Gunung-Agung-Ausbruch in Indonesien: 100.000 Menschen müssen Umgebung verlassen

Der Gunung Agung im Ruhezustand. Foto: Klaus Schrodt Lizenz: CC0

Große Vulkanausbrüche beeinflussen auch das Weltwetter

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Der Gunung Agung (übersetzt: "Hochberg") ist ein 3142 Meter hoher Vulkan auf der zu Indonesien gehörigen Insel Bali. Weil er nach 53 Jahren Ruhe erneut ausbricht, haben die Behörden heute etwa 100.000 Menschen in einem Umkreis von zwölf Kilometern Entfernung zum Vulkan dazu aufgefordert, das zur Sperrzone erklärte Areal umgehend zu verlassen. Erdbeben und andere Anzeichen dafür, dass der Gunung Agung wieder ausbricht, gibt es bereits seit dem 18. September. Am 21. September hatten deshalb bereits 120.000 Menschen das Umland des Berges verlassen - viele in ihnen waren im Oktober aber wieder zurückgekehrt, weil man die Alarmstufe zwischenzeitlich von Vier auf Drei heruntergesetzt hatte.

Wegen der vier Kilometer hohen Rauchsäule des Vulkans wurde außerdem der Flughafen in der Nähe der etwa 50 Kilometer vom Vulkan entfernten Inselhauptstadt Denpasar geschlossen, weshalb etwa 60.000 Reisewillige, die einen der über 400 ausgefallenen Flüge gebucht hatten, auf der Urlaubsinsel festsitzen.

Einheimische suchen die Schuld bei menstruierenden Touristinnen

Der Heidelberger Ethnologin Anette Hornbacher nach sehen viele Einheimische die Ursache des Ausbruchs nicht in unterirdischen Magmakammern, sondern in Touristinnen, die den "heiligen Berg" während ihrer Monatsblutung besteigen und dadurch oder durch Geschlechtsverkehr verunreinigen. Diese bereits 1963 beliebte Erklärung "dominiert" der Ethnologin nach "bis heute", weshalb Priester und Gläubige trotz der angeordneten Evakuierung in der Nähe des Berges blieben, Prozessionen abhielten, und Ziegen und andere Tiere im Vulkankrater opferten. 1963 hatte dieser Glaube fast 1.200 Opfer gefordert, weil die Bezirksregierung in Bali aus Rücksicht auf die Religion eine vom Vulkanologischen Dienst geforderte Evakuierung nicht rechtzeitig anordnete.

Wie stark der Ausbruch des Gunung Agung auf der neunstufigen Vergleichsskala sein wird, steht noch nicht fest. Auf ihr entspricht jede Stufe nach oben einer Verzehnfachung der Ausbruchsstärke. Der isländische Vulkan Eyjafjallajökull, der 2010 dafür sorgte, dass europaweit 7000 Flüge gestrichen wurden (vgl. Eyjafjallajökull! Ab ins Auto!), war mit der ihm zugewiesenen Stufe Vier nur ein Ausbruch von mittlerer Stärke. Zehn mal stärker explodierte 79 nach Christus der Vesuv, der die römischen Städte Herculaneum und Pompeji unter seinen Auswürfen begrub. Ein Ausbruch der Stufe Sechs war der des indonesischen Krakatau 1883.

Der Ausbruch des ebenfalls indonesischen Tambora im Frühjahr und Sommer 1815, dessen Explosion Zeitzeugen selbst 1.800 Kilometer entfernt hören konnten, erreichte sogar die Stufe Sieben und zeigte, dass ein Vulkanausbruch an einer einzigen Stelle der Erde genügt, um das Wetter auf der ganzen Welt massiv zu beeinflussen. An den direkten Folgen - also den von ihm freigesetzten Gas- und Aschewolken - starben geschätzt gut 10.000 Menschen. Durch die indirekten Auswirkungen verloren sehr viel mehr ihre Leben.

Jahr ohne Sommer

Der Tambora-Ausbruch sorgte nämlich mit seinem bis zu 40 Kilometer hoch in die Atmosphäre geblasenen Rauch dafür, dass sich im Jahr darauf das Wetter auf der ganzen Welt änderte: Im noch relativ nahe gelegenen Indien blieb erstmals seit Beginn der Aufzeichnungen der Monsun aus, ein Jahr darauf wütete die Cholera. Im weiter entfernten Europa freuten sich romantische Maler zwar über ein ungewöhnlich prächtiges Abendrot (das an den Staubpartikeln lag) - aber gewöhnliche Leute verhungerten in großer Zahl, weil der zweitkälteste Sommer seit 1400 das Getreide nicht reif werden und Kartoffeln auf den Feldern faulen ließ. Auch in Nordamerika litten in diesem Sommer, in dem es häufig schneite, viele Menschen Hungers.

Die Folgen der in die Stratosphäre und Atmosphäre gelangten Partikel können die Erdoberfläche einer Studie von 2014 nach bis zu 5 Jahre lang merklich abkühlen. Würde sich ein Ausbruch der Stärke Acht (wie es ihn vor ungefähr 26.500 Jahren im neuseeländischen Taupo-Vulkan und vor etwa 74.000 Jahren im indonesischen Toba-Vulkan gab) das Weltwetter so lange verschlechtern, könnten möglicherweise auch die landwirtschaftliche Technologie des 21. Jahrhunderts und der entwickeltere Welthandel nicht ausreichen, um auch in weiter vom Ausbruch entfernten Weltgegenden katastrophale Folgen zu vermeiden.