Griechenland: Drogen und Prostitution im Flüchtlingslager Moria

Flüchtlingslager Moria. Bild: W. Aswestopoulos

Lesbos - Flüchtlingsinsel wider Willen - Teil 2

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Lesbos bietet jedoch hinsichtlich der Flüchtlingskrise und deren Bewältigung durch amtliche Stellen einen eindrucksvollen Lichtblick. Nur ist es die Stadtgemeinde und nicht die Regierung, die hier zumindest ansatzweise glänzt. Das Lager Karatepe etwas außerhalb von Mytilene zählt zu den besten Lagern, welche in Griechenland auffindbar sind. Es befindet sich auf dem Gelände des Verkehrsübungsparks von Mytilene und wurde ab 2015 zunächst mit Zelten als Unterkunftsgelände für die Neuankömmlinge genutzt. Der Zugang ist für Journalisten und Bildberichterstatter relativ einfach. Der zuständigen städtischen Sozialbehörde muss ein gültiger Journalistenausweis oder ein entsprechendes Dokument eines Mediums samt Besuchsantrag vorgelegt werden. Dann gibt es einen Tagesausweis, der für die Zeit von 13 h bis 15 h gültig ist.

Teil 1 der Reportage von Wassilis Aswestopoulos aus Lesbos: Ein dunkles "Geheimnis" an Europas Außengrenze

Dem Besucher wird ein Lager präsentiert, dessen Belegungszahl auf dem Niveau der Kapazität des Lagers gehalten wird. Die Zelte, die noch 2015 als Herberge für die Flüchtlinge dienten, wurden durch Wohncontainer ersetzt. Diese wurden individuell angestrichen, oder mit Mustern versehen, um die Monotonie des Lagerlebens zu vermeiden. Es gibt dezidierte Plätze zum Spielen für die Kinder, einen Platz im "Dorfzentrum", dem Karatepe Square und Freizeitangebote.

Im Lager Karatepe. Bild: W. Aswestopoulos

Die Lagerverwaltung richtete eine Schule ein, in der Sprachunterricht für das Erlernen des Englischen und Griechischen angeboten wird. Es gibt darüber hinaus Mathematikkurse, weil - so die Lagerverwaltung - hier die Sprachbarrieren am leichtesten zu überwinden sind. Ein Musikcontainer bietet den entsprechenden Unterricht. Ein Café für Männer, sowie eine entsprechende Einrichtung für Frauen soll auf die Eigenheiten der sozialen Strukturen der Flüchtlinge Rücksicht nehmen.

Das tägliche Essen wird in Karatepe anders als in den übrigen Lagern im Land an die Container geliefert. Dies erspart den Flüchtlingen das tägliche Schlangestehen und die damit verbundenen Konflikte. "Es ist würdiger", sagen die Lagermitarbeiter.

Einige der Zelte von 2015 dienen als Lagerräume. Am Rand des Camps gibt es eine Sickergrube für die Abwässer der hygienischen Einrichtungen. Diese wird ständig geleert, so dass es im Lager selbst keinen üblen Gerüche gibt.

Ein Teil der elektrischen Energierversorgung erfolgt über Solarpanels. Das Lagerleben wirkt ruhig. Die Bewohner können mit einer regelmäßigen Busverbindung ins Zentrum von Mytilene und wieder zurück fahren. Die Bekleidung für die Insassen wird nach individuellem Bedarf verteilt. Szenen einer Menschenansammlung um einen Haufen Spendenkleidung sucht man in Karatepe vergeblich. Wege im Lager, die noch zu Anfang der Krise schlammig waren, sind nun entweder asphaltiert oder anderweitig gegen Verschlammung geschützt.

Finanziert wird Karatepe auch mit Hilfe von NGOs, wie der deutschen Caritas, deren Name am Café für die Männer als Spender vermerkt ist. Die Lagerverwaltung koordiniert die einzelnen NGOs mit regelmäßigen "Familientreffen". Dort werden die notwendigen Maßnahmen für das Lagerleben untereinander abgestimmt. Ethnische Konflikte versucht die Lagerleitung im Keim zu ersticken. Den Insassen wird beigebracht, die anderen beim Namen zu nennen. "Der Syrer hat...", "der Afghane sagte…." und ähnliche Sprüche werden von den Lagermitarbeitern moniert.

Lesbos: Ein dunkles "Geheimnis" an Europas Außengrenze (15 Bilder)

Mytilene auf Lesbos. Bild: W. Aswestopoulos

Die Frauen im Lager bewegen sich frei und wirken gelöst. Wer auf Lesbos allein Karatepe besucht, kann auf den ersten Blick kaum erkennen, wo das Problem liegen soll. Allerdings sind auch hier bei näherem Hinsehen Auswirkungen der Geschehnisse im zweiten berühmt-berüchtigten Lager der Insel, Moria, erkennbar.

In Moria kam es durch die Heizung mit offenem Feuer in den Zelten oft zu Bränden. Die bisherige Heizung der Container von Karatepe erfolgte über Gasheizungen. Aus Brandschutzgründen wurde dies nun untersagt. Beim Kälteeinbruch in der vergangenen Woche wurden stattdessen drei Wolldecken an jeden Insassen ausgegeben. Die Kapazität der elektrischen Versorgung des Lagers reicht noch nicht aus, um die einzelnen Container mit elektrischem Strom zu beheizen.

Jeder der Einwohner von Karatepe musste zunächst eine Zeit lang im Chaos von Moria leben und überleben. Nach Karatepe kommen nur diejenigen, deren Asylantrag erfolgreich war, und die zu den "zu schützenden Bevölkerungsschichten" wie den Familien mit Kindern zählen. Die Frauen, die in Karatepe ankommen, gewöhnen sich langsam daran, dass sie hier auch nachts ohne Gefahr aufs WC gehen können.