Erdogan kündigt "ernsthafte Operation" in Syrien an

Nach offiziell nicht bestätigten Meldungen soll die Türkei für die Operation in Idlib die Grenzmauer zu Syrien teilweise abbauen. Quelle: Twitter

Verbündete FSA-Milizen sollen für Waffenruhe und Frieden in Idlib sorgen, wo die al-Qaida-Miliz al-Nusra die Kontrolle innehat. Hauptsächlich geht es der Türkei wieder einmal um die Kurden

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Nach den Worten des türkischen Präsidenten Erdogan ist eine "ernsthafte Operation in Idlib" im Gange, wie mehrere türkische und internationale Medien berichten. Reuters zitiert Erdogan mit den Worten: "Gegenwärtig führt die Freie Syrische Armee die Operation aus. Russland wird die Grenze außerhalb der Region Idlib sichern und wir werden das innerhalb regeln."

Präzisiert wird dies dann im Reuters-Bericht laut Erdogan damit, dass Russland die Operation aus der Luft unterstütze und die türkischen Streitkräfte innerhalb der türkischen Grenzen. Die Worte Erdogans, gerichtet an ein Treffen der AKP, hatten zunächst zu Aufregungen unter Beobachtern geführt, weil sie, wie auch in der Reuters Meldung aufscheint, suggerierten, dass "Russland und die Türkei zusammen gegen Hayat Tahrir al-Sham (einer Milizenallianz unter Leitung der al-Qaida-Truppe al-Nusra-Front, Einf. d.A.) kämpfen".

"Teil einer gemeinsamen Mission mit Russland und Iran"

Eine russisch-türkische Zusammenarbeit im weiteren Sinne liegt der Operation auch zugrunde, denn bei den Astana-Vereinbarungen wurde eine Deeskalationszone in Idlib beschlossen. Die Türkei als Garantiemacht der Opposition sollte sich um eben diese kümmern, Russland sollte ebenfalls auf die Einhaltung des Waffenstillstands achten. Ausgenommen von dem Waffenstillstand ist Hayat Tahrir al-Sham (HTS) aka al-Nusra, welche die Provinz beherrscht.

Wie die Sicherung der Zone konkret aussehen soll, ist in Einzelheiten nicht bekannt. Die Operation, die Erdogan nun ankündigte, wird von Berichten genau in diesen Astana-Kontext gesetzt. Laut Bloomberg sagte Erdogan, dass die Operation "Teil einer gemeinsamen Mission mit Russland und Iran sei, um den Waffenstillstand zu überwachen und die Rebellenbastion im Nordwesten Syriens zu befrieden". Auch Hurriyet verweist auf Astana-Vereinbarungen.

Meldungen in sozialen Netzwerken, wonach es am Samstagmorgen zu Schießereien an der syrisch-türkischen Grenze zwischen türkischen Streitkräften und Hayat Tahrir al-Sham-Milizen gekommen sein soll, regten dann Spekulationen an, dass auch türkische Truppen sich mehr in das Kampfgeschehen gegen HTS einmischen könnten. Das wurde dann weiter aufgebauscht durch Spekulationen über Erdogans Rede von der russischen Luft-Unterstützung.

Drohkulisse an der Grenze zu Syrien

Bislang sieht es aber nicht danach aus, also ob die türkische Armee nach Syrien einmarschieren würde, was von Baschar al-Assad wahrscheinlich auch nicht gewünscht wird. Erdogan verstärkt eine Drohkulisse. In Grenzregionen wie Reyhanli fuhren Panzer auf und wurden Truppen massiert. Nach Idlib entsandt werden sollen FSA-Einheiten, die schon bei der Operation Euphrates-Shield für die Türkei in Syrien gekämpft haben (z.B. die Hamza Brigade).

Die Berichte sind hier allerdings unstimmig. Während etwa Bloomberg berichtet, dass FSA-Milizen bereits über die Grenze gefahren sind und schon in der syrischen Provinz Idlib seien, ist bei Middle East Eye am Samstag zu lesen, dass FSA-Milizen wie Liwa al-Mutasem bereit seien und der "Einfall" unmittelbar bevorstehe, dass aber bislang noch keine Bewegung stattgefunden habe.

In dem Middle-East-Eye-Bericht wird allerdings, mit Videobildern von Panzern(!) unterlegt, behauptet, dass laut der Hamza-Brigade ein Konvoi ihrer Milizen schon nach Idlib unterwegs sei.

"Neue Pläne gegen die YPG in Nordsyrien"

Gegenüber all diesen Ungenauigkeiten und Spekulationen gibt es einen Bericht, der die Absicht bei dieser Operation am Genauesten treffen dürfte. Er kommt von der regierungsnahen türkischen Zeitung Daily Sabah und erklärt schon in der Überschrift, was Sache ist: "Die Türkei wird die YPG in Nordsyrien mit neuen Plänen für Idlib und Afrin aufhalten".

Es geht Erdogan, wie der Bericht ausführt, vor allem um einen Korridor, den die verbündeten FSA-Milizen in Syrien zwischen Afrin und anderen Kurdengebieten in Syrien errichten und halten sollen.

Wieweit die russische Unterstützung dabei geht, ist dann eine wirklich interessante Frage.