Pentagon ist der Aufenthaltsort von zehntausenden Soldaten unbekannt

Mitglieder des 5th Special Forces Group in al-Tanf, Syrien. Bild: DoD

Weltweit sind US-Soldaten stationiert und im Einsatz, oft in kleinen Gruppen verdeckt operierend, weiter auch viele Contractors

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Man sollte meinen, beim Militär herrsche eine gewisse Ordnung. Dass das Pentagon aber gleich von 44.000 Soldaten weiß, von denen es nicht weiß, wo sie sich befinden, ist doch erstaunlich. In anderen Streitkräften wie im Irak oder in Afghanistan stößt man immer wieder auf Geistersoldaten, die nur auf dem Papier stehen, deren Sold aber von Offizieren oder anderen Mitarbeitern des jeweiligen Verteidigungsministeriums als lukrativer Zugewinn eingezogen wird.

Die Zahl stammt aus dem zugangsbeschränkten Fourth Estate Manpower Tracking System (FMTS) des Defense Manpower Data Center, in dem 44.000 Soldaten in der Kategorie "unbekannt" gesteckt wurden. Allerdings sind die amerikanischen Streitkräfte personell gut ausgestattet. Es gibt etwa 1,3 Millionen Soldaten und einige hunderttausende zivile Angestellte, da kann vielleicht schon die Übersicht verloren gehen. Leutnant Rob Manning, ein Pentagon-Sprecher, sagt zu dem Bericht: "Wir sind noch nicht so weit, andere Zahlen zu nennen als diejenigen, die offiziell festgestellt wurden."

Man scheint also nicht unbedingt zu wissen, wo sich alle Soldaten aufhalten. Das könnte daran liegen, wie Stars and Stripes schreiben, dass die USA "in fast jedem Land der Welt" militärisches Personal haben. Das können ein paar Verbindungsoffiziere oder auch zehntausende Soldaten wie in Südkorea oder Japan - oder Deutschland sein. Zwar sei deren Zahl derzeit mit weniger als 200.000 im Ausland stationierten Soldaten so wenig wie seit 60 Jahren nicht mehr. Nach Japan sind übrigens in Deutschland am meisten US-Soldaten weltweit stationiert (wo 1962 schon mal mit 270.000 US-Soldaten ein Höhepunkt erreicht wurde).

Die Öffentlichkeit wird im Unklaren gelassen

Manning räumte ein, dass in Syrien viermal so viele Soldaten im Einsatz sind wie zuvor offiziell bekannt gegeben. Es war zwar ein offenes Geheimnis, dass schon längst mehr als die ursprünglich 500 Soldaten in Syrien waren, wie offiziell verkündet worden war. Aber ob es jetzt wirklich 2000 sind oder nicht doch mehr, ist auch nicht sicher. Man versuche, so Manning, die amerikanische Öffentlichkeit zu informieren, aber unter Berücksichtigung der Sicherheit und unter Vermeidung, dem Feind einen Vorteil zu verschaffen. Das heißt, man behält sich eben vor, wie man die Öffentlichkeit und damit die Steuerzahler und die Bürger informiert.

Zuletzt kam die Geheimniskrämerei des Verteidigungsministeriums an den Tag, als im Oktober bekannt wurde, dass 4 Mitglieder eines Spezialkommandos in Niger von Islamisten getötet wurden. Erst dann stellte sich heraus, dass dort 800 US-Soldaten stationiert waren, wovon angeblich die Abgeordneten nichts wussten.

Aber auch das Pentagon räumt ein, keinen wirklichen Überblick zu haben, wie viele Soldaten wo und wann im Ausland im Einsatz sind. Man könne nicht verfolgen, wo sich täglich alle Soldaten befinden. Es sei nicht einfach, alle Einsätze, Übungen, Teilnahmen an anderen Einheiten oder Missionen oder temporäre Zuweisungen zu verfolgen. Man müsse halt die vorliegenden Zahlen der Soldaten in den USA und im Ausland mit den "Unbekannten" ergänzen, um die Gesamtzahl zu erhalten.

Soldaten der Special Operations Task Force-Afghanistan im Einsatz. Bild: DoD

Verteidigungsminister Jim Mattis ordnete eine Überprüfung der im Ausland stationierten Soldaten an. Er habe eine "seltsame Zählweise" geerbt. Allerdings könnte man durchaus vermuten, dass dahinter Absicht stehen könnte, weil Regierung und Pentagon sich die Möglichkeit offenhalten wollen, am Kongress und der Öffentlichkeit vorbei Truppenverlegungen und Interventionen machen zu können, die mitunter auch dem Gegner nicht bekannt sein sollen.

Verwirrung könnte aber auch entstehen, weil durch die zunehmende Beschäftigung von Contractors die Zahlen über die wirkliche Präsenz verwischt werden. Sie können die Zahl der stationierten Soldaten enorm reduzieren und auf Soldaten im Kampfeinsatz beschränken. Dazu kommen zunehmend verdeckt operierende Spezialkommandos, auf die Barack Obama großen Wert legte, um statt offen operierenden großen Truppenverbänden eine opake, überfallartige Kriegsführung umzusetzen, zu der auch der Drohnenkrieg gehört.

Nach dem Bericht, so Stars and Stripes, sind mittlerweile auch noch unter Trump, der ein offensiveres militärisches Vorgehen befohlen hat, kleinere "Ausbildungs- und Ausrüstungs"-Teams wie Spezialeinheiten oder Contractors "in Afrika, im Nahen Osten und in Zentralasien allgegenwärtig", was auch darauf hinweist, wie militarisiert die Außenpolitik ist. Im Nahen Osten sind nach einem Pentagon-Bericht vom Januar mehr als 40.000 Contractors beschäftigt. In Afghanistan waren Ende 2016 nach offiziellen Angaben, so ein Bericht des Congressional Research Service, 25.197 Contractors vom Pentagon beschäftigt, während 9.800 Soldaten im Einsatz waren.