Syrien: USA planen weiterhin den Aufbau von kurdischen SDF-Truppen

65.000 Kämpfer sollen ausgebildet und ausgerüstet werden, aber Tausende der kurdischen SDF-Kämpfer seien bereits nach Afrin gegangen, was nach dem Pentagon den weiteren Kampf gegen den IS gefährden würde

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Der US-amerikanische Außenminister Tillerson hat Ende Januar klar gemacht, dass US-Militär längere Zeit in Syrien bleiben wird, angeblich um die Wiederkehr des IS zu verhindern, aber auch sicherzustellen, dass der Iran sich nicht weiter festsetzen kann. Am selben Tag hatte Ryan Dillon, der Sprecher der Anti-ISIS-Operation (OIR) erklärt, das US-Militär werde in Syrien weiter lokale Sicherheitskräfte ausbilden. Aber er hatte sich und Washington schon in die Nesseln gesetzt, weil er zuvor von einer SDF-Truppe von 30.000 Mann gesprochen hatte, die von den USA ausgerüstet werden und die Grenze sichern sollen.

Das war offensichtlich der Anlass für die türkische Regierung, die vermutlich schon länger vorbereitete Invasion von Afrin zu starten und auf Konfrontationskurs zu den Amerikanern zu gehen. So folgten Drohungen, auch Manbij anzugreifen, auch wenn dort US-Soldaten stationiert sind. Hohe US-Militärs entgegneten, die US-Truppen würden die SDF verteidigen. Auch Verteidigungsminister Mattis sagte dies am 11. Februar - und auch angesichts des Angriffs auf Pro-Damaskus-Kämpfer, bei dem vermutlich viele russische Wagner-Söldner getötet wurden, verwies er auf das Recht der Selbstverteidigung.

Allerdings eiert die US-Politik herum, mal heißt es, man werde aus Syrien abziehen, wenn der IS endgültig besiegt ist, dann wieder geht es um langfristige Präsenz, um nicht aus Syrien gedrängt zu werden und Russland sowie dem Iran das Feld zu überlassen. Sorge besteht überdies vor einer schiitischen Achse von Iran über Irak und Syrien bis zum Libanon. Die irakische Regierung hat schon seit Jahren den Luftraum für iranische Flugzeuge geöffnet. Jetzt werden Stimmen laut, nachdem es zu einer Konfrontation zwischen Israel und Iran gekommen ist, Druck auf den Irak auszuüben, um die Flugverbindung zwischen Iran und Damaskus zu schließen. Auch mit der Türkei versucht man, einen Kompromiss zu finden. Afrin zu opfern, war ein Angebot zur Versöhnung, aber die Türkei beharrt darauf, zumindest westlich des Euphrat die SDF zurückzudrängen, also Manbidsch zu okkupieren.

Kürzlich erklärte Mary K. Waters vom US-Außenministerium (assistant secretary of State for legislative affairs) auf einen Brief des Senators Tim Kaine, die USA hätten das "Recht auf den Einsatz von Gewalt im Irak (und anderen Ländern) und zur nationalen Selbstverteidigung". Das schließe den Einsatz von Gewalt "zur Verteidigung der USA, der Koalition und der von den USA unterstützten Partnerstreitkräfte von allen Bedrohungen der syrischen Regierung und von pro-syrischen Regierungstruppen" ein.

Man werde aber schiitische Milizen oder die syrische oder iranische Regierung nicht bekämpfen, da diese nicht mit al-Qaida oder dem Islamischen Staat verbunden sind. Kaine fragte nach der Legitimation der US-Truppen in Syrien und nach dem Ziel des Einsatzes. Aus dem Pentagon wird erklärt, die 2001 und 2002 vom Kongress bewilligten Kriegseinsätze (Authorization for Use of Military Force - AUMF) gegen al-Qaida und Saddam Hussein, würden auch die Einsätze in Syrien rechtfertigen.

Schon länger war klar, dass sich die US-Truppen in Rojava festsetzen wollen. Dazu wurden Landebahnen bereits während der Eroberung von Raqqa, die nicht weniger brutal mit Bombardements wie in Aleppo oder Ost-Ghuta erfolgte, in Teilen des Landes ausgebaut. Mit der Stärkung der kurdischen Milizen und der eigenen militärischen Präsenz will Washington nicht nur die Rückeroberung von ganz Syrien durch Damaskus verhindern, um bei der Neuordnung von Syrien eine Rolle zu spielen. Den Amerikanern ist auch klar, dass ihr Standbein im Irak nach der Niederschlagung des IS-Kalifats geringer wird und die Truppen womöglich das Land, das mit der schiitischen Mehrheitsbevölkerung dem Iran nahesteht, verlassen müssen. Bislang konnten sie sich auch noch auf die irakischen Kurden stützen, die aber durch ihr Unabhängigkeitsvotum, die internen Konflikte und das Vorrücken der irakischen Regierungstruppen an Einfluss verloren haben.

Washington hatte bereits die Nato-Mitgliedsländer aufgefordert, eine größere Nato-Mission - dann wohl als Stellvertreter von den USA - vorzubereiten (USA drängen auf dauerhafte Nato-Mission im Irak). Von der Leyen scheint dies folgsam bereits vorzubereiten (Bundeswehr im Irak: "Es wird ein anderes Mandat sein").