Politischer Aschermittwoch 2018: die Regierungsparteien

Andreas Scheuer. Bild: CSU. Screenshot: TP

Scheuer und Söder schonen die SPD, deren Bierzeltbesucher sich GroKo-skeptisch geben

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Der Politische Aschermittwoch ist eine Tradition, die der Bayerische Bauernbund - eine Partei, die sowohl dem katholischen Zentrum als auch den Sozialdemokraten skeptisch gegenüberstand - nach dem Ersten Weltkrieg begründete. Sie nutzte die Tatsache, dass sich an diesem Tag viele Bauern zum Viehmarkt im niederbayerischen Vilshofen trafen, für politische Reden. Diese Reden vor Bauern und Rossknechten mussten inhaltlich und formal anders gestaltet sein als die vor städtischen Eliten, weil das Publikum häufig angetrunken war und sich ungern mit Pathos langweilen ließ.

Nach dem Zweiten Weltkrieg nahm zuerst die Bayernpartei diese Tradition auf. Ihr folgte 1953 die CSU, die die Veranstaltung vor allem durch die unterhaltsamen Reden von Franz Josef Strauß zu einem bundesweit registrierten Medienereignis machte. Die anderen Parteien sprangen ab 1965 nach und nach auf den Zug auf und imitierten die Veranstaltung in verschiedenen Städten.

Seehofer meldet sich krank

Die CSU hält den Aschermittwoch wegen des großen Andrangs inzwischen in Passau ab. Dort sollte heute eigentlich der scheidende bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer sprechen, der gestern absagte. Offiziell wurde das mit einer Grippe begründet - in Sozialen Medien spekuliert man aber, ob die Absage auch etwas mit einer gestern bekannt gewordenen Civey-Umfrage für die Augsburger Allgemeine zu tun haben könnte, der zufolge sich 62,6 Prozent der bayerischen Wähler seinen vollständigen Abschied aus der Politik wünschen. Dass er neuer Bundesinnenminister werden soll, begrüßen lediglich 24,3 Prozent der Befragten.

Statt Seehofer sprachen dessen designierter Nachfolger Markus Söder und CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer, der in Passau ein Heimspiel hatte, in dem er auch ältere Sprüche wie "der Sozi ist an sich nicht dumm - er hat nur viel Pech beim Nachdenken" unterbrachte. Insgesamt behandelte er die Sozialdemokraten, deren Mitglieder der Großen Koalition ja noch zustimmen müssen, aber eher zurückhaltend und teilte dafür gegen die Oppositionsparteien FDP ("fahnenflüchtige Partei Deutschlands") und Grüne aus ("Tofu predigen, aber dann schnell an die Futter- und Fleischtöpfe kommen").

Auch Markus Söder, der nach Seehofers Krankmeldung Hauptredner war, behandelte die Sozialdemokraten eher pfleglich ("Mich nervt es, dass wir in Deutschland nur noch über die SPD sprechen") und konzentrierte sich eher auf die Konkurrenz von der AfD: Wer "konservative Politik" wolle, so der Nürnberger, der müsse die CSU wählen, denn mit der AfD bekomme er "am Ende nur eine schwache SPD in der Regierung". Außerdem warb er mit Sprüchen wie "Political Correctness hat in Passau Pause" und "Burkas sind kein modisches Accessoire, sondern eine Ablehnung unserer Gesellschaft" um die Wähler der Alternativen, die bei der Bundestagswahl im September in Niederbayern so gut abgeschnitten hatten wie sonst nirgendwo in Westdeutschland.

Markus Söder. Bild: CSU. Screenshot: TP

Scholz im SPD-Bierzelt

Die SPD ließ auf ihrer Aschermittwochsveranstaltung in einem nicht ganz gefüllten Bierzelt in Vilshofen neben ihrer bayerischen Spitzenkandidatin Natascha Kohnen den seit gestern kommissarischen Vorsitzenden Olaf Scholz sprechen. Kohnen konzentrierte sich dabei auf Söders Glaubwürdigkeitsproblem und ihr Wahlprogramm. Scholz begrüßte die Zuhörer mit "Moin Moin" und meinte, es laufe eigentlich "gut für unser Land". Dann warnte er vor Donald Trump und dem Brexit und warb für Ganztagsschulen, Emmanuel Macrons Europapläne, mehr Polizeibeamte und eine erneute Große Koalition.

Die SPD-Redner. Bild: SPD. Screenshot: TP

Die Zuschauer, die von Reportern des Fernsehsenders Phoenix im SPD-Bierzelt befragt wurden, zeigten sich überwiegend sowohl GroKo-als auch Nahles-skeptisch ("zu schreiig"). Mehrmals kam zum Ausdruck, dass die gesamte Führungsmannschaft ausgetauscht werden sollte, weil man ihr nicht mehr zutraut, die Versprechen im Koalitionsvertrag durchzusetzen.