Opfer des MIT in Deutschland?

In der Nacht von Sonntag auf Montag wurde das Auto des Erdogan-Kritikers und ehemaligen St. Pauli Fußballers Deniz Naki beschossen

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Handelt es sich hierbei um den ersten Anschlag in Deutschland, vor dem erst kürzlich der HDP-Abgeordnete Garo Paylan in Ankara gewarnt hatte? Dem kurdischen HDP-Abgeordneten gingen, wie kürzlich berichtet ( Türkische Todeskommandos in Deutschland?), detaillierte Informationen zu:

"Ich habe Informationen erhalten, dass es aus der Türkei heraus operierende Auftragskiller gibt, die in Europa, vor allem in Deutschland, eine Aktion gegen türkeistämmige Vertreter der Aleviten und Armenier sowie Journalisten, Schriftsteller und Akademiker planen. (...) Ich rede von Todesschwadronen, die bewaffnete Attentate organisieren. Vor allem gegen Persönlichkeiten, die Aufsehen erregen werden."

Vier Tage nach der Veröffentlichung wird Deniz Naki auf der Autobahn A4 beschossen. Ein Zufall? Naki berichtet, dass die Schüsse aus einem schwarzen Kombi auf sein Auto abgegeben wurden, ihn aber verfehlten. Ein Schuss schlug knapp über dem linken Hinterreifen ein, ein weiterer zwischen zwei Fenstern auf der linken Seite. Es sei sofort auf den rechten Standstreifen gefahren und habe die Polizei verständigt.

Der schwarze Kombi sei weitergefahren. Die Polizei ermittelt wegen eines versuchten Tötungsdeliktes. Naki äußerte den Verdacht, dass der Anschlag auf ihn politische Motive habe. "Ich glaube, dass es hier um eine politische Sache geht", sagte Naki zu bento. "Ich bin in der Türkei eine laufende Zielscheibe, weil ich mich pro-kurdisch äußere … Ich vermute, dass der Schütze entweder ein Agent der türkischen Regierung oder ein rechtsradikaler Türke gewesen ist."

Es ist davon auszugehen, dass der schwarze Kombi Naki auflauerte und verfolgte, schließlich ist es unwahrscheinlich, dass irgendwer einfach wahllos auf ein fahrendes Fahrzeug auf einer Autobahn schießt. Deniz Naki spielte beim FC St. Pauli und die deutsche U21 Nationalmannschaft, bevor er zum kurdischen Fußballverein Amed SK nach Diyarbakir wechselte.

Der Verein spielt in der Türkei in der dritten Liga und ist selbst immer wieder Repressalien ausgeliefert, weil er sich als kurdischer Verein präsentiert. Die türkische Regierung hatte Naki schon länger im Visier, da er bspw. auf seinem Unterarm ein gut lesbares Tatoo hat, auf dem das kurdische Wort "Azadi" (dt. "Freiheit") steht. 2017 wurde Naki in der Türkei zu 18 Monaten Haft auf Bewährung wegen angeblicher Terrorpropaganda verurteilt.