Wie Länder auf Bitcoin und andere Kryptowährungen reagieren

Grafik: TP

Teil 1: Die USA, Asien und Russland

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Der Kurs der nichtstaatlichen und bankunabhängigen Kryptowährung Bitcoin ging in den letzten Monaten und Jahren trotz immer neuer Warnungen vor Abstürzen weiter nach oben. Gestern kostete eine der Digitalmünzen mit etwa 16.500 US-Dollar 16- bis 17 Mal soviel wie zu Jahresanfang. Damit hat der Tauschwert ein Niveau erreicht, das sogar die Suche nach einer alten Festplatte auf einer gigantischen Müllkippe lohnend erscheinen lässt - trotz des Risikos, dass die darauf enthaltenen Digitalmünzen womöglich gar nicht mehr lesbar sind (vgl. Der Bitcoin-Schatz im Müllberg).

Coinmarketcap zufolge haben Bitcoin, Ethereum und alle weiteren etwa 1.300 existierenden Kryptowährungen zusammengerechnet gestern die Schwelle von einer halben Billion US-Dollar Marktkapitalisierung überschritten. Die wirtschaftliche Bedeutung, die Digitalwährungen dadurch gewonnen haben, stellt Staaten und Behörden vor neue Herausforderungen, auf die sie unterschiedlich reagieren.

USA

In den USA, der immer noch wichtigsten Volkswirtschaft der Welt, warnte Notenbankchefin Janet Yellen gestern, Bitcoin sei eine "hochspekulative Anlageform" und "keine stabile Wertanlage" (vgl. US-Notenbankchefin Yellen warnt vor Bitcoin: "Hoch spekulativ"). Kurz vorher hatte die Optionsbörse Chicago Board Options Exchange (CBOE) über einen Terminkontrakt dafür gesorgt, dass die Digitalwährung auch am klassischen Finanzmarkt gehandelt werden kann. Ab Freitag will Interactive Brokers Anlegern außerdem Wetten gegen Bitcoin anbieten.

Die US-Bundesfinanzaufsicht SEC erregte bislang vor allem mit dem Verbot der Ethereum-Währung MUN Aufsehen, die die Hersteller durch eine "ausdrückliche Aussicht auf Profit" ihrer Einschätzung nach zu einem Wertpapier gemacht hatten (vgl. US-Behörde stoppt neue Ethereum-Währung MUN). Sonst überlässt sie die Regulierung von Digitalwährungen weitgehend den Bundesstaaten. Im für Finanzdienstleistungen traditionell wichtigsten davon, in New York, müssen Digitalwährungshändler, deren Geschäfte über den bloßen An- und Verkauf im Internet hinausgehen, eine Lizenz beantragen. So eine BitLicense erteilte das New York State Department of Financial Services (NYSDFS) bislang nur drei Unternehmen.

China und Japan

China ist zwar noch nicht die größte Volkswirtschaft der Welt, aber der wichtigste Bitcoin-Hersteller, was durch viel Rechenpower und relativ niedrige Strompreise begünstigt wird. Im Herbst versetzten die Behörden der Investitionslust von Unternehmen und Privatleuten in die Kryptowährung einen Dämpfer, indem sie Initial Coin Offerings (ICOs) an den Börsen verboten und Handelsplattformen schlossen, denen vorgeworfen wurde, bei der Umgehung von Kapitalverkehrskontrollen geholfen zu haben. Neuzulassungen unterliegen einer stärkeren staatlichen Aufsicht.

