Military Schengen

M1A1 Abrams. Foto: US Navy

Was das Schengen-Abkommen für den zivilen Personenverkehr ist, das soll Military Schengen für die Bewegungsfreiheit der US-Truppen in Europa sein

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Die USA drängen darauf, dass sie sich mit ihren bewaffneten Truppenverbänden in Europa frei bewegen dürfen und nicht bei jedem Grenzübertritt in Zollformalitäten verwickelt werden. So meldete die New York Times am 6. August 2017, dass ein Militärkonvoi eines amerikanischen Logistikverbandes an der Landesgrenze des Nicht-Nato-Mitglieds mitten in einer Übung gestoppt worden sei. Die Behörden des neutralen Österreich hätten den Transport an einem Freitag zum Anhalten gezwungen. Erst am Montag habe man weiterfahren dürfen, weil hohes Verkehrsaufkommen zur Ferienzeit geherrscht habe. Der Konvoi sei auf dem Weg aus Deutschland nach Rumänien gewesen.

In der österreichischen Presse wurde am 1. Juni 2017 angekündigt, dass im Rahmen des Manövers "Saber Guardian 17" amerikanische und britische Truppen von Deutschland kommend nach Ungarn, Rumänien und Bulgarien verlegt werden. Als einzige Einschränkung der fremden Truppen galt, dass Zwischenstopps nur in Bundesheer-Liegenschaften zulässig seien. Über zolltechnische Probleme war im Zusammenhang mit diesen Transporten in Europa nichts zu erfahren. Bis 2020 wollen die Amerikaner freie Fahrt für westliche Nato-Einheiten. Man will seine Truppen im Zweifelsfalle schneller bewegen können als der Gegner, wenn es zum Krieg mit Russland kommt.

Die Forderungen kommen in erster Linie von General Ben Hodges, dem Oberkommandierenden der US-Landstreitkräfte für Europa. Seiner Meinung nach sind die US-geführten Nato-Truppen in Europa bei Übungen in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt, weil Zollformalitäten die US-Streitkräfte in die Knie zwingen. Die USA fordern die Bewegungsfreiheit nicht nur für die der Nato unterstellten Truppen, sondern auch für die Truppenteile, die zur Abschreckung Russlands nach Europa verlegt werden und nicht der Nato unterstellt sind.

Die EU will sich jetzt dieser Probleme annehmen. In diesem Zusammenhang sollen die bürokratischen Barrieren, um Soldaten und vor allem schweres Gerät innerhalb Europas schnell verlegen zu können, möglichst zügig gesenkt werden.

Technische Hindernisse

Neben den zolltechnische Hürden gefällt es den Amerikanern überhaupt nicht, dass die deutsche Verkehrsinfrastruktur nicht für die Ansprüche des US-Militärs ausgelegt ist. So sind Tunnelprofile nicht für die Durchfahrt von Panzern ausgelegt oder Brücken verfügen nicht über die für die Überfahrt von Panzern notwendige Tragkraft. Und dann müssen die US-amerikanischen Militärkonvois Umwege fahren, die in der Manöverplanung nicht vorgesehen waren.

In den vergangenen Jahrzehnten seien viele neue Straßen nur noch auf zivile Nutzung ausgelegt worden und nicht auf die Bewegung von Truppen und Ausrüstung, erwähnte kürzlich ein Vertreter der EU-Kommission. Die Infrastruktur sei oft ungeeignet für Gewicht und Höhe von Militärfahrzeugen, was zu langen und teuren Umwegen führe. Wie soll man sich auch auf die wiederentdeckte russische Bedrohung einstellen, wenn man nicht einmal so fahren kann, wie es dank GPS angezeigt wird.

Man greift jetzt auf die Historie zurück, wo Straßen eben nicht nur zur Erleichterung des Handels ausgebaut wurden, sondern auch zur schnellen Truppenverlagerung. Letzteres ist nach Ansicht der Militärplaner in den vergangenen 70 Jahren zu kurz gekommen und sollte jetzt schleunigst nachgeholt werden. Die EU-Kommission hat einen Plan zur Ertüchtigung des europäischen Verkehrsnetzes für militärische Transporte ausgearbeitet.

Sie will jetzt auch verkünden, welche rechtlichen und regulatorischen Hindernisse beseitigt werden müssen, um Truppenverbände rasch durch die EU zu schaffen. Dieser Vorstoß scheint bei der Nato hochwillkommen. Deren Verteidigungsminister beschlossen gerade die Einrichtung eines neuen Hauptquartiers für Bewegungen von Truppen und schwerem Gerät. Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg lässt sich mit den Worten zitieren, "militärische Mobilität könnte ein wirkliches Flaggschiff der NATO-EU-Zusammenarbeit werden."