Russland will nun schnell PMCs oder private Söldnerfirmen legalisieren

Russische Soldaten in Aleppo. Bild: Mil.ru

Wahrscheinlich ist der Vorfall in Syrien, bei dem die Amerikaner zahlreiche russische Söldner des Unternehmens Wagner getötet haben sollen, der Auslöser gewesen

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Nach langem Überlegen scheint die russische Regierung nun ein Gesetz zur Legalisierung von Privaten Militärischen Unternehmen (PMC) - russisch: Chastnye Voennie Companiy (ChVK) - zu planen. Nach einem Duma-Abgeordneten soll dies innerhalb eines Monats noch erfolgen. Mitte Januar hatte Außenminister Lawrow gefordert, ein solches Gesetz zur Regulierung solcher privaten Söldnertruppen oder paramilitärischer Verbände zu erlassen. Gut möglich, dass der Vorfall kürzlich, als US-Streitkräfte syrische Milizen, darunter sollen auch russische Kämpfer der von Dmitry Utkin gegründeten Söldnertruppe Wagner (ChVK Wagner) gewesen sein, bombardierten und dabei 200 Mann getötet haben sollen, eine solche Regelung, die bislang aufgeschoben wurde, dringend werden lässt.

Es gab schon mehrere Anläufe, zuerst 2012, PMCs gesetzlich zu legalisieren. Sie scheiterten aber daran, dass Söldner nach dem Strafgesetzbuch verboten sind. Bekannt wurde allerdings, dass Söldner von russischen Unternehmen womöglich im Donbass, vor allem in Syrien tätig waren und sind. Hier sollen es nach der russischen Zeitung RBC mehrere tausend Kämpfer sein, die unter dem Kommando der russischen Geheimdienste stehen und auf Stützpunkten russischer Spezialeinheiten ausgebildet werden sollen. Im Einsatz sollen sie 250.000 Rubel erhalten, das sind ungefähr 3500 Euro (es sind auch andere Zahlen im Umlauf).

Während Wagner erstmals 2015 aufgetreten ist, soll eine erste Gruppe von russischen Söldnern bereits 2013 in Syrien eingesetzt gewesen sein, wenn auch ziemlich erfolglos. In Syrien soll auch eine weitere russische Söldnergruppe namens Turan-Bataillon unterwegs sein. Nach Gerüchten sollen bereits mehr als 100 russische Söldner in Syrien getötet worden sein.

Moskau und Washington spielen den Vorfall herunter

Die Strategie der russischen Regierung beim Einsatz von Söldner ist, in Konflikten auch indirekt militärisch mitzuwirken oder eigene, kleinere Truppenverbände zu unterstützen. Im ersten Fall ist das russische Militär nicht direkt involviert und kann sich der Kreml distanzieren, im zweiten Fall geht es wie in Syrien darum die Verlustzahlen des russischen Militärs klein zu halten und Operationen durchführen zu können, zu denen sich die russische Regierung nicht bekennen möchte.

Am 7. Februar hatten die amerikanische Streitkräfte beim Dorf Khusham in der Provinz Deir ez-Zor nach eigenen Angaben in "Selbstverteidigung" die gegen die kurdischen SDF, die Bodentruppen der USA, vorrückende "Pro-Regime-Milizen" bombardiert und angeblich schwere Verluste zugefügt (Luftangriffe in Syrien: USA dokumentieren ihren Willen, sich festzusetzen). Ausgerechnet Igor Girkin alias Igor Strelko, ein ehemaliger Kommandant der Separatisten in der Ostukraine, berichtete, dass 100 Russen getötet worden seien. Er ist allerdings ein Kritiker der Syrien-Intervention, Russland müsse sich mehr auf die Ostkraine konzentrieren. Die "Meldung" hat also eine innenpolitische Komponente.

Auffällig war an dem Vorkommnis, dass das Pentagon nicht von Opferzahlen und russischen Söldnern oder Soldaten sprach, während Russland vor allem abstritt, dass hier russische Soldaten beteiligt waren, ansonsten aber die zirkulierenden Zahlen von getöteten Kämpfern herunterspielte. Der amerikanische Verteidigungsminister Jim Mattis spielte den Vorfall am 13. Februar als relativ unbedeutend herunter und gab ansonsten Nichtwissen vor: "There is now reporting in the press -- I don't have any reporting -- that some Russians -- non-Russian federation soldiers, but Russian contractors were among the casualties. I can't give you anything on that. We have not received that word at Central Command or at the Pentagon."

Mit Wagner verbunden ist über die Firma Evro Polis auch Yevgeny Prigozhin. Der angebliche Putin-Freund, der gerade vom US-Sonderermittler Mueller für eine russische Beeinflussungsoperation der US-Wahlen verantwortlich gemacht wird, soll damit bereits eine Möglichkeit für eine legale Kommerzialisierung der Söldnergruppe eingerichtet haben. Angeblich würden Verträge zwischen Evro Polis und der syrischen General Petroleum Group zeigen, dass die russische Firma 25 Prozent der Gewinne aus den Gas- und Ölfeldern des staatlichen Unternehmens erhalten würde, die vom IS befreit und gesichert wurden.

Russische Regierung spricht von Fake News

Maria Zakharova, die Sprecherin des Außenministeriums, sprach Tage später von möglichen 5 Toten, die Russen gewesen sein könnten, und betonte, dass sich keine russischen Soldaten in dem Gebiet aufgehalten hatten. Es seien zahlreiche Menschen aus vielen Ländern, auch aus Russland, in Konfliktzonen, manchmal auch aus militärischen Gründen. Sie würden sich aber nicht an Behörden wenden und illegale Routen nutzen. Kurz, die russische Regierung hat mit etwaigen russischen Söldnern in Syrien nichts zu tun. Die Nachricht über die vermeintlich großen Verluste hätten syrische Militante und amerikanische Medien verbreitet.

Ähnlich argumentierte Kreml-Sprecher Dmitry Peskov. Er fordert die Medien auf, keine falschen Berichte weiterzugeben. Man könne nicht ausschließen, dass Russen in Syrien seien, aber das seien keine russischen Soldaten. Gestern legte der russische Außenminister Sergey Lawrow auf einer Pressekonferenz noch einmal nach. Es seien nur Spekulationen über den Krieg in Syrien, wenn "von Hunderten oder gar Tausenden getöteter russischer Söldner" gesprochen werde. Es sei eine Untersuchung am Laufen, bislang gebe es nur Fake News.