Mit der 5-Sterne-Bewegung in einer Regierung könnte sich die Verteidigungspolitik radikal ändern

F-35 JSF. Bild: Leonardo

M5S will aus dem F-35-Programm aus- und auf Cyberabwehr umsteigen, da die neue deutsche Regierung an der Nuklearen Teilhabe festhält, wird Deutschland die Tornado-Oldtimer vermutlich durch die US-Tarnkappen-Kampfflugzeuge ersetzen

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Italien ist einer von 9 Staaten, die an der Entwicklung des Lockheed Martin F-35 Tarnkappen-Mehrzweckkampfflugzeug des US-Rüstungskonzerns beteiligt sind. Zunächst plante Italien die Beschaffung von 131 Flugzeugen, 69 F-35A und 62 der senkrecht startenden und landenden F-35B, um die Tornados und AMX abzulösen. Wegen der Schuldenkrise wurde die Zahl auf 90 reduziert. In Italien werden F-35-Flugzeuge in dem FACO-Werk (Final Assembly and Check Out) in Cameri, Piemont, das dem Verteidigungsministerium gehört, vom Lockheed Martin und dem italienischen Konzern Leonardo (ehemals Finmeccanica) montiert.

Auf dem Militärflugplatz Cameri startete 2015 die erste in Italien montierte F-35A, 2017 die erste F-35B, im Januar 2018 die erste F-35B STOVL (Short Take-Off/Vertical Landing). 2016 wurden die ersten F-35A an die italienische Luftwaffe übergeben. Cameri ist die einzige Produktionsanlage für die Herstellung von F-35-Kampfflugzeugen außerhalb der USA. Dort sollen die neunzig Maschinen für die italienische Luftwaffe und 29 für die niederländische montiert werden. Insgesamt sind hier bereits 10 F-35s fertiggestellt und ausgeliefert worden. Überdies gebe es die Kapazität, auch F-35 Maschinen für andere Länder herzustellen.

Allerdings herrscht nun in den USA Unsicherheit, ob eine neue Regierung, sofern die "5 Sterne-Bewegung" (Movimento 5 Stelle - M5S), die als stärkste Partei aus den Wahlen hervorgegangen ist, in eine Regierungskoalition eintreten sollte, das F-35-Geschäft fortsetzt. Im Gespräch ist, ob möglicherweise die abgewählte PD und die M5S zusammengehen könnten. Die M5S will das F-35-Programm nicht fortsetzen. Es sei "unnütz und zu teuer".

Die für Verteidigungspolitik zuständige M5S-Abgeordnete Tatiana Basilio sagte letztes Jahr: "Es wird kein Wenn und Aber über den Ausstieg aus dem F-35-Programm geben." Die Kosten des Programms werden auf 14 Milliarden Euro geschätzt. Die M5S will die Ausrichtung des Verteidigungsministeriums grundlegend ändern: weg von der traditionellen Rüstung wie Raketen und Flugzeuge und hin zu modernen Programmen und Systemen wie dem Ausbau von Cyberwar-Kapazitäten und der Aufklärung. Damit könne sich Italien besser schützen und Sicherheit gewähren.

Bei einer Abstimmung haben sich fast 100 Prozent der teilnehmenden Parteimitglieder für eine Verlagerung der Rüstungsausgaben von Waffen auf Cybersicherheit ausgesprochen. Beppo Grillo hatte M5S zusammen mit dem Internetunternehmer 2016 verstorbenen Gianroberto Casaleggio gegründet. Zwar spielt sein Sohn Davide, der das Unternehmen übernommen hat, keine offizielle Rolle in der Partei, aber er gilt auch als einer der Drahtzieher und soll großen Einfluss haben, was sich auch auf die Ausrichtung der Verteidigung auf den Cyberspace auswirken könnte.

