Keine schnellen Fortschritte auf der Klimakonferenz

Hindou Oumanou Ibrahim, Sprecherin der Association des Femmes Peules Autochtones du Tchad (AFPAT) (links) mit einer Teilnehmerin aus Kamerun (rechts). Foto: Annette Hauschild

Strittig sind Fragen der Finanzierung, Messung von Treibhausgasemissionen und Berichtspflichten

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Kurz vor dem Ende der Vertragsstaatenkonferenz im Rahmen des Abkommens von Paris zum Klimaschutz (Convention of the Parties - COP 23) in Bonn gibt es nur wenige befriedigende Ergebnisse für den Klimaschutz.

195 Nationen verhandelten über einen Fahrplan zur Umsetzung des Pariser Abkommens aus dem Jahr 2015 zur Bekämpfung des weltweiten Klimawandels. Das Pariser Abkommen sieht als Endziel vor, dass bis zum Jahr 2030 die Treibhausgasemissionen unter das Niveau des Jahres 1990 zurückgefahren werden sollen, um die Erderwärmung auf unter 2 Grad Celsius zu begrenzen. Dazu soll ein Regelwerk (rule book) geschaffen werden. Jedes Land hat bisher relativ freie Hand gehabt, zu entscheiden, welche Maßnahmen es für geeignet ansieht.

Weder bei den Finanzhilfen für Umweltschäden, zur Umstellung auf alternative Energien, wobei die Industrieländer Hilfe zugesagt hatten, noch bei dem Regelwerk herrscht zurzeit Einigkeit. Die Entwicklungsländer wollen UN-Generalsekretär Gutierrez bitten, zu intervenieren, damit die Industrieländer endlich den Zusatzvertrag von Doha zum Kyoto-Protokoll (Doha Amendment) unterzeichnen und die damit einhergehenden regulativen und finanziellen Verpflichtungen akzeptieren.

Die "Bonn"-Zone und die "Bula"-Zone

Ein Dorf aus weißen Zelten, Bühne der UN-Konferenz, bedeckte einen großen Teil des Rheinauenparks am Rheinufer in Bonn. Hier verhandelten zwei Wochen lang Delegierte aus 195 Nationen über Maßnahmen zum Kampf gegen den Klimawandel und seine befürchteten Folgen. Die Zelte teilten standen in zwei Zonen: In der "Bonn"-Zone fanden sich die Info-Pavillons der teilnehmenden Nationen, der Nichtregierungsorganisationen und beobachtenden Organisationen und wissenschaftlichen Institutionen. Die "Bula"-Zone war den Verhandlungen vorbehalten (Bula heißt auf Fidschianisch "Willkommen").

Eine fast unüberschaubare Anzahl von Veranstaltungen, nicht nur bei dem Alternativgipfel Peoples Climate Summit, der vor Beginn der UN-Konferenz stattfand, begleitete die Konferenz. Umweltverbände, Entwicklungshilfeorganisationen, Kampagnen, Wissenschaftler, Lobbygruppen veranstalteten Ausstellungen, Workshops, Exkursionen, Vorträge zu unterschiedlichen Themen, die auf der UN-Konferenz verhandelt wurden.

Ein ungewohnter Geist

Die Konferenz wurde von dem Präsidenten der Republik Fidschi, Frank Bainimarama, geleitet, weil Fidschi gegenwärtig den Vorsitz im Weltklimarat IPCC innehat. Da der kleine Inselstaat aber nicht die Möglichkeit hat, eine Konferenz von 195 Nationen auszurichten, fand sie am Sitz des UN-Klimasekretariats in Bonn statt.

Bainimarama leitete die Konferenz in dem Geist des "Tanaloa", das heißt auf Fidschianisch "Unterhaltung", "leichtfüßig". Er wurde nicht so stark abgeschirmt, wie man es von hohen deutschen Regierungsmitgliedern gewohnt ist, die bei öffentlichen Auftritten stets sechs Mann von der Sicherungsgruppe des Bundeskriminalamts um sich herum haben. An einem Abend traf er sich mit seinen Landsleuten am Pavillon vor dem Nachbau einer traditionellen Palmwedelhütte, der Chor sang und alle sangen und klatschten mit.

