von Barzani kommen bislang ganz andere Signale.

"Das Referendum liegt nicht mehr in meinen Händen oder bei den politischen Parteien. Es ist nun in euren Händen", sagte er bei einer Großveranstaltung am heutigen Freitag vor etwa 40.000 Besuchern. Man sei bereit für ernsthafte Verhandlungen mit der irakischen Regierung, aber erst nach dem 25. September, nun sei es zu spät.

Am gestrigen Donnerstag war der Hohe Rat für das Referendum zusammengetroffen und hatte gleichlautende Entschlüsse gefasst: Erstens werde das Referendum abgehalten, da man keine bessere Alternative angeboten bekommen habe - es sei denn, dass eine "vollkommene Garantie für die Unabhängigkeit" angeboten würde. Zweitens seien "alle Türen für einen Dialog mit Bagdad offen".

Das Letztere deutet einen gewissen Spielraum an und den wichtigsten Adressaten der Forderungen von Barzani. Ein Bericht von al-Monitor erhärtet dies. Er geht sogar noch weiter. Nach Informationen des Mediums sei "noch nichts definitiv", Diskussionen würden weiter geführt. Die Quelle dafür ist allerdings nur ein nicht genannter Offizieller. Es heißt in dem Bericht aber auch, dass Barzani am morgigen Samstag eine Pressekonferenz halten wird, bei der erwartet werde, dass er definitiv mitteilen werde, ob das kontroverse Votum stattfinden wird.

Allerdings hat Barzani die Latte für einen Rücktritt vom Referendum sehr hoch gehängt. In den letzten Tagen fanden Großveranstaltungen zum Referendum mit enthusiastischen Teilnehmern statt, denen er immer wieder versicherte, dass der Volksentscheid stattfinden werde. Es gehe darum, ob man ein Leben in "Unterordnung" führen wolle oder in "Freiheit", sagte er am Freitag. Das begrenzt die Spielräume.

Dem Guardian sagte Barzani in einem aktuellen Interview, das ebenfalls am Freitag erschien, dass es für einen Aufschub des Referendums ein Angebot über eine Lösung geben müsse, die von einem UN-Mandat untermauert wird - mit einer konkreten vorgeschriebenen Agenda und einem Zeitplan.

Zuletzt hatte sich der UN-Sicherheitsrat am Donnerstag gegen das Unabhängigkeitsreferendum in der autonomen Kurdenregion im Nordirak ausgesprochen - einstimmig:

In einer einstimmig verabschiedeten Erklärung, in der das Wort Unabhängigkeit nicht vorkommt, drückte das 15-köpfige Gremium seine Sorge über die "potenziell destabilisierende" Wirkung einer solchen Abstimmung aus.

Die Zeit

Auch von iranischer Seite wurde noch einmal deutlich gemacht, dass man entschieden gegen das Referendum ist. Der bekannte General Qassem Soleimani, der sich am Freitag in der irakisch-kurdischen Provinz Sulaimaniyyah aufhielt und auf dem Weg zur Hauptstadt Erbil war, wird - laut einer Quelle - damit wiedergegeben, dass Iran ernsthaft gegen die Pläne stehe und davor warne, das Referendum durchzuführen.

Anderseits soll Soleimani den kurdischen Vertretern berichtet haben, dass Iran die Regierung in Bagdad unter Druck setze, damit diese kurdische Forderungen akzeptiere.