Großbritannien verkauft den Eurofighter an Saudi-Arabien

Eurofighter der Bundeswehr. Bild: Krasimir Grozev/CC By-SA-3.0

Saudi-Arabien wendet sich von Deutschland ab, Großbritannien sucht trotz Jemen-Krieg strategische Partnerschaft

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Saudi-Arabien führt immer noch Krieg im Jemen, aber während in den USA eine überparteiliche Gruppe aus Kongressabgeordneten versucht, die amerikanische Unterstützung für das wahabitische Königreich zu stoppen, hält die britische Regierung nicht nur politisch zu Riad, sondern liefert weiter Rüstungsgüter.

Bei einem Besuch des saudischen Kronprinzen Mohammed bin Salman in London wurde vereinbart, über den Verkauf von 48 Eurofighter Typhoon an Saudi-Arabien zu verhandeln. Das Königreich hat bereits 72 Typhoon-Kampfflugzeuge. Mohammed bin Salman ist als Verteidigungsminister für den Krieg im Jemen verantwortlich.

Deutsche Mitentwicklung

Die Absichtserklärung über den Typhoon-Verkauf wurde fast zeitgleich unterschrieben wie der deutsche Koalitionsvertrag in Berlin. Das ist deshalb pikant, weil sich CDU, CSU und SPD dort darauf verständigt haben, keine Waffen mehr an Länder zu liefern, die im Jemen Krieg führen. Das betrifft natürlich in erster Linie Saudi-Arabien, aber auch seine Verbündeten. Und der Eurofighter ist ein von Deutschland, Italien, Spanien und Großbritannien gemeinsam entwickeltes Flugzeug.

Bis heute hält die deutsche Airbus Defence and Space GmbH 33 Prozent an der Eurofighter Jagdflugzeug GmbH, ebenso viel wie die britische BAE Systems, die den Kampfjet jetzt verkaufen will. Weitere 21 Prozent halten die italienische Leonardo S.p.A. und die spanische Airbus Defence and Space S.A. mit 13 Prozent. Das war politisch seinerzeit so gewollt beziehungsweise in jahrelangen Verhandlungen so festgelegt worden: Erst nach der Einigung am 1. August 1985 konnte der European Fighter Aircraft (EFA) ab 1986 entwickelt werden.

Nachdem infolge der Umbrüche in Osteuropa ab 1989 der damalige Gegner, der Warschauer Pakt, weggefallen war, wurde das Flugzeug vom Luftüberlegenheitsjäger in ein Mehrzweckkampfflugzeug umgewandelt. Auch der Name wurde geändert in Eurofighter 2000 und am Ende in Eurofighter Typhoon.

Berliner Koalitionsverhandlungen

Und dieses Flugzeug soll jetzt abermals an Saudi-Arabien verkauft werden. Dabei ist das, was im gültigen Koalitionsvertrag steht, schon die abgeschwächte Formulierung. Im Sondierungspapier, mit dem die drei Parteien den Weg zu Koalitionsverhandlungen geebnet hatten, hieß es noch über Rüstungsexporte: "Die Bundesregierung wird ab sofort keine Ausfuhren an Länder genehmigen, solange diese am Jemen-Krieg beteiligt sind." Durchgesetzt hatte das der SPD-Außenexperte Rolf Mützenich, wie Arnd Henze vom ARD-Hauptstadtstudio recherchiert hat - gegen einen nur noch davon genervten SPD-Außenminister Sigmar Gabriel und einen SPD-Parteivorsitzenden Martin Schulz, der es fast versemmelt hätte.

Doch im endgültigen Koalitionsvertrag wurde die Formulierung dann leicht abgeschwächt: "Wir werden ab sofort keine Ausfuhren an Länder genehmigen, solange diese unmittelbar am Jemen-Krieg beteiligt sind", hieß es nun Mit dem Wörtchen "unmittelbar" werden Verbündete von Saudi-Arabien ausgenommen. Beteiligt sind nämlich neben Saudi-Arabien auch die Länder Ägypten, Bahrain, Katar, Kuwait, die Vereinigten Arabischen Emirate, Jordanien, Marokko, Sudan und Senegal.

Und die sind teilweise gute Kunden bei deutschen Rüstungsunternehmen. Allein vom 1. Januar bis zum 15. November 2017 gingen laut Bundeswirtschaftsministerium Rüstungsgüter im Wert von mehr als 400 Millionen Euro an Ägypten, im Wert von rund 213 Millionen an die Vereinigten Arabischen Emirate oder an Kuwait (50 Millionen), Jordanien (16,5 Millionen) und Katar (3,7 Millionen). Hinzu kommen noch Dual-Use-Güter, die sowohl zivil wie militärisch nutzbar sind.

Löchrige Exportkontrolle

Der geplante Verkauf des Eurofighters Typhoon an Saudi-Arabien zeigt, wie wenig der Koalitionsvertrag in der Praxis Wert ist. Auf europäischer Ebene greift er nicht. Europäische Gemeinschaftsunternehmen wie der Eurofighter-Hersteller können munter deutsche Exportbestimmungen unterlaufen. Das erinnert an den Fall Rheinmetall: Wie kürzlich die ARD-Reihe "Die Story im Ersten" enthüllte, produziert das deutsche Rüstungsunternehmen auf Sardinien Munition, die von dort an Saudi-Arabien geliefert und im Jemen eingesetzt wird. Die deutschen Behörden fühlen sich nicht zuständig und die italienischen auch nicht, weil Rheinmetall ja eine deutsche Firma ist.

Kein Wunder also, dass deutsche Rüstungsunternehmen mal wieder weltweit zu den führenden ihrer Branche gehören. Laut jüngsten Zahlen des Stockholmer Friedensforschungsinstituts SIPRI ist Deutschland viertgrößter Exporteur hinter den USA, Russland, Frankreich und vor China. Auf die fünf größten Exporteure gehen 74 Prozent der Exporte zwischen 2013 und 2017. Die größten Waffenkäufer wiederum sind Indien und an zweiter Stelle vor Ägypten Saudi-Arabien.