Das "gelungene Sparprogramm" in Griechenland

Rücktritt von Rania Antonopoulou, der Vize-Ministerin für Arbeit und Soziales, links hinter Ministerpräsident Tsipras sichtbar. Foto: Wassilis Aswestopoulos

Wohnungen für Minister - Räumungen für die Bürger

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"Athen bekommt neue Hilfsgelder", so oder ähnlich titelten die Redaktionen am 20., 21. und 22. Januar über den Abschluss der dritten Inspektion der Kreditgeber für das dritte Kreditpaket der Troika. Es hieß, dass Griechenland die Freigabe für 6,7 Milliarden Euro erhalten würde. Zwischenzeitlich hat die Ratingagentur Moody’s Griechenlands Kreditwürdigkeit aufgewertet. Ist Griechenland nun endlich gerettet?

Nicht wirklich, denn die Staatsanleihen haben immer noch Ramsch-Status. Die Zinsen für zehnjährige Anleihen stiegen zuletzt wieder. Nun sind sie auf dem relativ hohen Niveau von 4,25 Prozent. Zentralbankchef Yannis Stournaras besteht darauf, dass auch für die Zeit nach Abschluss des dritten Kreditprogramms - nach dem August 2018 - eine Kreditlinie, sprich eine Art vierter Rettungskredit für den Fall des Falles bereitstehen muss.

Die Kredittranche des Januars wurde bis heute nicht ausgezahlt. Obwohl am Montag bereits die vierte Inspektion begonnen hat, weigern sich die Kreditgeber immer noch, die Gelder frei zu geben. Vorher muss eine aus Berlin diktierte Bedingung erfüllt werden. Griechenland wurde in der vergangenen Woche ein Ultimatum von zwei Wochen gestellt, die Bedingungen endlich zu erfüllen.

Für den Abschluss der dritten Inspektion waren 110 Maßnahmen in einem entsprechenden Katalog aufgeführt. 108 hatte Athen bis zum Treffen der Eurogruppe zur vollen Zufriedenheit der Kreditgeber geregelt. Eine weitere Maßnahme, die Genehmigung einer Kasino-Trabantenstadt auf dem Gelände des ehemaligen internationalen Flughafens Ellinikon, wurde Mitte Februar erteilt.

Das Gelände von Ellinikon, in perfekter Strandlage im Athener Süden, wurde für einen Spottpreis privatisiert. Es ist hinsichtlich der Ausdehnung und Lage mit dem Fürstentum Monaco vergleichbar. Die Investoren planen nun, hier Kasinos und Wolkenkratzer zu errichten. Beides war bislang im Großraum Athens verboten.

Die Kasinos sollten wegen der Gefahr der Spielsucht weitab von großen Städten sein und Wolkenkratzer waren im regelmäßig von Erdbeben heimgesuchten Griechenland ein Tabu. Zusätzlich dazu bestanden Einwände der Umweltschutz-, Denkmalschutz- und Waldschutzbehörden. Sämtliche Einwände wurden beiseitegeschoben. Die fragwürdige Investition wurde genehmigt.

Produziert Obdachlose!

Der letzte Punkt aus dem Forderungskatalog der Troika betrifft die Versteigerung von gepfändeten Wohnungen. In Griechenland war es bis zur Krise überwiegend unüblich, eine Wohnung zu mieten. Dies war eine Folge des Wirtschaftsmodells des Landes. Die Banken vergaben Kredite an Privatpersonen in der Regel nur für den Wohnungskauf.

Die weiche Währung, die Drachme, eignete sich kaum als Investitionsoption für Sparbücher. In der Folge bildete sich bei der Euro-Einführung eine Immobilienblase, welche von den Banken mit kaum hinsichtlich ihrer Rückzahlbarkeit geprüften Immobilienkrediten befeuert wurde. Die Politik machte gute Miene zum bösen Spiel, steigerten die überteuerten Immobilienpreise doch die Statistik des Bruttoinlandsprodukts.

Mit Griechenlands faktischem Staatsbankrott im Mai 2010 platzte die Immobilienblase. Durch die verordnete inländische Abwertung für das Mitglied der Euro-Zone wurden Löhne, Gehälter und Renten gekürzt. Zahlreiche neue Steuern minderten einen weiteren großen Teil des zur Verfügung stehenden Einkommens. Schließlich wurden neue Immobiliensteuern eingeführt, die so hoch sind, dass die Investoren von Privatisierungen sich die Immobiliensteuerbefreiung in den Kaufvertrag festschreiben lassen.

Bei der Privatisierung des Hafens von Thessaloniki, bei dem neben dem russisch-griechischen Oligarchen Ivan Savvidis auch deutsche Firmen im Investorenkonsortium vertreten sind, wurden neben der ENFIA Steuer, den weiteren geltenden Immobilienabgaben, auch künftige, noch nicht erfundene Abgaben ausdrücklich ausgeschlossen.

Nicht wenige Griechen lehnen wegen der verfallenen Werte und der hohen Steuern auf Immobilien komplette Erbschaften ab. In diesem Zusammenhang hatten bereits die ersten Krisenregierungen als Gegenmittel zum weiteren Preisverfall der Immobilien, aber auch als sozial notwendige Maßnahme, ein Moratorium für die Versteigerung von Wohneigentum erlassen.

Dies betraf von Anfang an nicht alle möglicherweise im Besitz des Schuldners befindliche Immobilien, sondern lediglich die von ihm als Hauptwohnung bewohnte. Die betroffenen Banken erhielten im Gegenzug auf Kosten der Steuerzahler mehrere Kapitalspritzen und setzten dabei die "faulen" Immobilienkredite bei jeder der Rekapitalisierungen auf die Rechnung.

Die dritte Inspektion des Kreditprogramms gilt jedoch nur als abgeschlossen, wenn die Regierung in Athen in großem Maß Versteigerungen und Zwangsräumungen liefert. Dabei sorgte Tsipras Koalitionspartner Panos Kammenos für seine eigene Klientel, die uniformierten Staatsbeamten, vor.

Hier wird ein staatlicher Fonds die Kredite, die ansonsten mit erheblichem Abschlag an Hedge-Fonds verkauft werden, aufkaufen. Der aus dem Preisabschlag generierte Gewinn wird dann an die überschuldeten Uniformierten weitergeleitet, so dass diese real einen erheblich geringeren Betrag abzahlen müssen.

Wirtschaftsminister Dimitris Papadimitriou begründete ein Verbot, diese Regel für alle Bürger gelten zu lassen damit, dass ansonsten "strategische Zechpreller" profitieren könnten.

Ausgerechnet Papadimitriou! Denn dessen Gattin musste am Montag von ihrem Ministeramt zurücktreten.