Mexiko schaut bei Geldwäsche weg

Expertenkommission kritisiert Passivität der Behörden. Juristische Instrumente sind vorhanden, werden aber nicht angewendet. Gefahr für Europa

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In Mexiko gehen die zuständigen Behörden Fällen von Geldwäsche nicht nach, untersuchen Verdachtsfälle nicht von sich aus, unterlassen systematische Ermittlungen und werden von Korruption behindert. Das ist das Ergebnis einer Untersuchung der intergubernamentalen Arbeitsgruppe für finanzielle Maßnahmen [gegen Geldwäsche] (Financial Action Task Force [on Money Laundering], FATF).

Das Internationale Gremium, das 1989 von der Staatengruppe der G7 gegründet worden war, hat diese Woche einen gut 200 Seiten umfassenden Bericht über Geldwäsche in Mexiko vorgelegt – mit einem verheerenden Ergebnis. Zwar existierten in dem südlichen Nachbarstaat der USA wirksame juristische Instrumente, um gegen Geldwäsche und die Finanzierung von Terrorismus vorzugehen, heißt es in der Untersuchung. Die Möglichkeiten würden von den zuständigen Behörden und der Regierung jedoch nicht ausgeschöpft.

"In Fällen von Geldwäsche wird weder ermittelt, noch wird proaktiv und systematisch vorgegangen", schreibt die FATF. Stattdessen beschränkten sich die Behörden meist darauf, erst nach Bekanntwerden entsprechender Straftaten aktiv zu werden. Dabei käme es jedoch zu "erheblichen Defiziten im Verlauf der Ermittlungen", schreiben die Autoren der internationalen Expertengruppe weiter. "Das Niveau an Korruption, von dem öffentliche Stellen betroffen sind, vor allem auf bundesstaatlicher Ebene, unterminiert ihre Möglichkeiten für Ermittlungen und die Verfolgung schwerwiegender Delikte." Die Experten des international arbeitenden Gremiums hatten Mexiko bereits zwischen dem 28. Februar und dem 13. März 2017 besucht.

Die unabhängige Nachrichtenseite Aristegui Noticias verweist vor diesem Hintergrund auf eine Ermittlungseinheit im mexikanischen Innenministerium. Die Unidad de Inteligencia Financiera (UIF) habe die Aufgabe, Wirtschaftsdelikte wie Geldwäsche zu verfolgen. Die UIF gibt in einem Bericht an die Generalstaatsanwaltschaft an, eine Schlüsselrolle bei der Aushebung international agierender Geldwäschebanden gespielt zu haben. Allerdings belegt der Bericht auch die bestehenden Defizite. So dauerte es bislang im Schnitt 61 Tage, um Anzeigen von möglichen Geldwäschefällen überhaupt zu bearbeiten. Die schnellste Reaktion erfolgte nach sechs Tagen, die längste Reaktionszeit betrug 213 Tage. Zwischen 2010 und 2016 wurden demnach 3.214 Fälle untersucht, aber nur in 707 davon Anklage erhoben. Im Jahr 2016 waren es 438 UIF-Untersuchungen und 43 staatsanwaltschaftliche Anklagen, also nur rund zehn Prozent.

Der Bericht der FATF dürfte auch in der Europäischen Union für Debatten sorgen. Die EU verhandelt derzeit über ein neues Freihandelsabkommen mit Mexiko, ein sogenanntes Globalabkommen, das auch den Finanzfluss erleichtern soll. Bei ähnlichen Untersuchungs- und Ermittlungsraten dürfte das lateinamerikanische Land bald verstärkt zur Zufluchtsstätte für kriminelle und terroristische Strukturen werden. Menschenrechtsorganisationen haben schließlich wiederholt darauf hingewiesen, dass staatliche Strukturen in Mexiko massiv von der organisierten Kriminalität unterwandert sind.