Welches Betriebssystem ist für Smart Cities erforderlich?

All-Inclusive-Pakete für Smart Cities

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Die Zahl der Städte, die sich digitalisieren, wächst beständig. Die Frage, welches "Betriebssystem" dafür geeignet ist, treibt nicht nur Stadtverwaltungen um. Firmen wie Cisco oder Huawei bieten Komplettlösungen an. Aus Sicht der Unternehmen geht es um eine reibungslos funktionierende Plattform. Eine Plattform, auf der Software-Entwicklungen möglich sind. Bürgernähe wird in den Pressemeldungen beschworen. Die Wege zu Dokumenten, zu Behörden sollen vereinfacht und beschleunigt werden. Doch müssen ICT-Unternehmen auch verdienen. Allein zum Gemeinwohl bieten sie ihre Lösungen nicht an. Das Digitalzugangspaket aus einer Hand birgt also Vor- und Nachteile.

Die Menge an Daten und erhältlichen Informationen wird in einem Intelligent Operation Center (IOC) verarbeitet und an die Stellen transportiert, die ein rasches Update des Status-Quo benötigen. Die Kanäle müssen gegen Cyberangriffe von Außen geschützt werden. Wichtig ist somit ein sicheres Netzwerk.

Wenn das IOC als Zentrale entworfen wird, die nicht nur virtuell, sondern physikalisch vorhanden ist, dann muss auch dieses Zentrum gegen Einnahmen von Außen geschützt werden. Ein rezentes Beispiel ist die Real-Verfilmung des Anime-Klassikers "Ghost in the Shell". Dort existiert eine mobile Zentrale, die jedoch im Vergleich zu den Modellen auf der Smart City Expo weitaus militärischer ausgerüstet ist.

Smart City Expo (7 Bilder)

Smart City Expo: Connected Bus. Bild: Dominik Irtenkauf

In der Zentrale arbeiten Experten an der Dokumentation der Serviceleistungen. Plan ist, viele Abläufe zu automatisieren, da eine große Datenmenge selbstverständlich durch einen Rechner schneller und präziser analysiert werden kann. Menschen überwachen die Datenanalyse und sie geben die Anweisungen, was letztlich mit den gesammelten Informationen geschehen soll.

Verbrechensbekämpfung ist eine wesentliche Komponente der Plattform: Nur Safe Cities werden zu Smart Cities. Solche Szenarien wurden in SF-Literatur bereits projiziert: Man denke an den "Minority Report" von Philip K. Dick. In "Robocop" übernimmt ein technologisch aufgerüsteter Supercop die Komplettüberwachung einer Zukunftsstadt. In solchen Zusammenhängen fällt natürlich immer auch der Name "1984" von George Orwell, beinahe wie ein Totschlaghammer. Sicher sollte man die Konsequenzen nicht unterschätzen. Der Unterschied in Mitteleuropa ist der, dass sich die Unternehmen für Datengewinn mehr interessieren als staatliche Stellen. Eine größere Gefahr wird von einem Systemzwang ausgehen, dass zum Beispiel ein bestimmtes Anwenderprogramm exklusiv verteilt wird. Sind dann Alternativen möglich?

Eine kluge Firma wird ein System installieren, das anschlussfähig an Neuentwicklungen ist, auch von fremden Partnern. Aber da spielt wiederum die Sicherheitsfrage eine Rolle: Welchem Innovationslabor kann der Provider vertrauen? Können sich nicht kriminelle oder umstürzlerische Kräfte durch solche Offenheit einschleusen?

Weitere Fragen schließen sich an: Wie offen ist eine Smart City-Plattform? Können sich Bürger an der "Programmierung" der Stadt beteiligen? Im Großraum Dijon scheinbar schon. Die Smart-City-Initiative dort hat folgendes vor:

  • to improve coordination of services and personnel (road maintenance, waste collection),
  • to manage equipment […] more efficiently,
  • to enhance security in urban areas and enable more effective crisis management via the use of new, high-performance digital technology
  • to provide new, digital services to the public and promote local participatory democracy
  • to enhance the appeal of the region by developing the digital economy.

Die Verantwortlichen nennen das IOC nun "Connected Control Centre" (Abk. CCC). Die Funktionalität ist dieselbe, ein- und ausgehende Datenströme werden hier gebündelt und gesteuert.

