Wegen 9/11: US-Anklage gegen den deutschen Djerba-Dschihadisten

Französisches Polizeifoto von G. Bearbeitung: TP

Der Spätaussiedler aus Polen verbüßt derzeit in Frankreich eine achtzehnjährige Haftstrafe

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17 Jahre nach den al-Qaida-Anschlägen auf das World-Trade-Center und das Pentagon hat die Staatsanwaltschaft von Manhattan den deutschen Staatsangehörigen Christian G. alias "Abu Ibrahim" wegen Verschwörung zum Mord und Unterstützung einer Terrororganisation angeklagt. Der Verdacht, dass G., der bereits 1986 zum Islam konvertierte, von 1992 bis 1994 mit einem saudischen Stipendium in Medina religiös "ausgebildet" wurde und danach mehrfach in die bereits in den 1990er Jahren von salafistischem Terror geplagten Länder Tschetschenien, Pakistan und Afghanistan reiste, bei diesem Jahrhundertanschlag half, besteht bereits länger.

So berichtete beispielsweise der Spiegel 2003, der al-Qaida-Kommandant Khalid Scheich Mohammed habe seinen amerikanischen Befragern offenbart, dass der deutsche Staatsangehörige Kurierdienste für ihn und Osama bin Laden erledigte. Und auf einem im Januar 2000 in Afghanistan aufgenommenen und später von den Amerikanern sichergestellten Video ist er zusammen mit 9/11-Terrorpiloten und anderen al-Qaida-Größen zu sehen.

Messerangriff auf Gefängniswärter dürfte Entlassung verzögern

Ob G. nach der Anklageerhebung an die USA ausgeliefert wird, steht noch nicht fest. Derzeit sitzt der Oberschlesier, der in Deutschland vor allem von staatlichen Transferleistungen lebte, in Frankreich eine am 5. Februar 2009 von einem französischen Gericht wegen Beihilfe zum Mord und Mitgliedschaft in einer terroristischen verhängte achtzehnjährige Haftstrafe ab. Da er bereits sechs Jahre vor der Verurteilung festgenommen wurde, rückt seine Freilassung langsam näher, auch wenn er nach einem Messerangriff auf Gefängniswärter nicht eher mit einer Verlängerung als einer vorzeitigen Entlassung rechnen muss.

"Segen" als Einsatzsignal für den Djerba-Anschlag

Die in Frankreich vom Cour d’assises speciale verhängte Haftstrafe resultiert aus einem abgehörten Tefefongespräch. Der Anruf kam vom Djerba-Selbstmordattentäter Nizar Nawar, der G. am 11. April 2002 eine halbe Stunde vor dem Anschlag sagte: "Vergiss nicht, mich in deinen Gebeten zu bedenken." G. meinte darauf: "So Gott will, brauchst du irgendetwas?" - worauf hin Nawar antwortete: "Nein, danke, ich brauche nur deinen Segen." Dann folgt der Satz, den die Geschworenen als Einsatzsignal für den Lastwagenanschlag auf der tunesischen Urlaubsinsel Djerba Anschlag werteten: "So Gott will."

Die deutschen Behörden verhörten G. daraufhin zwar, konnten ihn aber nicht anklagen, weil es den § 129b, der auch die Mitgliedschaft in ausländischen Terrororganisationen unter Strafe stellt, damals noch nicht gab und ein Haftbefehl wegen Nichtanzeigens einer Straftat gemäß § 138 nicht standhielt. G. setzte sich daraufhin nach Saudi-Arabien ab, wo man jedoch dem Druck aus den USA und Frankreich nachgab und ihn des Landes verwies. Als seine Abschiebemaschine am 3. Juni 2003 bei der Rückreise nach Deutschland in Paris zwischenlandete, konnten ihn die französischen Behörden festnehmen.

Bei dem Anschlag in Djerba starben 21 Menschen. Weitere 30 wurden so schwer verletzt, dass viele davon ein Leben lang unter den Folgen ihrer Verbrennungen leiden werden. Diese Verbrennungen entstanden dadurch, dass Nawar den Laster, mit dem sonst Wasser transportiert wurde, mit Flüssiggas befüllt hatte. In Folge des Anschlags brach der Tourismus in Tunesien massiv ein. Die daraus resultierenden wirtschaftlichen Schwierigkeiten gelten als eine wichtige Ursache für den so genannten "Arabischen Frühling", der in Ägypten und Tunesien zeitweise Islamisten an die Macht brachte und Libyen, den Jemen und Syrien in Bürger- und Stellvertreterkriege stürzte.