Alles wird gut

Die Digitalisierung wird die Wirtschaft auf den Kopf stellen. Aber die Ökonomen McAfee und Brynjolfsson erklären, wie man den Sturm reiten kann.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht
Lesezeit: 3 Min.

Seit ihrem Buch "The Second Machine Age" gelten die MIT-Ökonomen Andrew McAfee und Erik Brynjolfsson als Hightech-Kassandras. Denn auf der Basis aktueller technischer Entwicklungen hatten die beiden 2014 nicht nur vorhergesagt, dass die nächste große Welle der Automatisierung unweigerlich anrollt. Sie hatten auch prognostiziert, dass bisher als sicher geltende Jobs der "Wissensarbeit" im mittleren Management, in der Logistik, im Einkauf oder Kundenservice mit hoher Wahrscheinlichkeit automatisiert werden.

In ihrem neuesten Buch "Machine, Platform, Crowd" bemühen sich die Autoren um ein deutlich optimistischeres Bild. Denn sie analysieren nun, welche Chancen sich aus drei großen Trends ergeben: der rasanten Ausbreitung lernender Software, dem kometenhafte Aufstieg von Plattformen wie Uber oder AirBnB und der globalen Verfügbarkeit von Arbeitskraft und Expertise in der Crowd. Natürlich sind diese Trends nicht neu. Mit zahlreichen Beispielen unterlegt, diskutieren McAfee und Brynjolfsson jedoch den jeweiligen Stand der Technik bei KI-Software oder der Blockchain-Technologie und die ökonomischen Mechanismen, die Plattformen so erfolgreich machen.

Dabei verblüffen die Autoren gelegentlich mit intelligenten Provokationen. So plädieren sie beispielsweise dafür, viele der Beurteilungen, Entscheidungen und Vorhersagen, die jetzt in den Händen von menschlichen Experten liegen, lieber den Maschinen zu übergeben. Das alles ist hoch spannend und liest sich kein bisschen trocken. Die Schwäche des Buches ist allerdings seine eingeschränkte Perspektive: Crowdworking sehen die Autoren beispielsweise nur aus dem Blickwinkel von Unternehmen, die schnell und billig an kompetente Experten kommen. Die Schattenseiten diese Modells – sowohl für das Unternehmen als auch politisch und volkswirtschaftlich – blenden sie komplett aus.

Erst im allerletzten Kapitel diskutieren McAfee und Brynjolfsson mögliche Probleme wie die Tatsache, dass in den meisten entwickelten Ländern der Anteil der Löhne am Bruttosozialprodukt gesunken ist, oder erwähnen eine aktuelle Studie von McKinsey, nach der "beinahe die Hälfte aller Arbeitstätigkeiten weltweit automatisiert werden könnten".

Letztendlich aber überwiegt bei McAfee und Brynjolfsson dieses Mal der Optimismus, denn: "Zu entscheiden, wie eine Gesellschaft Technologie einsetzen will, ist nicht nur, nicht einmal hauptsächlich der Job von Regierungen", schreiben sie. "Das muss aus allen Teilen der Gesellschaft kommen: von Unternehmens, Managern, aber auch aus der individuellen Entscheidung von Millionen von Individuen. Die nächsten paar Jahrzehnte können und sollten besser werden als alles, was die Menschheit je erlebt hat. Das ist keine Vorhersage; es ist eine Möglichkeit, ein Ziel." Bleibt zu hoffen, dass sie recht behalten.

Andrew McAfee, Erik Brynjolfsson: "Machine, Platform, Crowd, Harnessing our Digital Future", W. W. Norton & Company, 408 Seiten, 20,99 Euro (E-Book 15,99 Euro)

(bsc)