Verschleierter Frauenmord: Das unwerte Leben der Mia aus Kandel

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Der ihr das Leben nahm, ist ein Flüchtling. Als solcher genießt er den Schutz der linksliberalen Öffentlichkeit - während sie der Trauer offenbar nicht wert ist

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Am vergangenen Mittwoch ereignete sich im rheinland-pfälzischen Kandel eine furchtbare Bluttat: Ein 15-jähriges Mädchen wurde von einem Jungen in einem Drogeriemarkt niedergestochen und erlag ihren Verletzungen. Es stellte sich heraus, dass es sich bei dem Beschuldigten um den Ex-Freund des Mädchens handelt. Laut Polizeijargon eine "Beziehungstat".

Was führen Polizeibeamte eigentlich für Beziehungen?

Mit dem Begriff "Beziehungstat" werden diese Frauenmorde verschleiert. Das suggeriert, dass es um etwas Persönliches ging, ein Streit, wie er in Beziehungen halt mal vorkommt, den sie leider nicht überlebt. Leider. Leider.

Frauenmord ist aber nichts Beziehungstechnisches - oder was für Beziehungen führen Polizeibeamte? -, sondern Frauenmorde sind ein gesellschaftliches Problem. 2016 versuchte nahezu jeden Tag ein Mann, seine (Ex)-Frau oder seine (Ex)-Partnerin zu ermorden, bzw. verletzte sie lebensgefährlich. Zwei Drittel dieser Frauen überlebten den Angriff nicht. Mit anderen Worten: Fast jeden zweiten Tag starb 2016 eine Frau an den Folgen männlicher Gewalt (siehe Häusliche Gewalt: Alarmierende Fakten).

Der Begriff "Beziehungstat" macht diesen Femizid zum persönlichen Problem der Opfer. Mia, so ist der Name des ermordeten Mädchens, hat aber gleich zweifach Pech: Sie war mit dem Beschuldigten nicht nur bis wenige Wochen vor der Tat liiert, er hatte zudem eine falsche Nationalität: Bei dem Verhafteten handelt es sich um einen unbegleiteten minderjährigen Flüchtling aus Afghanistan. Da setzen bei der Refugee-Welcome-Community sämtliche Schutzreflexe ein.

Nein, der Schutz gilt nicht dem Opfer - sondern dem Tatverdächtigen. Ein 15-jähriges Mädchen wird auf dem Altar des Kulturrelativismus geopfert. Um nicht über den Beschuldigten, dessen Nationalität und Verankerung in einer zutiefst patriarchalen, frauenverachtenden Kultur, sprechen zu müssen, wird über die Tat geschwiegen. Ein 15-jähriges Mädchen ist es nicht wert, betrauert zu werden; ein Gewalttäter geschützt zu werden, indes schon.

Denn nicht nur die Tagesschau entschloss sich zu schweigen (siehe unten), sondern die linke und liberale Öffentlichkeit, die ansonsten (völlig zu Recht) jeden Anlass für öffentliches Gedenken, das Ablegen von Blumen und das Aufstellen von Kerzen nutzt - wenn das Opfer männlich und ein Flüchtling ist -, schweigt ohrenbetäubend laut.

Bis heute gibt es keine Stellungnahme aus linken Zusammenhängen, die Partei für die Opfer der sexuellen Übergriffe in der Silvesternacht 2015/16 ergreift - wohl aber zahlreiche, die sich mit den Tätern solidarisieren, die sie als zu Unrecht beschuldigt erachten. Bis heute übrigens, obwohl inzwischen erwiesen ist, dass die überwiegende Mehrheit der Täter von Silvester 2015/16 keinen deutschen Pass hatte.

Mediale Selbstzensur

Die Redaktion der Tagesschau entschied sich, zunächst nicht über den Vorfall zu berichten. Marcus Bornheim, Zweiter Chefredakteur ARD-aktuell begründete die Entscheidung auf dem Facebook-Profil des Formats folgendermaßen:

Kandel - wie die tagesschau damit umgeht

Am Mittwoch ist im rheinland-pfälzischen Kandel eine ganz fürchterliche Tat geschehen: Ein Jugendlicher hat in einem Drogeriemarkt ein gleichaltriges Mädchen erstochen. Unser Mitleid ist bei den Eltern und den Angehörigen. Nichts wird diesen Verlust wettmachen können. Diese Trauer erfasst jeden, der von ihr hört.

