Auf dem Weg zu einem kurdischen Staat?

Im Telepolis-Salon sprach Kamal Sido über die Unabhängigkeitsbestrebungen der Kurden

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Eingeladen haben wir den Historiker Kamal Sido als Gast zum Telepolis-Salon mit dem Thema "Separatismus oder die Sehnsucht, unter sich zu bleiben", der am 13. November im Lovelace stattfand. Er ist Kurde und im syrischen Afrin aufgewachsen, studierte in Moskau und lebt seit 1990 in Deutschland. Seit 2006 ist er Nahostreferent der Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) in Göttingen.

Thomas Pany sprach mit Kamal Sido über den Wunsch vieler Kurden nach einem eigenen Staat. Die irakischen Kurden haben vor kurzem ein Referendum durchgeführt. Fast alle, die an ihm teilgenommen haben, stimmten für die Loslösung vom Irak.

Das kurdische Volk, so Sido, ist nicht einheitlich, sondern vielfältig: sprachlich, religiös, politisch, kulturell. Die Kurden hätten deswegen auch Schwierigkeiten, sich zu einigen. Der Wunsch nach Unabhängigkeit werde durch die Verfolgung und die fehlende Akzeptanz der kurdischen Kultur verursacht. In Syrien hätten die Kurden Fakten geschaffen, bis 2011 gab es keine Schulen, in denen kurdisch gesprochen werden konnte. Im Irak versuche die Zentralregierung auch immer, kurdische Schulen zu schließen. Gegenwärtig spreche man in Bagdad nicht mehr von der kurdischen Regionalregierung oder Kurdistan, sondern nur noch von Nord-Irak. Durch das Verhalten der irakischen Regierung seien nun auch die Kurden, die erst einmal Nein zur Unabhängigkeit gesagt haben, für eine Loslösung. Die Zentralregierung habe aus der Abstimmung nichts gelernt und sei nicht auf die Kurden zugegangen.

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Kamal Sido glaubt nicht, dass es zu einem einheitlichen kurdischen Staat mit den kurdischen Gebieten in der Türkei, im Irak, in Syrien und Iran kommen wird. Er sei eher für den Föderalismus innerhalb eines Staates, aber darauf müssten die Zentralregierungen eingehen. Das Problem für die Kurden sei, dass es keine Partner gibt. Seine Angst ist, dass das Problem ungelöst bleibt und von den Ländern und auch international instrumentalisiert wird, um geopolitische Interessen durchzusetzen. Die von syrischen Kurden und der PKK umgesetzten Organisationsstrukturen etwa mit der Gleichberechtigung von Frauen und Männern widerspreche völlig den Idealen von Erdogan, der die Kurden ins 19. Jahrhundert zurückbomben wolle.

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