"Ronaldo" der EU-Finanzminister wird neuer Eurogruppenchef

Mario Centeno. Bild: EU

Der portugiesische "Anti-Schäuble" Mario Centeno hat sich mit erfolgreicher Anti-Austeritätspolitik einen Namen gemacht

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Den Portugiesen Mario Centeno kann man Bezwinger des ehemaligen deutschen Finanzminister Wolfgang Schäuble nennen. Seit zwei Jahren macht der Sozialist mit Regierungschef Antonío Costa eine erfolgreiche Politik, die von zwei linksradikalen Parteien gestützt wird. So konnte die Regierung des einstigen Rettungslandes das Defizit deutlich unter die Stabilitätsmarke drücken, während die Arbeitslosigkeit sinkt und die Wirtschaft nachhaltig wächst und Schulden frühzeitig zurückgezahlt werden können.

Der portugiesische Finanzminister ist erfolgreich, weil er dem Druck, der vor allem von Schäuble aus Berlin kam, standgehalten hat. Er hat die Politik schrittweise zurückgefahren, mit der die breite Bevölkerung über Kürzungen für Bankenrettungen und politische Fehler zur Kasse gebeten wurde. Von den Konservativen eingeführte Sondersteuern wurden abgeschafft, gekürzte Löhne und Renten wieder erhöht, womit Steuereinnahmen stiegen und die Sozialausgaben sanken.

Das war kein Hexenwerk. Das hatte der Ökonom und Mathematiker, der in Vila Real de Santo António in der südlichsten Ecke Portugals im Distrikt Faro geboren ist. unter anderem beim Studium an der Harvard Universität in den USA gelernt. Umgesetzt hat er Konzepte der Wirtschaftsnobelpreisträger Krugman und Stiglitz. Die hatten in der Krise den Austeritätskurs als "verrückt" bezeichnet und richtig vor "katastrophalen Folgen" wie in Griechenland gewarnt.

Centeno, Fußballfan und Anhänger von Benfica Lissabon, feiert am Donnerstag seinen 51. Geburtstag und kann dabei auch begießen, dass er im Januar neuer Chef der Eurogruppe wird. Das hat der bisherige Amtsinhaber Jeroen Dijsselbloem am Montag scheinbar versehentlich ausgeplaudert. Man kann hoffen, dass der Gastprofessor an der Universidade Nova de Lisboa und verheiratete Vater von drei Kindern auf dem neuen Posten ähnliche Akzente setzen kann, wie er es in Portugal geschafft hat, was dem Sozialdemokraten Dijsselbloem jedenfalls nicht gelang.

"Anti-Schäuble unter Europas Finanzministern"

Ceteno hat sich mit Schäuble angelegt. Und das führte dazu, dass der deshalb im Juni 2016 prognostizierte, Portugal werde bald wieder unter den Rettungsschirm müssen, weil Centeno die Austerität beerdigt hatte. Der von ihm ernannte Chef des Rettungsschirm Klaus Regling sekundierte, dass allein "Portugal ihm Sorgen macht."

Das lag fern jeder Realität und Portugal wurde durch eine vernünftige Politik aus dem Sumpf gezogen, weshalb Schäuble es sogar noch bestrafen wollte. Im vergangenen Sommer nannte Schäuble Centeno wegen seiner Erfolge plötzlich den "Ronaldo der Ecofin", um an dessen Erfolgen beteiligt zu werden.

Der Spanier Luis de Guindos, den Schäuble gern zum Eurogruppenchef gemacht hätte, blieb jedenfalls glanzlos. Der Konservative hält am Austeritätskurs fest, hat mit knapp 18% eine doppelt so hohe Arbeitslosigkeit im Land und bekommt auch das Defizit nicht in den Griff. Schäuble ist schon kein Finanzminister mehr und statt De Guindos wird der "Anti-Schäuble unter Europas Finanzministern" nun Eurogruppenchef, wie Sven Giegold, der wirtschafts- und finanzpolitische Sprecher der Grünen/EFA-Fraktion im Europäischen Parlament Centeno nennt und ihm gratuliert:

"Portugal hat Schäubles Austeritätsdogma erfolgreich widerlegt. Centeno hat gezeigt, dass nach den notwendigen Strukturreformen nicht sparen, sondern investieren der richtige Weg ist. Nicht obwohl, sondern weil Portugal Renten und untere Einkommen anhebt, erholt sich das Land. Wir sind auch froh, dass nicht wieder ein Kandidat aus einer Steueroase zum Zuge gekommen ist."

Eher erstaunlich ist, dass manche Kommentatoren plötzlich Centeno zum Austeritätspolitiker machen wollen. Centeno "war es, der den Etat seines Landes sanierte und in der Griechenland‑Krise stets auf dem deutschen Kurs lag. Die Unterstützung Italiens, Spaniens und vor allem Deutschlands war ihm ohnehin gewiss, weil es schon seit Jahren als abgemacht galt, dass endlich ein Vertreter aus dem Süden der Gemeinschaft in einen Führungsjob gehoben werden soll." Auch so kann man sich alternative Fakten basteln.