"Ihr seid das Letzte! Ihr benehmt euch wie Tiere!"

Bild einer verbrannten israelischen Flagge (2009); Foto: 27zapata / Imanol Epelde Pagola / CC BY 2.0

Antisemitische Aktionen und Aufrufe bei den Demonstrationen gegen die Jerusalem-Erklärung Trumps sind Zeichen einer beunruhigenden Bereitschaft zu radikalen Positionen, zu Hass und zur Gewalt, wenn es um Israel geht

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In Wien, München und Berlin machte sich der Hass auf Israel bei Demonstrationen am Wochenende, die gegen die Entscheidung des US-Präsidenten zum Hauptstadt-Status Jerusalems gerichtet waren, Berichten zufolge laut und deutlich bemerkbar. In Göteborg zeigte sich, wie schnell Antisemitismus in Gewalt umschlagen kann.

Dort wurde am Samstag ein Brandanschlag auf eine Synagoge verübt. Die Polizei habe drei Verdächtige festgenommen, die Staatsanwaltschaft habe U-Haft für sie angeordnet, berichtet der Tagesspiegel. Ermittelt werde wegen Brandstiftung, aber auch "Hasskriminalität" werde nicht ausgeschlossen, so die schwedische Polizei nach Angaben der Berliner Zeitung zitiert.

Laut Angaben der jüdischen Gemeinde, wie sie auch Le Monde wiedergibt, habe eine Gruppe Maskierter brennende Gegenstände in den Hof der Synagoge geworfen, was 20 Jugendliche aus Angst in die Flucht trieb. Der jüdische Weltkongress (WJC) schreibt von "firebombs". Der Anschlag wird vom WJC sehr ernst genommen.

Warnung vor Antisemitismus "auf der rechten wie linken Seite"

Mitglieder der jüdischen Gemeinschaft seien in Schweden am meisten besorgt über Anzeichen eines stärker werdenden Antisemitismus, so der Vorsitzende Robert Singer, der seinen Appell zu mehr Wachsamkeit aber nicht auf Schweden beschränkt.

Der Antisemitismus erhebe seine hässliche Fratze - auf der politisch rechten wie auf der linken Seite - in ganz Europa, gleich wo er herkomme, und er werde nicht toleriert, so der WJC-Chef. Es sei Aufgabe aller europäischen Regierungen diese Botschaft klar und deutlich zu vermitteln.

Ein Vertreter der jüdischen Gemeinde in Göteborg brachte den Brandanschlag laut dem genannten Tagesspiegel-Bericht in Zusammenhang mit der Jerusalem-Entscheidung Trumps: "Die Ereignisse der vergangenen Tage zwischen Trump und Israel und die Spannungen zwischen Israel und Palästina - solche Sachen führen immer zu größeren Bedrohungen." Laut le Monde hatten Demonstranten am Freitag in Malmö zu Gewalt gegen Juden aufgerufen.

"Emotionalisiertes Auftreten"

In Berlin kommentierte ein Polizeisprecher eine Demonstration am Freitag gegen die Erklärung des US-Präsidenten, dass Jerusalem die Hauptstadt Israels ist, mit der Feststellung, "dass die Teilnehmer zum Teil emotionalisiert auftraten".

Mit "emotionalisiert" umschrieb der Polizeivertreter Aktionen wie das Skandieren antisemitischer Parolen, das Verbrennen einer Fahne mit dem Davidstern und Kindermörder-Rufe, so die Beobachtungen des Jüdischen Forums, dessen Video einen Eindruck von den Gefühlsaufwallungen in der Menge vermittelt.

Unter den Teilnehmern der Demonstration vor der US-Botschaft gab es den Fahnen zufolge Anhänger der Türkei, Palästinas sowie der Fatah und auch der Hamas. Von einer Demonstration in Berlin Neukölln, die am Abend des heutigen Sonntags stattfand, berichtet das jüdische Forum von ähnlichen Rufen und Flaggenverbrennungen.

Hass in Wien

Das gleiche Muster zeigte sich bei einer Demonstration in Wien am Freitagnachmittag, angemeldet unter dem Namen "Kundgebung Jerusalem Hauptstadt Palästinas". Die Polizei berichtet laut Standard von einem friedlichen Verlauf . Zeugen und ein Video zeigen, so die österreichische Zeitung, anderes:

Nicht ganz so friedlich nahmen das die Beobachter wahr, die dem STANDARD auch von einer Reihe antisemitischer Sprüche und Symbole erzählen. Laut einem Mann, der nicht genannt werden möchte, gab es "Intifada"-Sprechchöre und es wurde "Kindermörder Israel" und "Israel Terrorist" skandiert. Auch "Tod" bzw. "Vernichtung an Israel" soll laut einem Dolmetscher gerufen worden sein. (..) Neben türkischen und palästinensischen Flaggen wurde auch ein Schild mit einem Davidstern, in dessen Zentrum ein Hakenkreuz zu sehen ist, in die Höhe gehalten.

Der Standard

Hass in München

In München wurde vom grünen Stadtrat Dominik Krause bei der Freitags-Demonstration ein Plakat fotografiert, das direkt neben dem Veranstalter hochgehalten wurde, auf dem Israel nicht mehr existiert. Israel-Fahnen auf der Demo hätten für tumultartige Szenen gesorgt, so seine Eindrücke. Die Veranstaltung sei frühzeitig abgebrochen worden. Bei den Abschlussworten habe sich die Veranstalterin gegen die Hassparolen aus der Versammlung gewendet.

Das ist allem Anschein nach höflich beschrieben. Nach einem mit Videos unterlegten Bericht von Michael Trummer für die Huffington-Post hat die Veranstalterin den aggressiven Teilnehmern zugerufen : "Ihr seid das Letzte! Ihr benehmt euch wie Tiere!" Die Demonstration sei aus dem Ruder gelaufen und von Radikalen gekapert worden, so das Fazit des Berichts.

Bilder zeigen, wie aggressiv, wie aufgeheizt die Stimmung war: Junge Männer skandieren Parolen auf Deutsch und Arabisch, schreien, bis sich die Stimme überschlägt. Der Mann, der anderen die Israel-Flagge aus den Händen reißen will, wird von den Polizisten gegen eine Absperrung gedrückt und schreit wie von Sinnen.

Huffington Post