Urlaubsfotos aus dem Schwarzen Loch

Neben der Spur

AI in einer Kamera. Bald wünschte man sich einen dumpf blöden Fotoapparat zurück

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Noch ist es très chic, wenn man ein wenig Intelligenz raushängen lassen kann und eine Kamera mit AI ersteht. In einem Monat kommt dazu die Google Clips auf den Markt. Am 27. Februar, um genau zu sein, dann kann man endlich mit der Hilfe der schönen neuen Welt knipsen.

Und was kann der kleinen schlaue Computer mit der Linse? Gute Frage. Nun, es macht den Job angeblich besser als man selbst. Wenn es denn ausgelernt hat, denn der selbstlernende Algorithmus soll immer besser sinn- und gehaltvolle Bilder (im Englischen: meaningful) knipsen. Und man kann das Gerät angeblich mit "DuDuDu" und "Braaaaaav" dazu trainieren, besser und besser zu werden. Ich weiß jetzt auch nicht, warum ich da an einen aportierenden Haushund denken muss, aber im wesentliche muss man sich das schon so vorstellen.

Konsequenterweise fehlt dann der Auslöser am Gerät, so wie es bei autonom fahrenden Personenkraftfahrzeugen kein Lenkrad mehr braucht,

Und dann werden wir entweder Urlaubsfotos sehen, die die Google Clips knipst, obwohl wir jetzt schon der Meinung sind, dass es schon wichtiger gewesen wäre, uns mit auf's Bild zu nehmen. Oder wir sehen irgendwann ein, dass interessante Pattern mit Wasser, Sand und Schwimmreifen allemal besser sind als nah aufgenommene Selfies mit Bierbauch und blödem Grinsen.

Konsequenterweise müsste ein Selfie der Google Clips den Laptop mit auf das Bild rücken, aber nicht den Besitzer oder die Besitzerin.

Ich habe auch keine Ahnung, warum ich ausgerechnet jetzt an diese für eine Million verkaufte VR App denken muss, mit deren Hilfe man simulieren kann, in ein Schwarzes Loch zu fallen. Das lässt sich vermutlich weniger teuer mit der Hilfe von Google-Clips-Aufnahmen steuern, die einen in einen anderen Bildkosmos jagen, als den, den man selbst im Kopf hat. Und da es inzwischen auch noch wunderbare Technik gibt, unsere Gesichter auf andere Körper zu kleben, sind wir dann nicht mehr weit weg, dass Google Clips sich sagt: Mann, der hat eine dermaßen schräge Gestalt, für solche üblen Fotos bin ich einfach zu intelligent. Ich nehme mir lieber den Astralbody von diesem Typen, den ich da drüben aufnehmen kann und klebe dann seine Schmackenfresse oben drauf. Das wird er gar nicht merken. Oder ich lasse ihn am besten gleich ganz weg und fotografiere einfach jemanden, der irgendwie netter und fesch aussieht.

Da kann man sich dann vor die Google Clips stellen und winken und mit den Armen wedeln wie verrückt. Auch eine Google Clips hat ihren Stolz und wird einem Urlaubsfotos machen, wie sie die Welt noch nicht gesehen hat. Oder nicht sehen will.