AfD und "Pegida" bilden nationalistische Einheitsfront

Partei und fremdenfeindliches Bündnis wollen künftig zusammenarbeiten

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Eigentlich war es eines der am wenigsten gehüteten Geheimnisse, nun aber zeigt die "Alternative für Deutschland" (AfD) endlich auch öffentlich den Mut zur Wahrheit: Sie will sich öffnen für eine nunmehr auch offen zelebrierte Kooperation mit den "Patriotischen Europäern gegen die Islamisierung des Abendlandes" (Pegida).

Der äußerst rechte Parteiflügel zeigt damit, wie er letzte Reste des moderaten, sich weiter bürgerlich geben wollenden Spektrums vor sich hertreiben und dominieren kann. Und obschon in der AfD noch erklärt wurde, dass der "Pegida"-Kopf und vorbestrafte Lutz Bachmann sich aus der ersten Reihe zurückziehen solle, bevor man kooperieren könne, ist es jener Bachmann, der nun freudig in einer Videobotschaft ankündigt, dass "unser Freund Björn" Höcke bald in Dresden auftreten werde.

Einst sah es anders aus, früher, als noch Bernd Lucke und zuletzt Frauke Petry in der AfD mitbestimmten, bevor man den einen quasi vom Hof jagte und die andere noch halbwegs freiwillig den Rückzug antrat. Selbst nach einem Abgrenzungsbeschluss 2016 turtelten die Partei und die Straßenbewegung immer wieder miteinander, was unter anderem Mitte 2017 zu kruden Szenen führte (AfD und "Pegida" turteln wieder miteinander). Damals stand man sich besonders in Sachsen schon sehr nahe, verschämt wurden jedoch zeitgleich zwei Aktionen abgehalten - mit Wechselbühne, auf denen mal AfD-Redner und mal "Pegida"-Redner zum nahezu gleichen Publikum sprachen.

"Pegida" änderte sich nicht, doch in der AfD wurde der äußerst rechte Flügel immer mächtiger, zuletzt ließ dieser auf dem Parteitag in Hannover die Muskeln spielen (Den Rechtsruck in der AfD hat es nicht gegeben). AfD-Vertreter nahmen quasi heimlich an "Pegida"-Aktionen teil, "Pegida"-Sympathisanten bildeten Teile der Menschen auf AfD-Demonstrationen. Es gab ferner zuweilen eine Nähe zwischen einzelnen AfD-Vertretern, "Pegida" oder den "Hooligans gegen Salafisten" (HoGeSa) sowie Neonazis.

Eines der wenigen offen radikal zelebrierten Beispiele gab es im September 2017. Damals trat etwa im niederländischen Enschede Lutz Urbanczyk von der Berliner AfD bei einem "Pegida"-Aufmarsch auf, die Bühne teilte er sich gemeinsam mit radikalen "Pegida"-Rednern, einem Neonazi und der rechtsextremen Hooligan-Band "Kategorie C" aus Bremen, die den HoGeSa-Soundtrack geschrieben hat.

AfD mit rechtsextremen Hooligans, Neonazis der Parteien "Die Rechte" und "Der III. Weg" und Vertretern der "Identitären Bewegung" und der NPD

Das Geschehen bei der Demonstration am Samstag in Kandel mochte auf dem ersten Blick weniger radikal erscheinen, dürfte im Endeffekt aber deutlich machen, was sich der äußerst rechte Rand der AfD schon traut.

Angemeldet von einer süddeutschen AfD-Politikerin marschierten dort rechtsoffene bis rechtsextreme Hooligans, Neonazis der Parteien "Die Rechte" und "Der III. Weg" sowie Vertreter der "Identitären Bewegung" (IB) und der NPD respektive deren Parteijugend JN mit der AfD durch die Straßen. Hinzu kamen Menschen aus der Region, die man "besorgte Bürger" nennen könnte, Verschwörungsgläubige und Vertreter verschiedener "Pegida"-Bündnisse aus westdeutschen Städten und Regionen.

Ein AfD-Landtagsabgeordneter aus Rheinland-Pfalz sah kein Problem, wie die Tagesthemen berichteten, eine frühere Mitstreiterin ähnlicher Proteste in der Kleinstadt sah indes eine große Gefahr wegen der Militanz solcher Teilnehmer.

Geworben hatten für den Aufmarsch in Kandel hochrangige AfD-Politiker oder deren Mitarbeiter. Am Ende war es ein radikaler Schulterschluss am rechten Rand, Teilnehmer reisten aus verschiedenen Teilen Deutschlands an. Vor Ort ebenso war die Landessprecherin der AfD in Schleswig-Holstein, Doris von Sayn-Wittgenstein, die im Dezember bald den Bundesparteitag gekippt hätte und AfD-Bundeschefin geworden wäre (Gauland ersetzt Petry in der AfD).

Bei einem ähnlichen Aufmarsch am Sonntag in Bottrop bot sich das entgegengesetzte Bild. Im westlichen Ruhrgebiet prägten Vertreter der radikalen bis extremistischen rechten Szenen das Bild und AfD-Vertreter nahmen "nur" teil.

AfD-Mitglieder dürfen bei Kundgebungen des "Pegida"-Bündnisses auftreten

Seit einigen Tagen machte sich der AfD-Landesvorsitzende von Sachsen-Anhalt, André Poggenburg, öffentlich dafür stark, künftig für jeden klar erkennbar mit "Pegida" zu kooperieren. Es bestehe eine Abgrenzung seiner Partei zu dem Bündnis nur auf dem Papier, hieß es weiter durch "Pogge", der erst kürzlich durch eine fremdenfeindliche Rede am politischen Aschermittwoch aufgefallen war.

Nun stellte am Wochenende der Parteikonvent der AfD laut Parteikreisen fest, dass AfD-Mitglieder künftig bei Kundgebungen des "Pegida"-Bündnisses auftreten dürfen.

Die AfD-Vorsitzenden Alexander Gauland und Jörg Meuthen hatten sich zuletzt zwar offen für solche Pläne gezeigt, allerdings nur dann, falls sich Bachmann aus der "Pegida"-Führung zurückziehen sollte. Dafür gibt es bislang allerdings gar keine Anzeichen.

Vielmehr nutzte Bachmann eine Videobotschaft, um zu zeigen, dass ohne ihn nichts geht, sollte die AfD mit "Pegida" zusammenarbeiten wollen. Bachmann sagt in dem Video, der Weg "für eine ordentliche Zusammenarbeit" sei nun frei, heute Abend soll der erste AfD-Redner schon offiziell in Dresden auftreten. Vertreter der AfD-Landesverbände würden folgen und "natürlich wird auch unser Freund Björn [Höcke] endlich dann in Dresden sprechen, in wenigen Wochen".

Merke: Die AfD beschließt die Kooperation mit "Pegida" und Bachmann macht unisono öffentlich, wie diese ausschauen sollte - deutlicher können "Pegida" und der vorbestrafte Bachmann Gauland und Meuthen nicht düpieren. Und genau auf diese Weise zeigt Bachmann auf, wohin die Reise mit und nicht ohne ihn hingehen wird.

"Pogge" jubelte derweil via Facebook-Posting: "Keine künstliche Distanzierung mehr!" Man kooperiere indes nur mit der echten "Pegida", aber nicht mit "vermeintliche[n] Ableger[n], die den Begriff ‚-gida‘ nutzen, aber nicht zu Pegida gehören". In Kandel ist am Samstag klar geworden, dass auch eine solche Aussage nur eine künstliche Distanzierung ist.