In Japan, der drittgrößten Volkswirtschaft der Welt, werden zwar nicht so viele Bitcoins hergestellt wie in China - aber dafür ist die Akzeptanz als Zahlungsmittel weiter fortgeschritten. Auch wenn das Pseudonym "Satoshi Nakamoto" nicht unbedingt heißen muss, dass ein Japaner die Währung erfunden hat, war das Land der aufgehenden Sonne doch von Anfang an an ihrer Verbreitung beteiligt. Der 2014 insolvent gegangene ehemals weltweit wichtigste Handelsplatz Mt.Gox wurde inzwischen von der von Banken gedeckten Börse Bitflyer abgelöst. Die eher zurückhaltende Regulierung, der sie und die Kryptowährungsbörsen des Finanzdienstleister SBI und der Monex-Gruppe unterliegen, soll dem Willen der Regierung nach auch dazu beitragen, dass Japan seine Vorreiterrolle in diesem Bereich weiter ausbaut.

Süd- und Nordkorea

Im benachbarten Südkorea verkündete das Büro für die Koordinierung der Regierungspolitik am Mittwoch den Plan, Gewinne aus dem Handel mit Digitalwährungen künftig zu besteuern. Die neue Regelung, die noch vom Parlament abgesegnet werden muss, sieht außerdem eine Offenlegungspflicht für alle Kauf- und Verkaufskurse, Maßnahmen zum Schutz von Investoren und ein Verbot der Einrichtung von Konten für Minderjährige vor (vgl. Südkorea will Digitalwährungen besteuern. Initial Coin Offerings wurden bereits im September eingeschränkt. Dass die südkoreanischen Kryptowährungsbörsen wie der Ethereum-Handelsplatz Bithumb trotzdem boomen, liegt auch daran, dass viele Chinesen nach Seoul ausgewichen sind.

Der südkoreanischen Polizei zufolge sind die Kryptowährungsbörsen Computerangriffen aus Nordkorea ausgesetzt, die das Ziel haben, elektronische Münzen zu erbeuten. Hintergrund soll sein, dass die nach nordkoreanische Raketen- und Atombombentests verschärften internationalen Sanktionen den Gebrauchswert anonymer elektronischer Zahlungsmittel für die Regierung in Pjöngjang erhöhten, weshalb dort ein größerer Bedarf besteht, an Digitalgeld zu gelangen. Angeblich geht auch der bislang "größte digitale Bankraub", bei dem im letzten Jahr Digitalmünzen im Wert von damals 81 Millionen US-Dollar den Besitzer wechselten, auf das Konto nordkoreanischer Staatsakteure.

Russland

Russland erregte bezüglich Bitcoin bislang eher mit Meldungen privater Akteure Aufsehen - genauer gesagt mit einem privaten Akteur: Dem mutmaßlichen Btc-e-Chef Alexander V., der im Sommer in Griechenland festgenommen wurde (vgl. Griechisches Gericht: Mutmaßlicher Bitcoin-Geldwäscher soll nun an Russland ausgeliefert werden. V. wird vorgeworfen, seine Kryptogeldbörse für professionelle Geldwäsche angeboten und eingesetzt zu haben. An der durch Diebstähle verursachten Insolvenz von Mt. Gox könnte er ebenfalls beteiligt gewesen sein.

Im Oktober diagnostizierte der russische Ministerpräsident Dmitri Medwedew bezüglich Bitcoin "politischen Handlungsbedarf": Wegen der "großen Risiken", die der "Boom der Kryptowährungen ohne klare Bestimmungen" seinen Worten nach birgt, will er "neue Regulierungsstandards" (vgl. Medwedew schließt russischen Sonderweg in die digitale Welt aus). Darüber hinaus möchte der Kreml das Interesse seiner Bürger an Zahlungen ohne Banken mit einem "Kryptorubel" auffangen, der nicht offen und dezentral sein, sondern unter der Kontrolle der Finanzaufsicht, der Zentralbank und des Finanzministeriums stehen soll. Auf diese Weise will man sicherstellen, dass die dafür vorgesehenen Steuern auch wirklich fließen (vgl. Russland erwägt Einführung des Kryptorubels).

Morgen in Teil 2: Weitere staatliche Konkurrenzwährungspläne und Reaktionen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz