Putin fordert von Industrie schnelle Umstellung auf militärische Produktion

Der immer etwas leidende aussehende Präsident beim Treffen mit Vertretern der russischen militärisch-industriellen Komplexes. Bild: Kreml

Der russische Präsident will mit der Mobilisierung der großen Unternehmen die Lehre aus der großen Militärübung Zapad ziehen: Sieht sich Russland unmittelbar bedroht?

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Der russische Präsident Wladimir Putin will vor den Wahlen im kommenden Jahr offenbar noch schnell seinen Wiederaufstieg von einer Regionalmacht, wie Barack Obama Russland genannt hatte, zu einer auch im Ausland militärisch operierenden Weltmacht mit einem Erfolg der Intervention in Syrien krönen. Ob Putin wieder zur Präsidentschaftswahl antreten wird, hat er noch offen gelassen, es wird allerdings von allen vermutet. Währenddessen scheint der Einfluss auf die beiden separatistischen Volksrepubliken zu zerfallen. In Lugansk sind Konflikte ausgebrochen, gefordert wird eine Vereinigung der beiden "Volksrepubliken".

Zusammen mit dem iranischen und dem türkischen Präsidenten sucht Putin, der sich zuvor mit dem syrischen Präsidenten Assad in Sotchi getroffen hatte, gegenüber den amerikanischen und saudischen Interessen die Kontrolle über Syrien zu sichern - aber durchaus in weitgespannten diplomatischen Absprachen. In einer gemeinsamen Erklärung wird versichert, dass die militärische Niederschlagung des IS und anderer Terrorgruppen und die Einrichtung von Waffenstillstandszonen die Möglichkeit einer Normalisierung schaffe, um daraus durch einen Nationalen Dialog mit Einbezug großer Teile der Opposition eine politische Nachkriegsordnung zu entwickeln, in der Assad wohl weiter an der Macht bleiben wird. Vom Libanon war dabei zumindest nach außenhin nicht die Rede, wo sich möglicherweise der nächste Konflikt zusammenbraut ().

Traute Einigkeit. Bild: Kreml

Putin hatte die militärische Intervention nicht nur zur Durchsetzung geopoltischer Interessen im Nahen Osten und als Truppenübung in einem Krieg unter realen Bedingungen genutzt, sondern auch - wie das auch die Amerikaner machten - zur Vorführung russischer Waffensysteme, die so für Käufer, weil kampferprobt, interessanter werden. Russland fördert damit die eigene Rüstungsindustrie, den militärisch-industriellen Komplex, zu dem auch die Universitäten gehören, und allgemein die Wirtschaft.

Putins Plan scheint es zu sein, so auch neben dem Export von Öl, Gas und Atomkraft mit der Ausweitung der Waffenexporte ein neues wirtschaftliches und geopolitisches Standbein zu entwickeln. Denn größere Waffen- oder Verteidigungssysteme wie das Raketen und Luftabwehrsystem S-300 bzw. S-400 binden die Käufer an Russland. Sowohl Russland als auch die USA nutzen dabei ihre fortgeschrittenen Raketenabwehrsysteme, die bislang allerdings nur Versprechungen blieben, weil sie nicht unter realen Bedingungen eingesetzt wurden.

Ebenfalls gestern hat der hyperaktive Putin auch hohe Vertreter des Verteidigungsministeriums und der Rüstungsindustrie sowie Minister und Regionalpolitiker getroffen, um die Ergebnisse der großen Militärübung Zapad-2017 zu besprechen, die im September stattgefunden hat. Die hatten Nato-Vertreter und manche Politiker genutzt, um Ängste vor einer möglichen russischen Invasion zu schüren. Die Rede war von bis zu 100.000 Soldaten, die in Weißrussland zusammengezogen würden, um dann womöglich ähnlich wie auf der Krim in baltische Staaten einmarschieren oder die Suwalki-Lücke schließen könnten (Wer hat Angst vor dem russischen Manöver Zapad 2017?). Ähnliche Manöver hatten allerdings schon früher stattgefunden, permanent üben auch die Nato-Truppen an der Grenze zu Russland. Nach russischen Angaben haben daran nicht einmal 13.000 Soldaten teilgenommen. Die im Westen geschürte Aufregung erwies sich als Propaganda oder als Fake News.

Das Treffen mit den Vertretern des "Militär-Industrie Komplexes" (Sputnik) nutzte Putin, um eine Botschaft zu verbreiten, die aufhorchen lässt. Es sollen sich nämlich "alle großen Privat- und Staatsbetriebe Russlands", also nicht nur die Rüstungsindustrie, darauf vorbereiten, ihre Produktion auf die Herstellung von militärischen Produkten umzustellen. Das klingt so, als würde Putin Russland bedroht sehen oder als würde er einen größeren Konflikt für wahrscheinlich halten. Es könnte aber aber ein Versuch sein, gegen eine suggerierte Bedrohung die nationale Einheit zu beschwören.

Man habe bei Zapad nicht nur die militärische Bereitschaft geübt, sondern auch die Einbindung ziviler Strukturen, sagte Putin. So seien Reservisten aufgerufen und zivile Firmen einbezogen worden, die den Streitkräften Fahrzeuge und Ausrüstung geliefert und die Kommunikation geschützt hätten. Aber es sei auch darum gegangen, die Soldaten mit Lebensmitteln und Medizin zu versorgen. Es sei aber zu Problemen gekommen. Und an diesem Punkt fiel die Äußerung, dass die wirtschaftliche Bereitschaft, "die Produktion von militärischen Produkten und Diensten schnell zu erhöhen, ein entscheidendes Element der militärischen Sicherheit ist". Alle große Unternehmen, so forderte Putin, müssten in der Lage sein, diese Anforderung zu erfüllen.

Genaueres wird allerdings nicht mitgeteilt, abgesehen davon, dass Putin bereits in den Jahren zuvor Anweisungen erteilt habe, eine "Reserve von Material und technischen Ressourcen" aufzubauen und den Transport von Soldaten sicherzustellen. Die Anwesenden sollen darüber berichten, was sie erreicht haben und was noch aussteht. Das bleibt freilich Geheimnis. Man darf vermuten, dass Putin nicht zufrieden ist und mehr nationale Bereitschaft fordert.