Er eröffnete die Konferenz mit einer traditionellen fidschianischen Zeremonie. Überhaupt gab es viele Zeremonien im Rahmen der Aktionen zum Klimagipfel, denn es waren auch die Pacific Climate Warriors da, allerdings bei den Protesten für den Kohleausstieg, und Vertreter von indianischen Stämmen aus Nord- und Südamerika. Es gab z.B. eine bezaubernd eingerichtete Ecke, die "Tanaloa"-Ecke in der Bonn-Zone, mit Wänden aus Moos und prachtvollen roten Ananasblüten, die viele Gäste, vor allem die weiblichen, begeisterte. Ein Ort zum Treffen und dem Austausch von Ideen und Meinungen, ganz im Sinne der polynesischen Tradition des informellen Gedankenaustausches

Großformatige Leuchtbilder zeigten Szenen aus dem Alltagsleben auf Fidschi: Bauern, Fischer, Kinder beim Schwimmen oder Spielen, traumhafte Strände, aber auch die riesigen Schäden der letzten verheerenden Tropenstürme und Überschwemmungen.

Sofortmaßnahmen verlangt

Erwartungsvoll waren viele Delegationen, vor allem aus den pazifischen Inselstaaten, nach Bonn gekommen. Bis zum Ende der ersten Woche, die den Vorverhandlungen auf Arbeitsebene über das Prozedere und die Tagesordnung der Konferenz vorbehalten war, hatte es einigen Streit unter den Delegationen gegeben. Das Pariser Abkommen greift erst ab dem Jahr 2020.

Daher fordern eine Reihe von Entwicklungsländern und Inselstaaten, die schon jetzt von schwersten Stürmen, Überschwemmungen und Dürren heimgesucht werden, Sofortmaßnahmen, die schon vor dem Jahr 2020 ("pre 2020") greifen und die Emissionen spürbar vermindern sollen.

Diese pre2020-Maßnahmen standen gar nicht auf der Agenda für die Bonner Konferenz, die Entwicklungsländer, unterstützt von China und Indien, wollten sie aber unbedingt zu einem offiziellen Tagesordnungspunkt machen. Das traf nicht gerade auf Gegenliebe bei den Industriestaaten, deren Energieversorgung stark von Kohle und Gas abhängig ist.

Zwei weitere wichtige Punkte waren der "Global Stocktake" und die Transparenz. Der Global Stocktake ist eine Bestandsaufnahme, wie weit die Länder ihre Emissionen tatsächlich vermindert haben. Dies soll international einheitlich werden. Jedes Land muss einen Jahresbericht über die Bemühungen zur Reduzierung von Treibhausgasen vorlegen. Bei der Transparenz ist vorgesehen, dass die Entwicklungsländer den Industrieländern gleichgestellt werden, was Messungen und Berichtspflichten betrifft. Das stößt jedoch bei letzteren auf Ablehnung.

Es ging nicht nur um CO2, sondern auch um Möglichkeiten, die Abgase aus Landwirtschaft, Transportwesen, speziell Schiffsdiesel, Methan, Lachgas sowie Schwefelhexafluorid und Stickstoff zu reduzieren. Damit beschäftigten sich Arbeitsgruppen am Rande der Konferenz.

Das Tauziehen um die Finanzierung von Schäden und Verlusten

Delegierte aus der Gruppe der am schwächsten entwickelten Staaten (LCDs, Least developed countries) beschwerten sich immer wieder, dass die Industrieländer, die ja eigentlich das Problem verursacht hatten, ihre Forderungen immer wieder ablehnen würden. Nun sind die Fragen der Finanzierung von Schäden und Verlusten bis 2018 verschoben worden, danach wollen die Staaten der Ersten Welt einen Expertendialog über Schäden und Verluste (loss and damages) durch Extremwetterereignisse einführen.

Der iranische Verhandlungsführer hatte etwa diese Hinhaltetaktik mit einem spöttischen Lächeln kritisiert.

Präsident Bainimarama schlug einen "Insuresilience"-Plan vor: Die von den Folgen des Klimawandels wie Tropenstürmen, Überschwemmungen, Dürren und Krankheiten betroffenen Länder sollen Versicherungen für Schäden durch Ernteausfall, Verlust von Land, Gebäuden, Infrastruktur und Menschenleben abschließen. Das aber hieße ebenfalls, dass die, die am wenigsten zum Treibhauseffekt beitragen, dennoch den größten Teil der Lasten tragen müssten.