Bundesregierung kürzt Fördergelder für Ditib um 80 Prozent

DİTİB-Zentralmoschee in Köln. Bild: © Raimond Spekking / CC BY-SA 4.0

Nach der Spitzelaffäre ist das Verhältnis zwischen dem türkisch-islamischen Dachverband und der Regierung auf Sparflamme gesetzt

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Die Bundesregierung hat die Förderung des Dachverbandes türkisch-islamischer Moscheegemeinden Ditib für das Jahr 2018 deutlich gekürzt. Laut einer Antwort des Bundesinnenministeriums auf eine Parlamentarische Anfrage der Grünen, auf die sich ein Bericht des Kölner Stadtanzeigers beruft, gibt es für das kommende Jahr nur mehr Fördermittel für die Ditib in Höhe von 297.500 Euro.

Für 2017 seien ausweislich der Zahlen des Ministeriums noch Zahlungen in Gesamthöhe von 1,47 Millionen Euro an die Ditib-Zentrale sowie Teilverbände geleistet worden. 2016 gingen noch 3,27 Millionen Euro an die "Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion" wie der Dachverband, ein eingetragener Verein, mit vollem Namen auf Deutsch übersetzt wird.

Die Kürzung ist drastisch. Daran zeigt sich, wie sehr sich das Verhältnis zwischen Regierung und Ditib verändert hat. Der Putsch in der Türkei im Juli 2016 spielt da wesentlich hinein, aber vor allem "Verhaltensauffälligkeiten" des Vereins, der damit bestätigte, was ihm zuvor schon zum Vorwurf gemacht wurde: Dass er ein verlängerter Arm der Regierung Erdogan ist, wie sich das auch in der Organisation und institutionell wiederspiegelt.

Die Spitzelaffäre

Ditib bestätigte die Verbindungen mit einer Schnüffelaffäre in bemerkenswerter Art und Weise: Imame des Vereins sollen im Auftrag der staatlichen türkischen Religionsbehörde "Spitzelberichte über unliebsame Personen wie angebliche Gülen-Anhänger" nach Ankara gesandt haben.

Dies wurde dem Verein durch Berichte wie etwa vom in der Türkei inhaftierten Welt-Journalisten Deniz Yücel vorgeworfen. Von Beweismaterial war die Rede, das der Grünen-Politiker Volker Beck im Dezember 2016 an die Bundesanwaltschaft geschickt hatte. Eine Verordnung von Diyanet vom 5. September 2016 wird als Grundlage dafür angeführt, dass Diyanet-Bedienstete, zu denen auch Ditib-Imame gehören, auch im Ausland dazu verpflichtet seien, "über Aktivitäten von Gruppen wie der Gülen-Bewegung, der PKK und dem sogenannten Islamischen Staat, die als terroristisch bewertet werden, Bericht zu erstatten" (siehe dazu: Ditib-Spitzelaffäre: Wie viel Spielraum gibt die Bundesregierung?).

Mindestens 13 Imame in Düsseldorf, Köln und München sollen Berichte über 33 Gemeindemitglieder und Lehrer mit angeblichem Gülen-Bezug an die Diyanet-Behörde in Ankara weitergeleitet haben, hieß es im März dieses Jahres.

Zugleich wurde deutlich, dass sich die Konsequenzen in Grenzen hielten (siehe: Ditib: Bei den Ermittlungen wegen Spionage läuft erheblich viel schief). Zumal Verhaftungen scheiterten, da sich "spionageverdächtige Imame der Ditib konnten sich der Vernehmung und Strafverfolgung in Deutschland durch Flucht in die Türkei entziehen konnten".

Wachsendes Misstrauen

Das Ganze spielte sich in einem Klima ab, in der das Misstrauen gegenüber muslimischen Verbänden gestiegen war. Die Affären um Ditib bediente dies vollends - auch zum Vorteil einer "konservativen Agenda" deutscher Politiker, wie dies manche Beobachter akzentuierten.

Es gab viele Politiker, die sich für einen Abbruch der Partnerschaftsbeziehungen zu Ditib aussprachen. Der Dachverband ist ein wichtiger Teilnehmer der Islamkonferenz (von der man schon lange nichts mehr hörte). Julia Klöckner und Jens Spahn von der CDU sprachen sich für einen Abbruch der Beziehungen aus. Spahn fordert auch jetzt ein "komplettes Verbot staatlicher Geldzuwendungen an Religionsgemeinschaften aus dem Ausland", wie der Kölner Stadtanzeiger aktuell berichtet.

Auch Volker Beck von den Grünen, welcher der Bundesregierung und den Behörden öfter eine laxe Vorgehensweise in der Sache Ditib - und gegenüber anderen Muslimverbänden - vorgeworfen hat, wird im Zusammenhang mit den Fördergeldern mit den Vorwürfen "Fehlinvestitionen" und "religionspolitische Fehlgriffe" zitiert. Er wirft der Regierung vor, dass sie nur "fragmentarisch informiert" sei, ihr Wissensstand sei "gefährlich":

Der Staat muss wissen, mit wem er verhandelt, wenn es um Projektförderung, Seelsorge, Islam-Unterricht und gar die Anerkennung als Körperschaft des öffentlichen Rechts geht.

Volker Beck

Im März 2017 reagierte die Bundesregierung auf die Frage nach den Konsequenzen aus der Ditib-Diyanet-Spionage-Affäre (und "antisemitischer sowie antichristlicher Vorfällen mancher Ditib-Untergliederungen") mit der Aussage1, dass "es gerade in der derzeitigen Situation wichtig ist, im Gespräch zu bleiben".

Seither ist das Verhältnis zwischen der Türkei und Deutschland nicht einfacher geworden, ganz im Gegenteil. Zu den Spannungen, die noch gewachsen sind, gehört auch die Erfahrung, dass die Türkei immer wieder versucht, in Deutschland Einfluss auszuüben. Die deutliche Kürzung der Fördermittel macht anschaulich, wie dünn der Gesprächsfaden geworden ist.