Die Überlegung, durch das erhöhte Datenaufkommen eine Stadt besser erkenn- und steuerbar zu machen, führt zu einer Aufbruchstimmung unter Verantwortlichen. In Barcelona wurden auf der Smart City Expo Mitte November PPPs (Public-Private-Partnerships) in den Fokus gerückt. Das Motto "Empower Cities. Empower Citizens" zielt auf einen verantwortlichen Umgang mit Datensätzen. Das ist jedoch erstmal nur ein Wunsch, der in der Realität umgesetzt werden muss.

Einleuchtend für User in einer Stadt sind Technologien für den infrastrukturellen Einsatz, wie z.B. das Predict-System, das in Frankreich Gemeinden mit Sensoren für Hochwassergefahr ausrüstet. Die E-Mobilität oder Stromverbrauchsdisplays im Home-Computer sind weitere Technologien, die Daten erheben, auswerten und für Entscheidungen nutzbar machen. Eine intelligente Straßenbeleuchtung oder öffentliche Mülleimer, die den Müllstand melden, sind weitere Verbesserungen des öffentlichen Raums. Wie es um die Datenrechte und -freiheiten steht, wird damit noch nicht beantwortet.

Ethik im Datenstrom

Die öffentliche Überwachung in Großstädten nimmt zu. Im öffentlichen Raum zeichnen Kameras die Bewegung auf. Es sollen nur die "Verbrecher" verfolgt werden und wer ohne Schuld ist, hat nichts zu befürchten. Gespräche mit einigen Firmen auf dem Messegelände zeigen zudem, dass die ethische Verantwortung an die Kunden übertragen wird. Auf der Expo gewinnt zum Beispiel die saudi-arabische Hafenstadt Yanbu den Data and Technology Award. Der Award wird vor Ort überreicht; ausgezeichnet sollen bereits laufende Projekte werden, die einen effizienten Umgang mit Daten und Technologie aufweisen.

Die Erinnerung an den Blogger Raif Badawi, der für das Posten liberaler Beiträge auf seinem Blog eine drakonische Haftstrafe von 10 Jahren und 1000 Peitschenhieben in Saudi-Arabien erhält, ist noch relativ frisch. 50 der Peitschenhiebe hat er bereits erhalten.

Heißt das, Straßen zu beleuchten, ist weniger problematisch als Blog-Einträge zu verfassen? Was passiert, wenn ein Blogger Gedanken zur Gleichberechtigung von Mann und Frau ausformuliert oder die "Religionslosigkeit" des Staates im Sinne der Trennung von Kirche und Staat fordert? Er nutzt dasselbe WiFi-Netzwerk wie die städtische Müllabfuhr. Letztere überprüft mit dem Netz den Stand der aktuellen Entsorgung. Badawi "überprüft" den Stand der aktuellen Gesellschaftsentwicklung. Es wird mit verschieden Maß gemessen, so scheint es. Wäre in Yanbu Platz für die Verbreitung solcher Gedanken über Digitalnetzwerke?

Das Angebot einer Open Source-Software mit entsprechender Infrastruktur hebt eine Stadt auf die nächste Stufe. Voraussetzung sind Elektrizität, technologische Anschlussfähigkeit und eine schnelle Internetverbindung.

Im Gegensatz zu den technologischen Mindestanforderungen herrscht über ethische und soziale Standards nach wie vor Uneinigkeit. Bürger zu stärken wird groß geschrieben. Die Umsetzung erfordert nicht nur Know-how. Ohne politischen Willen wird es kaum eine Koordination geben.

Die Meinungsfreiheit, die durch Digitaltechnologien schneller noch verbreitet werden kann, erfährt in manchen Ländern Grenzen. Die Technologie wird von den ICT-Unternehmen als angeblich wertfrei angeboten. In die Gesetze des Landes mische sich ein Global Player der Kommunikationstechnologie nicht ein. Jeder Bürger eines Landes kenne die Gesetze und müsse sich daran halten. Soziale und ökonomische Gründe für Gesetzesverstoß werden ausgeblendet.

Wenn die Gesetze die Ungleichbehandlung der Frauen zur Folge haben oder die Diskriminierung von Andersgläubigen, dann widersprechen die gesetzlichen Rahmenbedingungen den Menschenrechten. Fremde Technologie einzukaufen, wird für ein autoritatives Regime leichter, als die Freiheiten zu akzeptieren, die mit der Installation dieser Datentechnologie auftreten.

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