Dieselskandal: Tödliche Belastung

Bild: Ruben de Rijcke / CC BY-SA 3.0

Studie des Umweltamtes hält auch Stickoxid-Konzentrationen, die unterhalb des gesetzlichen Grenzwertes liegen, für potenziell tödlich. Neue Hausdurchsuchungen bei Audi wegen Betrugverdachts

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Auch Stickstoffdioxid-Konzentrationen, die unter den gesetzlichen Grenzwerten für Außenluft liegen, können tödlich sein. Das geht nach einem Bericht des ARD-Magazins Report Mainz aus einer bisher unveröffentlichten Studie des Umweltbundesamtes (UBA) hervor.

Demnach kämen die Autoren der Studie zu dem Ergebnis, dass auch geringe NO2-Konzentrationen tödlich sein können. Der gesetzliche Grenzwert liegt – darauf hatten sich die EU-Staaten bereits vor fast 20 Jahren geeinigt – seit 2010 bei 40 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft, die im Jahresdurchschnitt nicht überschritten werden dürfen. In einer Vergleichsstudie stellten die Autoren jedoch fest, dass schon bei im Jahresmittel 10 Mikrogramm NO2 pro Kubikmeter Luft die Zahl der Todesfälle zunimmt.

Vor allem der Zusammenhang mit Herzkreislauferkrankungen sei durch diverse Untersuchungen gut belegt. Die UBA-Autoren gehen laut Report davon aus, dass derzeit jährlich 6.000 bis 8.000 Menschen an Herzkreislauferkrankungen sterben, die durch NO2 verursacht werden. Die Autoren haben die Stickstoffoxide auch bei anderen tödlichen Krankheiten im Verdacht, doch ist bei diesen der Zusammenhang bisher nicht so gut belegt.

(Bild: UBA)

Der europäische Fachverband der Lungenärzte, die European Respiratory Society (ERS), schätzte in einem 2016 veröffentlichten Bericht, dass es 2012 europaweit 432.000 vorzeitige Todesfälle aufgrund von Luftverschmutzung gegeben hat.

Gemeint sind damit neben dem NO2 auch Ozon, Feinstäube und Benzo(a)pyren. Die meisten Stadtbewohner seien weiter einem Niveau vom Luftverschmutzung ausgesetzt, das von der Weltgesundheitsorganisation WHO für gefährlich gehalten werde.

Entsprechend der Bandbreite der von der ERS angesprochenen Substanzen ist natürlich auch die Palette der Verursacher größer. Bei den NO2-Emissionen ist aber, wie die Grafik des UBA zeigt, der Diesel-Pkw die mit Abstand wichtigste Quelle.

Besser, aber noch lange nicht gut

Das Umweltbundesamt hatte kürzlich berichtet, dass sich 2017 die NO2-Belastung in den Städten verbessert habe, allerdings nicht im ausreichenden Maße. Noch immer würden in 70 Kommunen die Grenzwerte überschritten. Im Jahr davor waren es 90 Städte gewesen. An rund 46 Prozent der verkehrsnahen Messstationen sei der Grenzwert von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft im Jahresmittel überschritten worden. An zwei Drittel der Stationen hätten die jährlichen Durchschnittswerte sogar 45 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft oder mehr betragen.

"Die Entwicklung geht in die richtige Richtung. Wir sind aber noch längst nicht am Ziel. Immer noch liegen viele Städte deutlich über dem seit 2010 einzuhaltenden Grenzwert, viele Einwohner sind also weiter zu viel gesundheitsschädlichem Stickstoffdioxid ausgesetzt. Schuld sind vor allem die Diesel-Autos mit hohen Realemissionen, die oftmals erst in den vergangen Jahren zugelassen wurden und in den Städten unterwegs sind."
Maria Krautzberger, UBA-Präsidentin

Das Amt geht davon aus, dass die bisher beschlossenen Gegenmaßnahmen wie Software-Updates und Umtauschprämien nicht reichen werden, um künftig überall die Grenzwerte einzuhalten. Krautzberger fordert eine wirksame Nachrüstung: "Wir brauchen dringend die Hardware-Nachrüstung der Autos und leichten Nutzfahrzeuge. Nur so können wir die Gesundheitsbelastungen durch Stickstoffoxide schnell und vor allem dauerhaft senken."

Weitere Razzien

Derweil kam es am Donnerstagvormittag erneut zu Hausdurchsuchungen aufgrund des Dieselskandals, bei dem es um die Vortäuschung von niedrigen Stickstoffoxidemissionen geht. Verschiedene Medien berichten, dass Wohnungen sowie einem Arbeitsplatz vonMitarbeitern der VW-Tochter Audi im Auftrag der Münchener Staatsanwaltschaft durchsucht worden wären.

Bei zwei Verdächtigen handele es sich um ehemalige Vorstandsmitglieder. "Es besteht der Verdacht, dass die vorgenannten Beschuldigten für das Inverkehrbringen zumindest eines wesentlichen Teils der mit manipulativer Abgassteuerungssoftware ausgestatteten Kraftfahrzeuge mitverantwortlich waren", heißt es bei der Verfolgungsbehörde.