Kosten für Diesel-Updates steuerlich absetzbar

Die deutsche Autoindustrie kann die Kosten für die Software-Updates bei Millionen Dieselautos von der Steuer absetzen. „Die den Herstellern entstehenden Kosten sind bilanzrechtlich Betriebsausgaben der Unternehmen“, antwortete Wirtschafts-Staatssekretär Baake

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AGR-Ventil von Pierburg

(Bild: Pierburg)

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Von
  • Martin Franz

Über das AGR-Ventil wird die Abgas-Menge gesteuert, die zurück in den Ansaugtrakt kommt. Mit einer höheren Rate sinkt die Brennraumtemperatur - und damit der Stickoxid-Eintrag im Rohabgas.

(Bild: Pierburg)

Die deutsche Autoindustrie kann die Kosten für die Software-Updates bei Millionen Dieselautos von der Steuer absetzen. Das geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Linken hervor. „Die den Herstellern entstehenden Kosten sind bilanzrechtlich Betriebsausgaben der Unternehmen“, antwortete Wirtschafts-Staatssekretär Rainer Baake in einem Schreiben, das der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Informationen zur Höhe der entstehenden Kosten habe die Bundesregierung nicht.

Die Hersteller können somit ihren Gewinn um die Kosten für die über fünf Millionen Software-Nachrüstungen mindern. Allein bei Updatekosten von 100 bis 200 Euro je Fahrzeug ließe sich der Gewinn branchenweit um bis zu eine Milliarde Euro mindern und ein dreistelliger Millionenbetrag an Steuern sparen, schrieb die Süddeutsche Zeitung. Auch die „Umweltprämien“ der Branche beim Kauf neuer Diesel-Fahrzeuge, und damit die selbst gewährten Rabatte, gelten nach Angaben aus Regierungskreisen als absetzbar.

Damit dürften die Verursacher die Folgen der Abgas-Affäre steuerlich geltend machen, nicht aber die Betroffenen. Unternehmen oder Privatpersonen können eine mögliche Wertminderung ihrer Fahrzeuge nicht absetzen. Das hatte die Regierung nach Beginn der Affäre im Fall Volkswagen klar gestellt. Die Opposition kritisiert das Vorgehen heftig. Die Autokäufer blieben auf ihrem Schaden sitzen und mit ihren Steuern werde die Autoindustrie alimentiert, sagte Linken-Verkehrspolitiker Herbert Behrens.

Beim Dieselgipfel von Bund, Ländern und Autobranche Anfang August 2017 hatten die deutschen Hersteller neue Abgas-Software für zusätzliche 2,8 Millionen Wagen zugesagt. Bei 2,5 Millionen VW-Dieseln ist dies amtlich angeordnet. Viele Experten halten dies nicht für ausreichend, um drohende Fahrverbote in vielen Städten wegen der hohen Stickoxid-Belastung zu verhindern. So waren Forderungen auch nach Umbauten an den Fahrzeugen aufgekommen.

Der Karlsruher Motorenbau-Professor Thomas Koch allerdings hält eine Hardware-Nachrüstung alter Diesel für unsinnig. Bei Nachrüstlösungen „kann man die Uhr danach stellen, bis sich in der Flotte Systemausfälle einstellen würden“, sagte Koch der dpa. Sicherheitsrelevante Teile, das elektrische Bordnetz, Partikelfilter und vieles mehr seien betroffen. Den Stickoxid-Ausstoß durch Nachrüst-SCR-Katalysatoren mit Harnstofftanks zu senken, mache die Autos schlechter und sei keine seriöse Lösung.

Doch auch die Software-Lösung keineswegs unproblematisch. Mit ihr wird im Wesentlichen die Abgasrückführrate angehoben. Dies senkt den Stickoxid-Ausstoß zwar tatsächlich, führt aber zu neuen Problemen. Denn das Abgasrückführventil (AGR-Ventil) ist in der Regel auf diese erhöhte Abgasmengen nicht ausgelegt. Eine Versottung von AGR-Ventil und Ansaugbrücke droht. Dazu steigt der Rußeintrag im Rohabgas, der Partikelfilter muss den aufgefangenen Ruß also öfter abbrennen, was nicht nur den Verbrauch erhöht. Langfristig wird der Filter auch schneller mit Asche zugesetzt sein und muss dann gereinigt oder getauscht werden.

Laut ADAC könnten in ein Dutzend Modellreihen mit Euro-5- Dieselmotoren nachträglich Euro-6-SCR-Katalysatoren eingebaut werden, weil der erforderliche Bauraum vorhanden sei. Der Leiter des ADAC-Technikzentrums Landshut, Reinhard Kolke, hatte der Süddeutschen Zeitung gesagt: „Diese Abgasreinigungssysteme liegen also im Ersatzteilregal, sind zugelassen und können verbaut werden, weil sie auf die Automodelle angepasst wurden.“

Koch sprach von „Bastellösungen“. „Da gibt es an 100 Ecken und Enden Fragen“, sagte der Professor, der das Institut für Kolbenmaschinen am Karlsruher KIT leitet. Kolkes Aussage spiegle die Komplexität des Themas nicht ansatzweise wider. Die Autoindustrie lehnt nachträgliche Umbauten wegen des technischen und wirtschaftlichen Aufwands ab und bietet stattdessen Umtauschprämien für alte Dieselautos sowie Software-Updates an, die den Stickoxid-Ausstoß um bis zu 25 Prozent senken sollen.

(mit Material der dpa) (mfz)