Die Deutschen lieben die Polizei und die Universitäten

Und sie misstrauen nach einer Forsa-Umfrage den Managern, dem Islam, aber auch den anderen Religionen, auch die traditionellen Medien verlieren an Stellenwert

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Nach einer Forsa-Umfrage für den RTL/n-tv-Trendbarometer ist das Vertrauen der Deutschen in die Polizei im letzten Jahr weiter um 6 Prozent gestiegen. Mit 83 Prozent der Befragten ist die Polizei die Organisation/Behörde oder Berufsgruppe, gegen die die wenigsten Bedenken vorliegen. Die Frage war nach der Polizei, nicht den Polizisten, was möglicherweise nicht unwichtig sein könnte, da manche sicher auch mal nicht so schöne Erfahrungen mit einzelnen Polizisten gemacht haben. Im Hintergrund dürfte ein gestiegener Angstpegel oder größere Unsicherheit stehen, wahrscheinlich gepaart mit einem traditionellen Wunsch nach einem Obrigkeitsstaat. Nach Regierung oder Parlament wurde nicht gefragt, man kann aber davon ausgehen, dass hier das Vertrauen deutlich geringer wäre.

Die Bundeswehr scheint entweder weniger zu imponieren, möglicherweise wegen einiger Skandale oder marodem Material, oder nicht erforderlich zu sein, weil man keine Kriege fürchtet. Sie landet mit 53 Prozent Zustimmung auf Platz 10 und hat sieben Punkte eingebüßt.

An zweiter Stelle liegen mit 80 Prozent die Universitäten, während die Schulen - wegen der anhaltenden Diskussionen oder der schlechten Leistung der Schüler - 8 Prozentpunkte verloren haben und mit 63 Prozent aber doch noch auf Platz 6 liegen. Dass Ärzte mit 78 Prozent auf Platz 3 viel Vertrauen entgegengebracht wird, lässt sich verstehen, aber als Patient muss man das auch haben, selbst wenn man als Kassenpatient lange warten muss und oft schnell abgefertigt wird.

Interessant ist, dass der eigene Arbeitgeber mit unveränderten 75 Prozent auf Platz 4 steht, aber Unternehmer mit minus 18 Prozentpunkten am meisten Vertrauen verloren haben und mit einem Zuspruch von 27 Prozent nur auf Platz 19 landen, auch Arbeitgeberverbände auf Platz verlieren. Managern vertraut mit 6 Prozent, minus 7 Prozentpunkte, kaum jemand, wohl weil man sieht, dass der eigene Profit über allem steht und sie selbst dann noch abzocken, wenn sie ihr Unternehmen in den Ruin treiben. Schlechter kommen nur Werbeagenturen weg, deren Geschäft ja eigentlich eher darauf beruht, Vertrauenswürdiges vorzutäuschen. Dafür können die Gewerkschaften 7 Prozentpunkte auf 49 Prozent zulegen.

Während Sparkassen noch Vertrauen entgegengebracht wird (Platz 14), kommen nach den Banken auf Platz 21, die nur einen Prozentpunkt verloren, die Versicherungen, die gleich 15 Prozentpunkte einbüßten. Da scheinen schlechte Erfahrungen gemacht worden sein, allerdings weiß man nicht, gegen welche Versicherungen sich vor allem das Misstrauen richtet. Die Krankenkassen verlieren auch, sind aber immerhin auf Platz 11.

Mit Anschlägen wie dem auf dem Breitscheitplatz, aber auch mit der Zuwanderung und dem Verstärken der Abneigung vor Muslimen oder der Angst vor ihnen durch die AfD, die das hoffähig machte, dürfte auch der Einbruch an Vertrauen gegenüber dem Islam und dem Zentralrat der Muslime zu tun haben. Der Zentralrat verlor 15 Prozentpunkte und kommt auf Platz 23, der Islam gleich 16 Prozentpunkte und gelangt gerade noch vor den Managern auf Platz 24. 9 Prozent bringen dem Islam noch Vertrauen entgegen. Da prägt sich einerseits eine wachsende Ablehnung der Muslime aus, allerdings verlieren auch der Papst, die evangelische und katholische Kirche und der Zentralrat der Juden an Vertrauen. Die Gesellschaft wird offenbar säkularer, und der Islam wird wohl auch deswegen so misstrauisch gesehen, weil er so dogmatisch ist und das Verhalten der Menschen zu stark regelt.

Und nicht zuletzt ist auffällig, dass auch die Medien weiter Vertrauen eingebüßt haben. Radio auf Platz 8 genießt noch das größte Vertrauen, Presse ist auf Platz 15, Fernsehen auf Platz 14. Alle verloren 4 Prozentpunkte, obgleich sie sich gerne als Qualitätsmedien feiern. Nach Internetmedien wurde nicht gefragt.

Unterschiede Ost und West, Anhänger der AfD und andere

Deutlich wird, dass sich Ost- und Westdeutsche auch nach 27 Jahren noch deutlich unterscheiden. Geprägt von den Erfahrungen in der DDR ist das Misstrauen gegenüber Institutionen generell im Osten höher, vor allem gegenüber den Kirchen - man ist säkular -, aber auch gegenüber den Medien, die in der DDR staatlich gelenkt waren. Man hat zwischen den Zeilen lesen müssen, was vermutlich weiterhin gemacht wird, auch wenn sich System verändert hat. 16 Prozent der Menschen in Ostdeutschland vertrauen dem Fernsehen, im Westen sind es 43 Prozent.

Aber das ist nicht nur ein Ost-West-Unterschied, da auch die AfD-Wähler ähnlich misstrauisch sind, die zwar in den ostdeutschen Ländern mehr, aber auch im Westen recht zahlreich sind. Selbst der Polizei gegenüber, die man als Law-and-Order-Partei an sich schätzt, ist das Vertrauen geringer.

Forsa-Chef Güllner sieht darin eine Spaltung des Landes, man könnte aber auch sagen, in der Ablehnung gibt es einen wachsenden, wenn auch diffusen Wunsch nach einem Systemwechsel zurück in die Vergangenheit: "Das in der Partei und ihren Anhängern tief verwurzelte Misstrauen ist ein Beleg dafür, wie groß die Kluft zwischen der Minderheit der AfD-Wähler und der großen Mehrheit des Volkes ist. AfD-Anhänger stehen dem gesamten gesellschaftlichen System mit seinen verschiedensten Institutionen ablehnend und feindselig gegenüber."

Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) sieht in dem gestiegenen Misstrauen gegenüber den Medien im Übrigen keine Veranlassung dafür, dass sich Journalisten und Medien einmal selbstkritisch hinterfragen sollten. Schuld haben die Politiker: "Jetzt rächt sich die Untätigkeit der Kultur- und Bildungspolitiker in den letzten Jahren", meinte der DJV-Bundesvorsitzender Frank Überall. Man habe schon länger dazu aufgerufen, "die Medienkompetenz in den staatlichen Bildungseinrichtungen massiv zu stärken". Das soll dann wohl heißen, dass man den Schülern das Vertrauen in Radio, Fernsehen und Presse eintrichtern will, aber weniger eine kritische Einstellung. Überhaupt scheint Überall wie üblich der Meinung zu sein, dass Fake News nur immer die anderen produzieren: "Den Kampf gegen Fake News und Vorurteile können wir Journalisten nicht allein gewinnen. Ohne die Schulen geht es nicht."