Selbstverständlich müssen wir als Berichterstatter einen professionellen Blick auf diese Tat richten: Seit einigen Stunden wird uns in den Sozialen Netzwerken vorgeworfen, die tagesschau würde darüber nicht berichten. Wir würden bewusst etwas verschweigen. Die Identität des mutmaßlichen Täters ist bekannt. Er ist nach Polizeiangaben ein unbegleiteter jugendlicher Flüchtling aus Afghanistan. Nach bisherigen Erkenntnissen war er der Ex-Freund des Mädchens. Andere Medien haben dies bereits groß berichtet.

Warum waren wir so zögerlich? Das hat einen guten Grund. Nach allem, was wir bisher wissen, handelt es sich um eine Beziehungstat. So schrecklich sie gewesen ist, vor allem für die Eltern, Angehörigen und Bekannten - aber tagesschau und tagesschau.de berichten in der Regel nicht über Beziehungstaten. Zumal es hier um Jugendliche geht, die einen besonderen Schutz genießen. Noch ist die Polizei am Anfang ihrer Ermittlungen und deshalb halten wir uns sehr zurück. Das Motiv ist derzeit unklar. Inzwischen gibt es neue Details. Die Eltern hatten vorab Anzeige gegen den Jugendlichen erstattet, wie die Polizei bekanntgab. Einer Vorladung ist der Jugendliche offenbar nicht gefolgt. Es stellen sich weitere Fragen.

Die Kollegen des SWR sind an diesen Ermittlungen dran und berichten darüber. Wir werden diesen Fall weiter beobachten. Aber wir werden das mit dem journalistischen Know-How machen, das geboten ist.

Marcus Bornheim, Zweiter Chefredakteur ARD-aktuell

Die Tagesschau entschied sich später doch, vermutlich aufgrund des öffentlichen Drucks, in den Haupt-Nachrichten um 20h kurz über den Vorfall zu berichten.

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Die Begründung ist absolut ungeheuerlich. Im Klartext heißt das: Die Tagesschau hat sich entschieden, über Morde dann nicht zu berichten, wenn eine Frau das Opfer und der Beschuldigte ihr (Ex)-Partner ist.

Somit bereinigt die Tagesschau ihre Berichterstattung um eine für Frauen essentielle Information: Weltweit ist sexualisierte und häusliche Gewalt für Frauen bis 44 Jahren die häufigste Ursache für Tod und Behinderung, für Mädchen und Frauen bis 19 Jahren sind es Schwangerschaft und Geburt. Die Menschenrechtsorganisation Terre des Femmes (TdF) spricht daher vom "Risikofaktor Beziehung".

"Weltweit" bedeutet nicht "irgendwo", sondern auch in Deutschland. 373 Frauen wurden 2016 lebensgefährlich von ihren (Ex)-Partnern verletzt, 203 von ihnen überlebten diesen Angriff nicht. Das ist die Lebensrealität von Frauen in Deutschland 2016, aktuell wird nahezu täglich über einen solchen Fall irgendwo im Land berichtet. Zu finden sind diese Berichte meist in 5 - 7- Zeilern in den Lokalseiten der Lokalmedien. Denn, nur so ist Bornheim zu verstehen, der Tagesschau sind die Opfer keine Erwähnung wert. Beziehungsprobleme halt. Wer kennt das nicht?

Der Täter war polizeibekannt

Ob der Beschuldigte in dem Drogeriemarkt zufällig auf Mia traf, das muss nun durch polizeiliche Ermittlungen geklärt werden. Der Haftbefehl lautet laut Sueddeutsche.de auf Totschlag.

Bekannt ist, dass der Beschuldigte bereits eine Anzeige wegen körperlicher Gewalt hatte und auch die Eltern des ermordeten Mädchens ihn "unter anderem wegen Beleidigung, Nötigung und Bedrohung" angezeigt hatten. Am Tag ihres Todes hatten Polizeibeamte ihm persönlich eine Vorladung übergeben.

Seine Drohungen waren allerdings nicht ernstgenommen worden. Diese Fahrlässigkeit bezahlte Mia mit ihrem Leben.