"Russland will Zwietracht bei den US-Kongress-Wahlen 2018 säen"

Die Anhörung der Intelligence-Chiefs. Ganz links FBI-Chef Wray, rechts daneben CIA-Chef Pompeo. Bild: Video des Senate Intelligence Committee. Screenshot TP

US-Geheimdienstchefs bleiben ihren Vorwürfen treu, wonach Russland Wahlen manipuliert; der Kreml sieht in den Vorwürfen eine "Obsession"

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Bei denjenigen Vorwürfen, die glasklar zeigen, dass es sich, wenn es um russische Einmischungen geht, nicht nur um politische Rhetorik handelt, sondern um handfeste strafbare Akte, um Angriffe auf Wahlcomputer zum Beispiel, vollführen die Warner eine beschwichtigende Kurve.

Russland versucht anscheinend jedoch nicht, in Wahlmaschinen einzudringen oder in die Auszählung einzugreifen, sagen die US-Vertreter. (…)

Gegenwärtig, sagte Mr. Pompeo, versucht sich Russland auf Operationen zu konzentrieren, die man als influence operations kennt, Operationen mit dem Ziel, den Einfluss zu erhöhen, um über soziale Medien und andere Plattformen bestimmte favorable Botschaften zu verbreiten - nicht durch Hacking.

New York Times

Nicht nur Russland, auch Teile der US-Administration und der US-Medien verbreiten eine politisch favorable Botschaft. Sie lautet: Man kann gar nicht genug vor den Russen warnen. Der New-York Times-Artikel, aus dem die beiden Aussagen stammen, ist einer der Träger dieser Botschaft, die schon in der Überschrift steckt: "Russland sieht die Zwischenwahlen (von Senatoren und Mitgliedern des Repräsentantenhauses) als Chance, um neue Zwietracht zu säen, warnen Geheimdienstchefs."

In dem Artikel geht es um die jährliche Anhörung der Chefs der Geheimdienste (CIA, NSA, DIA, NGA) und des FBI vor dem Ausschuss Senate Intelligence Committee über "weltweite Bedrohungen". Mike Pompeo, Direktor der CIA, war da; der Director of National Intelligence (DNI), Dan Coats; Chris Wray, der FBI-Chef, und Admiral Michael Rogers, Direktor der NSA, um nur die Bekanntesten unter den Wichtigsten zu nennen.

Man kann bei Interesse anhand einer Aufzeichnung des Hearings genauer verfolgen, was die Geheimdienstgrößen und der FBI-Chef in der über zweieinhalb Stunden langen Befragung vor dem Ausschuss geäußert haben.

Dabei wird man feststellen, dass es erstens um mehr Bedrohungen ging als um den russischen Einfluss auf die Midterm-Wahlen, die für den November dieses Jahres angesetzt sind. Und zweitens, dass es den Herren in der Frage des Einflusses Russlands auf die Wahlen mehr um Überzeugung geht als, um das so zu formulieren: "wissenschaftliche Absicherung von Behauptungen".

"Das wird sich nicht ändern. Das wird nicht aufhören"

Ganz anschaulich ist das ab dem Zeitpunkt 00:53:40 der Aufzeichnung zu sehen, als der Vize-Vorsitzende des Ausschusses die Intelligence-Direktoren danach fragt, der amerikanischen Öffentlichkeit gegenüber ihre Einschätzungen zu einer Aussage von Pompeo abzugeben.

Pompeos Einschätzung, die Ende Januar in der größeren Öffentlichkeit verbreitet wurde, lautet, dass er keinen signifikanten Rückgang der russischen Aktivitäten feststelle, was erwarten lasse, dass auch die Kongresswahlen diesen Aktivitäten ausgesetzt sein werden.

Reihum stimmen alle Chefs zu: "Das wird sich nicht ändern. Das wird nicht aufhören". Auch Pompeo stimmt seiner eigenen Aussage zu, was zur Aufheiterung beiträgt. Wichtig ist der Zusammenhalt, das ist die eine politische Botschaft.

Die andere läuft darauf hinaus, dass die Einschätzungen der Geheimdienstler vom vergangenen Jahr mit der Behauptung, dass Russland die Präsidentschaftswahlen von 2016 beeinflusst hat, als zweifelsfrei feststehendes Ergebnis tradiert wird.

Die politische Botschaft zählt

Um eine durch Zweifel an den Behauptungen relativierte Darstellung der russischen Bedrohung oder um eine trennscharf genaue, kritische Auseinandersetzung damit, wie der "russische Einfluss", der über das Erlaubte hinausgeht, konkret aussah und aussieht, ging es bei der Anhörung weniger. Es ging um eine politische Haltung, die Einigkeit demonstriert, und Festigkeit. Dazu ist das Bild der russischen Bedrohung ganz hilfreich.

Dass die Uneinigkeit in den Vereinigten Staaten ein Angriffspunkt ist, zeigt auch der erwähnte Artikel der New York Times auf. Demnach gehört es zur Strategie der russischen Aktivitäten, den Dissenz in der Nation und zwischen den Lagern zu verstärken.

Das ist unangenehm, mag hässlich sein und destruktiv, ist aber als Teil einer politischen Rhetorik, die ja seit mehreren Jahrzehnten grenzübergreifend ist, an sich nicht verboten. Die Frage wäre, worin bestehen die unerlaubten Mittel der russischen Aktivitäten, die die Wahlen beeinflussen sollen.