Grüne fliegen aus Kärntner Landtag

Eva Glawischnig. Foto: Manfred Werner - Tsui. Lizenz: CC BY-SA 3.0

Absturz von 12,1 auf 2,97 Prozent - SPÖ, FPÖ und ÖVP legen zu

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Bei der gestrigen Landtagswahl im österreichischen Kärnten könnte der sozialdemokratische Landeshauptmann Peter Kaiser seiner SPÖ erneut die Position als stärkste Partei sichern. Die Partei kommt (ohne die Briefwahlstimmen, die erst morgen ausgezählt werden) mit einem Zugewinn von 10,55 Punkten und 47,68 Prozent Stimmenanteil auf 17 der insgesamt 36 Sitze im Klagenfurter Landtag.

Die beiden anderen großen Parteien legten in geringerem Umfang zu: Die FPÖ, die in Kärnten mit Gernot Darmann als Spitzenkandidaten antrat, um 6,53 Punkte auf 23,38 Prozent, und die ÖVP mit Christian Benger um 0,95 Punkte auf 15,35 Prozent. Verlierer der Wahl sind der Stronachpartei-Nachfolger Team Kärnten (der fast die Hälfte seiner Stimmen verlor und bei 5,8 Prozent landete), Jörg Haiders FPÖ-Abspaltung BZÖ (das mit einem Verlust von über sechs Punkten und nur mehr 0,38 Prozent auch in ihrem letzten Rückzugsgebiet Geschichte geworden ist) und vor allem die Grünen, die von 12,1 auf 2,97 Prozent abstürzten und nun nicht mehr im Landtag vertreten sind.

Glawischnig-Effekt

Auf Fragen nach Ursachen für den Absturz der Grünen nannten gestern sowohl Vertreter der Partei als auch Beobachter den kurz vor der Wahl bekannt gewordenen Wechsel der aus Kärnten stammenden ehemaligen Grünen-Bundesvorsitzenden Eva Glawischnig zum umstrittenen Glücksspielkonzern Novomatic. Ihre Antwort auf die Frage des Standard, ob sie jetzt Lobbyistin sei, hatte in Sozialen Medien sehr viel Aufmerksamkeit erregt, weil die vorher vor allem durch Facebook-Zensuranstrengungen international bekannt gewordene Politikerin gemeint hatte, sie sei keine Lobbyistin, aber "von den Kontakten zur Politik" könne sie "natürlich trotzdem profitieren".

Darauf, dass Glawischnigs Wechsel zum Novomatic aber nicht die einzige Ursache des Absturzes der Kärntner Grünen ist, deutet das Ergebnis der österreichischen Grünen bei der Nationalratswahl im Oktober hin, wo sie mit Kandidaten wie Sigrid Maurer um 8,62 Punkte auf 3,8 Prozent eingebrochen waren. Die Konkurrenz von der Liste Pilz, die damals mit 4,41 Prozent neu in den Nationalrat einzog, gab es in Kärnten nicht: Die dort angetretene Ökopartei Erde scheiterte mit rund zwei Prozent ähnlich klar am Wahlziel eines Einzugs in den Landtag wie die liberalen Neos. Und für die Grünen-Abspaltung Fair, die mit einem Stimmenanteil zwischen 0,2 und 0,3 Prozent auf dem Niveau der KPÖ landete, konnten sich noch deutlich weniger Wähler begeistern.

Gegenwind aus Deutschland

Die Forderungen und Bestrebungen von Grünen im Nachbarland Deutschland, über dessen Politik österreichische Medien ausführlich berichten, dürften für die österreichischen Grünen den Reaktionen in Sozialen Netzwerken nach kaum Rücken-, sondern eher Gegenwind gewesen sein. Auch auf die Dieseldebatte reagiert man in der Alpenrepublik zurückhaltender als in der Berliner: Während in Deutschland 2017 der Absatz von Dieselfahrzeugen um 14 Prozent sank, stieg er in Österreich leicht.

Kommen die Sozialdemokraten in Kärnten bei der Auszählung der Briefwahlstimmen nicht doch noch auf eine absolute Mehrheit (was als unwahrscheinlich gilt), ist offen, von wem Kaiser sich nach der Abschaffung des bislang geltenden Proporzsystems eine Regierungsmehrheit holt. Vor der Wahl hatte er versprochen, nur dann mit der ÖVP zu koalieren, wenn diese ihre Pläne zur Schließung mehrerer Krankenhäuser ad acta legt, mit denen sie 140 Millionen Euro einsparen will. Alternativen zu den Christdemokraten wären die Freiheitlichen, mit denen die SPÖ im Burgenland recht reibungslos zusammenarbeitet, und die Stronachisten. Theoretisch möglich, aber unwahrscheinlich, ist, dass sich die FPÖ mit voraussichtlich neun Sitzen, die ÖVP mit voraussichtlich sieben und das Team Kärnten mit voraussichtlich drei zu einer Koalition gegen die SPÖ zusammenschließen.

Neue Koalition in Tirol weiter offen

In Tirol, wo am vorletzten Sonntag gewählt wurde, konnte die dort regierende ÖVP von Landeshauptmann Günther Platter ihre Position als stärkste Partei mit einem 4,91-Punkte-Zugewinn auf jetzt 44,26 Prozent und 17 Sitze (+1) im Innsbrucker Landtag ausbauen. Mit wem er nun koalieren will, hat Plattner nach eigenen Angaben noch nicht entschieden. Der bisherige Koalitionspartner der ÖVP, die Tiroler Grünen, büßte trotz der Nichtteilnahme der Konkurrenz von der abgespaltenen Liste Pilz 1,92 Punkte auf 10,67 Prozent ein. Mit jetzt nur mehr vier Landtagssitzen in Innsbruck (-1) verloren sie auch ihren Bundesratssitz und damit nach ihrem Abschied aus dem Nationalrat im Oktober endgültig ihren Fraktionsstatus im Parlament in Wien.

Der Wahlgewinner von 2013, die damals aus dem Stand auf 9,3 Prozent gekommene ÖVP-Abspaltung Vorwärts Tirol!, hatte sich bereits 2015 selbst zerlegt (vgl. Sozialdemokraten sacken in Tirol auf unter 14 Prozent). Die Liste des ÖVP-Aussteigers Liste Fritz Dinkhauser hielt dagegen mit 0,15 Punkten weniger in etwa ihr Ergebnis von 2013. Zulegen konnten die anderen Parteien: Die SPÖ um 3,53 Punkte auf 17,25 Prozent und sechs Sitze (+1), die FPÖ um 6,19 Punkte auf 15,53 Prozent und fünf Sitze (+1), und die liberalen Neos, die mit 5,21 Prozent und zwei Abgeordneten neu in das Alte Landhaus in Innsbruck einzogen.