Basilio machte auch klar, dass es um Grundsätzliches geht. Es gehe nicht nur um die Kosten, sondern auch darum, "dass wir uns in die Hände der USA geben. Die ganze Software gehört Lockheed Martin und wir werden niemals etwas zu sagen haben, während alle unsere Piloten und die Techniker in den USA ausgebildet werden müssen. Wenn wir an der Regierung wären", so die Politikerin letztes Jahr, "dann hätten wir das Programm bereits beendet." Basilio meinte, Italien hätte sich für den Eurofighter anstatt für die F-35 entscheiden sollen.

Deutschland wird vermutlich wegen der Atombomben auch F-35-Maschinen kaufen

Sowohl für Italien als auch für Deutschland stellt sich ein Problem, wenn die sogenannte Nukleare Teilhabe weiter bestehen soll, in Deutschland hat man zumindest nichts aus der Großen Koalition gehört, dass sie beendet werden soll, auch die US-Atombomben B-61, bis 2021 sollen diese "modernisiert" sein, werden in Deutschland im Fliegerhorst Büchel bleiben. Nukleare Teilhabe bedeutet, dass die Bundeswehr im Ernstfall auch deutsche Tornados mit Atombomben ausrüstet, also dann an einem Atomkrieg aktiv teilnehmen würde. Die alternden Tornados sollen bis 2025 ausgemustert werden. Die jetzt noch vorhandenen 93 werden mit Teilen von bereits einsatzunfähigen Maschinen am Leben erhalten. Durchschnittlich seien davon 23 im letzten Jahr einsatzfähig gewesen. Beim Eurofighter sieht es ähnlich aus.

Neben Deutschland und Italien nehmen daran auch die Nato-Länder Türkei, Belgien und die Niederlande teil. Bis auf Deutschland haben alle Nato-Staaten mit Nuklearer Teilhabe bereits F-35-Maschinen gekauft oder ziehen dies wie Belgien in Erwägung.

Mit dem Konzept der Nuklearen Teilhabe wird im Prinzip der Atomwaffensperrvertrag ausgehebelt, zudem hat sich Deutschland im Zwei-Plus-Vier-Vertrag verpflichtet, auf Herstellung und Besitz von Atomwaffen zu verzichten. So gibt es nun in Deutschland Atomwaffen, die aber nicht Deutschland gehören, aber eben von der Bundeswehr eingesetzt werden können (Darf Deutschland legal Atomwaffen besitzen oder bauen?). Nach dem UN-Abkommen zum Verbot von Atomwaffen, das von keinem Nato-Staat unterzeichnet wurde, wäre eine Nukleare Teilhabe nicht mehr möglich (https://www.heise.de/tp/features/So-lange-es-Atomwaffen-gibt-wird-die-Nato-ein-nukleares-Buendnis-sein-3842524.html).

Das Problem ist, dass der Eurofighter nicht für das Mitführen von Atombomben ausgestattet ist, wohl aber soll es bis 2020 F-35-Maschinen geben, die Atombomben mit sich führen können, also gerade rechtzeitig zur Ausmusterung der deutschen Tornados. Zwar hat Airbus ein Konzept unter dem Namen Future Combat Air System (FCAS) oder Next Generation Weapon System (NGWS) für ein Nachfolgemodell für Tornado und Eurofighter vorgelegt, fraglich aber ist, ob sich genügend Länder finden werden, um ihn zu entwickeln und zu produzieren. Ob FCAS tauglich für amerikanischen Atombomben wäre, ist auch nicht geklärt.

Eine Modernisierung der Eurofighter wäre möglich, könnte aber sehr teuer kommen und würde wahrscheinlich lange dauern. Überdies seien die Eurofighter den F-35 bei der Überwindung neuer Luftabwehrsysteme unterlegen. Da es bis 2025 nicht möglich sein würde, ein neues europäisches Kampfflugzeug der 5. Generation herzustellen, wird die Bundeswehr erst einmal wohl auch F-35-Maschinen kaufen, um die Nukleare Teilhabe aufrechtzuerhalten. Zuletzt hieß es, man favorisiere eine Modernisierung des Eurofighters. Der Luftwaffenchef Karl Müllner ist allerdings eher für den Erwerb von F-35-Maschinen.