"Kleinere Staaten sind handlungsfähiger"

Der Jurist Thomas Hummel, früher für die Bayernpartei aktiv, im Telepolis-Salon über Fragen des Völkerrechts, der internationalen Anerkennung und der territorialen Integrität - und die Unabhängigkeit von Bayern

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Der Jurist Thomas Hummel, früher für die Bayernpartei im Stadtrat München aktiv gewesen, war Gast im Telepolis-Salon "Separatismus oder die Sehnsucht, unter sich zu sein", der am 13. November in der Bar im Lovelace stattfand. Peter Mühlbauer sprach mit ihm über die mit dem Separatismus zusammenhängenden Fragen des Völkerrechts, der internationalen Anerkennung und der territorialen Integrität.

Für Hummel ist klar: "Kleinere Staaten sind handlungsfähiger." Das frühere "Großmachtsgehabe", dass sich die Bayern, die Preußen und die Hessen zusammentun sollen, "um dann den Franzosen besser des Schädel einschlagen zu können, das haben wir schon lange überwunden". Es sei nicht mehr entscheidend, ob man in einem Staatsgebilde wie Bayern in Deutschland ist oder nicht, Bayern habe immer schon gute Beziehungen zu seinem Nachbarn gehabt, das würde sich durch eine Unabhängigkeit auch nicht ändern, da die Kriegszeiten vorbei seien. Es gebe in Bayern eine "allgemeine Unzufriedenheit mit der Fremdbestimmung durch eine Politik aus Berlin". Die CSU gebe vor, sie wäre eine eigene Partei und nicht der "16. Landesverband der CDU". Bis zur Unabhängigkeit sei es aber "schon noch ein längerer Weg".

Die Doktrin der territorialen Integrität sage, dass Staaten so, wie sie sind, auch weiter bestehen sollen. Es soll keine Annexion und keine kriegerische Gebietserweiterung geben, innenpolitische Entscheidungen sollen ohne Einfluss von außen bleiben. Auf der anderen Seite aber gibt es das Selbstbestimmungsrecht der Völker. Das Konzept der territorialen Integrität sei stark im Kalten Krieg geworden, wo es zwei Machtblöcke gab und es relativ klar war, wer Freund und Feind war, und es war auch klar, was passiert, wenn der Frieden nicht hält. Dann könnte es einen Atomkrieg geben. Hier wollte man nicht zusätzlich noch kleine Konflikte schaffen, die den großen, aber einigermaßen stabilen Konflikt unterlaufen.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

Mit Ihrer Zustimmmung wird hier ein externes Video (Kaltura Inc.) geladen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen (Kaltura Inc.) übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Mühlbauer führte den Regierungssprecher Seibert an, der zu Katalonien sagte, die Bundesregierung werden wegen der territorialen Integrität und wegen der einseitigen Erklärung die Unabhängigkeit nicht anerkennen. Und er wies auf Staaten hin, die sich durchaus einseitig als unabhängig erklärt haben und anerkannt wurden, beispielsweise die USA. Das zeige den Unterschied zwischen Politik und dem Recht, sagt Hummel. Seibert benutze das Völkerrecht nur als Ausrede dafür, dass man sich politisch eher zu Spanien als zu Katalonien bekennt.

Als Ausnahme gibt es teilweise das Verständnis, dass dann, wenn eine Zentralregierung ein Volk oder eine Region unterdrückt, diese keine Vertretung besitzt oder gar terrorisiert wird, es sich abspalten darf: "Aber allgemein anerkannt ist hier sehr wenig." Auch die Rede von Völkern ist problematisch. Sind die Bayern ein Volk, gehören die Franken dazu? Stringent lasse sich das nicht lösen. Die kleinste Minderheit sei sowieso immer das Individuum. Beim Kosovo ging die Anerkennung sehr schnell. Ohne das Völkerrecht dafür besonders einzusetzen.